Mein Mandant hat sich womöglich im Straßenverkehr nicht ganz korrekt verhalten. Zu Schaden gekommen ist niemand, aber von dem güldenen Getränk und dem weißen Pulver auf einer After-Work-Party, was auch immer es war, dröhnte ihm noch am nächsten Tag der Kopf.
Nachdem ich von der Sache erfahren hatte, klingelte ich den zuständigen Kommissar im Verkehrsdezernat an. Der hatte die Unterlagen schon von den Polizisten erhalten, die meinen Mandanten in einer nordrhein-westfälischen Mittelstadt auf dem Heimweg von der Feier rausgewunken hatten. Den Führerschein konnten sie nicht einbehalten, denn der lag noch zu Hause.
Eigentlich wollte ich den Kommissar fragen, ob und wie wir vielleicht um eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis rumkommen. Danach hätte ich auch den Staatsanwalt angerufen, denn der hat das letzte Wort. Große Erwartungen hatte ich nicht. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
All das war jedoch nicht erforderlich, denn mir kam eine glückliche Fügung zur Hilfe. Unser Gespräch entwickelte sich so:
Soll ich schnell ein Fax schicken? Mein Mandant hat doch Familie…
Machen Sie sich keinen Stress. Hier passiert sowieso nichts.
Nein?
Nö, es ist jetzt 14.25 Uhr. In fünf Minuten bin ich vier Wochen weg. Ihren Fall kann ich erst bearbeiten, wenn ich wieder da bin.
Oh, Urlaub. Da bin ich aber ein wenig neidisch. Aber Sie haben es sich bestimmt verdient.
Da sagen Sie was.
Und jetzt tut sich also nichts?
Nö, wenn ich in einem Monat wieder am Schreibtisch sitze, lese ich mir Ihr Schreiben durch.
Aber Ihr Vertreter, macht der vielleicht was?
So was haben wir nicht. Erst nach neun Wochen. Oder bei Mutterschutz. Ich schließe meinen Schreibtisch zwar ab, aber es geht auch so keiner freiwillig dran.
Ja, gut. Dann kann ich mir ja wirklich Zeit lassen…
Wie gesagt, in vier Wochen. Gleiche Stelle, gleiche Welle.
So recht wollte ich das nicht glauben. Deshalb rief ich nach einigen Tagen noch mal bei der Polizei an und fragte nach der Urlaubsvertretung. Gibt es nicht, hieß es. Ich soll es in dreieinhalb Wochen noch mal probieren, dann sei der Kollege von seiner Fernreise wieder da.
Mein Mandant war natürlich glücklich, dass er trotz seines Ausrutschers erst mal weiter fahren kann. Er braucht den Führerschein nämlich beruflich. Nun will er die Zeit nutzen und sich einen Job im Innendienst suchen.
Dann überlegte er noch, ob er dem urlaubsreifen Beamten einen Amazon-Gutschein mailt. Ich habe ihm aber von Dankesbezeugungen jeder Art abgeraten.
Anmerkungen von RA Carsten Hoenig zum Beitrag