Vorzeitig abgebrochene Auktionen auf ebay sind ein ständiges Ärgernis. Immer wieder kommt es dann zum Streit darüber, ob der Höchsbietende Käufer geworden ist und die Ware beziehungsweise Schadensersatz verlangen kann. Der Bundesgerichtshof musste jetzt diese Frage jetzt für den Fall klären, dass die Kaufsache dem Anbieter vor Ende der Auktion gestohlen wird.
So war der Ausgangsfall:
Der Beklagte stellte am 23. August 2009 eine gebrauchte Digitalkamera nebst Zubehör bei eBay für sieben Tage zur Auktion ein. Am folgenden Tag beendete er das Angebot vorzeitig. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger mit einem Gebot von 70,00 € der Höchstbietende. Er fordert vom Beklagten Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen seinem Gebot und dem von ihm behaupteten Verkehrswert (1.142,96 €) der Kamera nebst Zubehör. Der Beklagte beruft sich darauf, die Kamera sei ihm am Nachmittag des 24. August 2009 gestohlen worden.
Entscheidend für den Fall ist, wie man die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von ebay auslegt. In § 10 Abs. 1 heißt es:
Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.
Ergänzend wird in den ebay-Hinweisen als Grund für eine vorzeitige Angebotsbeendigung auch der Verlust des angebotenen Artikels genannt.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist der Diebstahl der Ware ein “gesetzlicher” Grund, um von der Auktion zurückzutreten. Diese Formulierung verweise nicht lediglich auf die gesetzlichen Bestimmungen, sondern allgemein auf die gültigen “Spielregeln” für ebay-Auktionen, so weit sie für alle Kunden der Plattform erkennbar seien. In den Hinweisen sei der Verlust ausdrücklich genannt. Unter Verlust sei auch der “Diebstahl” zu verstehen.
Das klingt natürlich nach einem großartigen Schlupfloch für alle Anbieter, die mit dem Verlauf einer Auktion nicht zufrieden sind. Allerdings hat der Kläger im entschiedenen Fall nicht bestritten, dass die Kamera tatsächlich gestohlen wurde. Wer dies in anderen Fällen behauptet, wird den Diebstahl möglicherweise beweisen müssen. Wer noch dazu allzu oft mit dieser Erklärung kommt, wird früher oder später auf jeden Fall Probleme bekommen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Juni 2011 – VIII ZR 305/10