Ich kann mich noch gut an die Anfragen erinnern. Mit der Immobilienflaute überlegten viele verkaufswillige Immobilienbesitzer, wie sie doch einen vernünftigen Preis für ihr Haus oder ihre Wohnung erzielen können. “Verlosung” lautete das Zauberwort. Hierfür tingelten die Betreffenden durch deutsche Anwaltsbüros. Sie brauchten juristische Gutachten, die ihnen die absolute Ungefährlichkeit ihres Planes bestätigten. Denn Lotterien und “Ausspielungen” sind – abgesehen von der Tombola auf dem Pfarrfest und der Losbude auf dem Rummelplatz – ohne behördliche Genehmigung in Deutschland verboten.
Einen Gutachtenauftrag habe ich nicht erhalten. Das lag aber daran, dass ich keine Gutachten schreibe, wenn der Auftraggeber nur bei einem für ihn rundum positiven Ergebnis zahlt. Nun ist ein Fall der Hausverlosung bis vor den Bundesgerichtshof gelangt. Überraschenderweise nehmen die obersten Richter den bequemen Weg und geben keine Antwort, ob eine Immobilientombola nun wirklich strafbar ist.
Stattdessen bestätigt der Bundesgerichtshof das Urteil gegen den Hauseigentümer schon deswegen, weil dieser 18.294 mal betrogen habe. An so viele Teilnehmer verkaufte er Lose á 19 Euro und nahm über 400.000 Euro ein. Einen Betrug bejaht das Gericht schon deshalb, weil der Veranstalter vorgespiegelt hatte, das Spiel sei behördlich abgesegnet. Tatsächlich habe aber ein Verbot im Raum gestanden. Mit der Folge, dass die Spieler zu Unrecht auf eine realistische Chance hofften, das Haus zu kriegen.
Ganz dumm war der Veranstalter nicht vorgegangen. Den Ausschlag sollte nicht nur das Losglück geben. Vielmehr mussten die Teilnehmer auch Quizfragen richtig beantworten, um in die nächste Runde zu gelangen. Der Bundesgerichtshof hält es ausdrücklich für möglich, dass wegen der Quizfragen eben keine Lotterie, sondern ein Geschicklichkeitsspiel vorlag. Das aber wäre erlaubt. “Wer wird Millionär?” lässt grüßen.
Für den Angeklagten bleibt es bei einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung. Gelohnt hat sich die Sache für ihn am Ende möglicherweise sogar doch. Er hat erst knapp 5.000 Euro an Teilnehmer zurückgezahlt, die einen Anwalt eingeschaltet hatten. Den Rest des Geldes soll er ausgegeben haben.
Sein Haus hat er nie verlost.
Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 15. März 2011, Aktenzeichen 1 StR 529/10