Über einen Freispruch freut sich jeder Verteidiger. Aber der juristische Erfolg hat auch Schattenseiten. Er führt in die Klauen von Kostenbeamten, welche die Anwaltsrechnung überprüfen, für die der Staat aufzukommen hat. Unter diesen Staatsdienern gibt es eine stattliche Quote ausgemachter Oberpingel.
So mancher Rechtspfleger blättert etwa mit Vorliebe gemütlich in der Akte und prüft, ob auch jede vom Anwalt angemeldete Kopie erstattungsfähig ist. Da werden dann gern bei Akten mit etlichen hundert Seiten drei, fünf oder acht Kopien moniert. Macht eine theoretische Ersparnis von ein, zwei Euro. Die für dieses glorreiche Ergebnis aufgewendete und vom Steuerzahler bezahlte Arbeitszeit des Beamten dürfte bei einem Faktor 30 aufwärts liegen.
Womit natürlich noch nicht gesagt ist, dass die Kürzung zu recht erfolgt. Sofern man sich als Anwalt nicht geschlagen gibt, bleiben Rechtsmittel, über die am Ende gestandene Richter brüten – und oft dem Anwalt in der Sache auch noch zustimmen. Außer Spesen ist dann rein gar nichts gewesen.
Anderes Beispiel: Der Rechtspfleger teilte mit Hinweis auf den Google Routenplaner mit, die einfache Strecke von meinem Büro zum Gericht betrage nicht 89 Kilometer. Sondern 87. Für die Abweichung gab es sogar eine Erklärung. Zum Gericht gelangt man gleichermaßen gut über zwei Autobahnabfahrten. Der eine Weg durch die City ist allerdings einen Tick länger, wird aber vom Navi meines Autos als die “günstigste Strecke” angesehen. Ich habe auf die 60 Cent verzichtet und nehme seitdem immer gleich die Streckenangaben von Google. Wenigstens ist an dieser Front nun Ruhe. Anderes ertragen die Nerven auf Dauer nicht.
Beliebt war bislang auch der Streit um die Aktenversendungspauschale. Wir Anwälte müssen 12 Euro an die Justiz zahlen, wenn uns die Gerichtsakte zugesandt wird. Es war natürlich klar, dass emsige Kostenbeamte sich verwundert die Augen rieben, wenn nach einem Freispruch nicht glatte 12 Euro, sondern 14,28 Euro geltend gemacht wurden.
Der Mehrbetrag ist die Umsatzsteuer. Wer schon mal in eine Umsatzsteuerfibel hineingesehen hat, für den ist der Aufschlag auch nicht verwunderlich. Da der Anwalt die Aktenversendung selbst beantragt und dementprechend die Pauschale auch selbst zahlen muss, handelt es sich schlichtweg nicht um einen durchlaufenden Posten. Nur dieser wäre umsatzsteuerfrei.
Das hinderte Rechtspfleger aber nicht daran, landauf landab bei jeder dieser Pauschalen ein Fass aufzumachen und “durchlaufender Posten” zu schreien. Offensichtlich war es für manche Beamte schlichtweg unvorstellbar, dass jemand mehr erstattet bekommt, als er selbst eingezahlt hat. Hieran änderten auch etliche anderslautende Urteile übergeordneter Richter nichts, die bis auf wenige Ausreißer das System der Umsatzsteuer verstanden haben.
Nun zur guten Nachricht, wenn man Anwalt ist. Beziehungsweise der schlechten für Kostenbeamte. Der Bundesgerichtshof hat als letzte Instanz nun klipp und klar geurteilt, die Umsatzsteuer ist zu erstatten, weil Aktenversendungskosten für den Anwalt kein durchlaufender Posten sind (Urteil vom 6. April 2011).
Wenigstens ein Diskussionspunkt weniger – wenn sich das Urteil in einigen Monaten rumgesprochen hat.