Datentarife: Kunde hat Anspruch auf Beratung

Knapp 1.000 Euro sollte ein Smartphone-Nutzer für Datenverkehr bezahlen. Doch mit dieser Forderung blitzte sein Provider jetzt am Landgericht Münster ab. Grund: Die Telefonfirma hat Beratungs- und Warnpflichten aus dem Mobilfunkvertrag verletzt.

Für sein erstes Smartphone ließ sich der Kunde einen Volumentarif aufschwatzen. Motto: Schauen sie erst mal, wie viele Daten sie verbrauchen, dann lässt sich immer noch ein Datenpaket oder eine Flatrate dazu buchen. Teil des mitgelieferten Smartphones war aber auch eine Navigationssoftware, die schon mal eigenständig Updates lud.

Im Volumentarif kostete eine Datenverbindung mit bescheidenen 31,15 MB bereits 637,94 €. Die monatliche Flatrate schlug dagegen nur mit 25,00 Euro zu Buche. Angesichts des krassen Missverhältnisses sah das Langericht Münster die Verantwortung eindeutig beim Telefonanbieter. Der Berater im Telefonshop habe den Kunden nicht hinreichend über die offensichtlichen Risiken aufgeklärt:

Hätte der Mitarbeiter diesen Hinweis ausgesprochen, hätte der Beklagte einen Tarif mit unbegrenztem Datenvolumen vereinbart, die Funktionen seines Handys besonders vorsichtig kontrolliert oder sogar ganz von dem Vertragsschluss Abstand genommen.

Überdies kommt für das Landgericht Münster eine Warnpflicht in Betracht, wenn der Kunde bereits telefoniert. Bei einem eklatanten Missverhältnis zwischen Tarif und Nutzungsverhalten sei für die Telefonfirma erkennbar, dass sich der Kunde “unbewusst selbst schädigt”. In diesen Fällen spreche viel dafür, dass der Kunde gewarnt werden muss, zum Beispiel mit einer SMS.

Weil sich der Anbieter vertragswidrig verhalten hat, sprach ihm das Landgericht Münster nicht nur die Datengebühren ab. Die Richter verneinten auch einen Anspruch auf die Grundgebühren für den (gesperrten) Anschluss bis zum Ablauf des Vertrages. Diese Kosten betrugen ebenfalls rund 1.000 Euro.

Auch wenn Flatrates auf dem Vormarsch sind, ist die Abzocke vieler Anbieter noch längst nicht zu Ende. Das Urteil wird Betroffenen sicherlich helfen, wenn sie sich gegen überraschend hohe Forderungen wehren.

Nach wie vor spricht auch viel dafür, dass etliche Volumentarife schlicht sittenwidrig sind. Mitunter kostet ein MB das tausendfache wie im Rahmen einer durchschnittlich genutzten Flatrate. Bislang haben alle Mobilfunkanbieter, mit denen wir für unsere Mandanten die Wucherdiskussion führen wollten, den Gang zum Gericht gescheut und die Forderung niedergeschlagen.

 Landgericht Münster, Urteil vom 18. Januar 2011 / (via)

Nicht schmerzbefreit

Entgegen anderslautenden Gerüchten scheinen Sachbearbeiter bei der GEZ nicht völlig schmerzbefreit zu sein. Jedenfalls hat das Amtsgericht Düsseldorf nun festgestellt, dass folgende Formulierung in einem Schreiben an die GEZ beleidigend ist:

Ich ficke Deine Mutter, Du kleiner schwuler Sachbearbeiter.

Der Rundfunkkunde wider Willen muss nun eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zahlen. Ich konnte daran leider auch nichts ändern.

Auch alte Sparbücher beweisen Forderung

Eine Bank kann sich bei “vergessenen” Sparbüchern nicht einfach unwissend stellen. Insbesondere kann sie nicht einwenden, keine Kontounterlagen mehr zu haben. Mit dieser Begründung verurteilte das Oberlandesgericht Frankfurt nun eine Bank, Guthaben und Zinsen für ein Sparkonto auszuzahlen, auf dem es seit über 50 Jahren keine Bewegung mehr gegeben hat.

Im entschiedenen Fall ging es nicht bloß um ein vergessenes Konfirmationsguthaben. Vielmehr wies das Sparbuch als letztes Guthaben 106.000 DM aus. Der Sohn und Erbe eines Verstorbenen fand das Sparbuch im Nachlass und legte es der Bank zur Abrechnung vor. Das Geldhaus bestritt jedoch die Echtheit des Sparbuchs und berief sich darauf, nach so langer Zeit seien keine Unterlagen mehr vorhanden.

Die Richter ließen einen Sachverständigen prüfen, ob das Sparbuch echt ist. Der Experte fand keine Anhaltspunkte für eine Fälschung. Somit sei das Sparbuch eine taugliche Beweisurkunde, befand das Oberlandesgericht Frankfurt. Es sei dann Aufgabe der Bank, diesen Beweis zu erschüttern. Wenn die Bank Unterlagen über offene Guthaben nicht aufbewahre, sei das ihr Problem.

Die Bank muss jetzt die 106.000 DM ordnungsgemäß verzinsen und in Euro auszahlen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.2.2011, Aktenzeichen 19 U 180/10

Führerscheinverzicht löscht Punkte nicht

Wird einem Verkehrssünder die Fahrerlaubnis entzogen, hat das wenigstens einen positiven Effekt. Sein Punktekonto in Flensburg wird auf null gestellt. Hierauf hoffte auch ein Autofahrer, der seinen Führerschein freiwillig abgegeben hatte. Zu Unrecht, urteilte jetzt das Bundesverwaltungsgericht. Nach Auffassung der Richter bleibt das Punktekonto unverändert, wenn der Betroffene auf seine Fahrerlaubnis verzichtet.

Geklagt hatte ein Autofahrer, der dem Entzug seiner Fahrerlaubnis zuvorgekommen war. Er sollte wegen zu vieler Punkte zur MPU, konnte sich den “Idiotentest” aber nach eigenen Angaben nicht leisten. Er verzichtete auf die Fahrerlaubnis, machte aber nach Monaten erneut den Führerschein. Nachdem er wegen neuer Verkehrsverstöße 16 Punkte (Kontostand einschließlich alter Führerschein) erreicht hatte, meldete sich die Führerscheinbehörde bei ihm und verlangte ein Aufbauseminar.

Dies lehnte der Kläger mit der Begründung ab, sämtliche Punkte, die er noch auf der alten Fahrerlaubnis gesammelt hatte, müssten gelöscht werden. Dies sei für den Entzug der Fahrerlaubnis vorgesehen. Für den freiwilligen Verzicht könne nichts anderes gelten.

Entgegen den Vorinstanzen verneint das Bundesverwaltungsgericht die automatische Löschung. Die Richter beziehen sich auf die Gesetzesbegründung. Danach ist die Frage diskutiert worden, aber für den Fall des Verzichts ausdrücklich von einer Punktelöschung abgesehen worden. Somit könne die Regelung für den Entzug der Fahrerlaubnis nicht entsprechend angewendet werden.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 3. März 2011, Aktenzeichen 3 C 1.10

Pakete: Nachbarn sind keine Ersatzempfänger

Paketboten sind findig, wenn der Empfänger nicht anzutreffen ist. Sie geben die Sendung dann gern auch mal bei Nachbarn ab. Ein Postdienstleister erlaubte sich diese unkonventionelle Zustellungsmethode sogar selbst, indem er per Kleingedrucktem den Nachbarn zum tauglichen “Ersatzempfänger” bestimmte. Das Oberlandesgericht Köln hat die Klausel nun für unwirksam erklärt.

Damit stellen sich die Richter ausdrücklich gegen die Vorinstanz. Das Landgericht Köln hatte es noch für sozialüblich gehalten, dass Nachbarn füreinander Pakete annehmen und es dem Empfänger auch zugemutet werden kann, bei Nachbarn zu klingeln.

Ob das alles noch mit den heutigen Gepflogenheiten und dem Datenschutz vereinbar ist, brauchte das Oberlandesgericht Köln gar nicht zu entscheiden. Die Richter beanstanden nämlich, dass der Empfänger nach dem Wortlaut der Klausel noch nicht einmal darüber informiert werden muss, dass seine Sendung bei einem Nachbarn abgegeben wurde.

Dass sich der Paketdienst noch nicht einmal zu einer Nachricht verpflichte, benachteilige den Empfänger über Gebühr. Schon aus diesem Grund sei die Klausel komplett unwirksam.

Gut möglich also, dass sich die Gerichte demnächst wieder damit beschäftigen müssen, wie bequem es sich Paketdienste machen müssen. Dann nämlich, wenn der betreffende Paketdienst in seine Klausel reingeschrieben hat, dass der Zusteller einen Zettel in den Briefkasten des Empfängers zu werfen hat.

OLG Köln, Urteil vom 2. März 2011, Aktenzeichen 6 U 165/10

Abschreiben ist auch ein Fall für den Staatsanwalt

Wenn zwei das gleiche tun, ist es noch immer nicht dasselbe, weiß der Volksmund. Wenn der Volksmund recht hat, geziemt dem Knecht offenbar noch lange nicht, was dem Herrn gefällt. Und in diesem Vergleich wäre (der erst gestern einsichtige) Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg der Herr gewesen – Andreas K., ehemaliger Spitzenpolitiker der CDU in Lippe der Knecht.

K. war, ebenso wie der Bundesminister, ein Student der Rechtswissenschaften. Er reichte vor sieben Jahren der Universität Göttingen eine Doktorarbeit ein, begann nahezu gleichzeitig seine politische Karriere im benachbarten Nordrhein-Westfalen und wurde im Sommer vor drei Jahren zum Vorsteher des Landesverbandes Lippe gewählt.

Dann stolperte Aufsteiger K. über seine Dissertation. Ein Rechtsanwalt hatte ihn bei der Staatsanwaltschaft Göttingen angezeigt. Die Strafverfolger reagierten rigoros. Gleich 11 Passagen „aus verschiedenen Werken“ habe K. „bewusst und gewollt als eigene geistige Leistung“ in seiner vermeitnlich wissenschaftlichen Arbeit ausgegeben.

„Bei diesem Umfang“, sagte gestern der Göttinger Staatsanwalt Andreas Buick, habe man „sofort öffentliches Interesse“ bei den Ermittlungen unterstellt und auf ansonsten notwendige Strafanträge der düpierten Urheber verzichtet.

Das Ergebnis waren ein Strafbefehl sowie eine weitere Geldbuße, die K. akzeptierte. Dem „voll Geständigen“ hatten die Strafverfolger in Ostwestfalen nämlich noch geistigen Diebstahl aus anderen „literarischen Werken“ nachweisen können, wie es der Leitende Oberstaatsanwalt Günter Braun gestern formulierte.

Der Doktortitel wurde K. – wie ja auch Karl-Theodor zu Guttenberg – aberkannt. Allerdings hatte das für K. auch direkte berufliche Folgen. Dabei ging die Initiative vom Arbeitgeber aus. Vor knapp einem Jahr wurde er als Vorsteher der lippischen Landesverbandsversammlung einstimmig abgewählt.

Kurz danach berichtete eine knappe Pressemitteilung: „K. hat gegenüber dem Ministerium und dem Landesverband Lippe schriftlich erklärt, dass er darauf verzichtet, Rechtsmittel gegen die Abberufungsverfügung einzulegen. Damit ist der Weg für das Ausschreibungsverfahren für eine/n neue/n Landesverbandsvorsteher/in frei“. (pbd)

Gericht erlaubt Frauenkleidung im Männerknast

Eine Justizvollzugsanstalt darf einem männlichen Gefangenen das Tragen von Damenbekleidung nicht ohne weiteres verbieten. Allgemeine Zweckmäßigkeitserwägungen oder die bloße Sorge vor Übergriffen anderer Gefangener rechtfertigen solche Maßnahmen nicht. Dies hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle entschieden.

Ein Gefangener in einer niedersächsischen Justizvollzugsanstalt hatte bei der Anstaltsleitung die Erlaubnis dafür beantragt, Damenober- und -unterbekleidung erwerben und diese nach Einschluss tragen zu dürfen. Er begründete dies damit, seit längerer Zeit transsexuell zu sein und eine so genannte Alltagserprobung als Frau durchführen zu wollen.

Die Anstaltsleitung lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die erstrebte Alltagserprobung könne innerhalb einer Haftanstalt nicht sozialverträglich vorgenommen werden. Außerdem sei der Schutz des Gefangenen vor möglichen Übergriffen anderer Gefangener wichtiger einzuschätzen als seine sexuelle Orientierungslosigkeit. Selbst das Tragen der Damenbekleidung erst nach Einschluss berge die Gefahr, dass die Sachen von anderen Mitgefangenen entdeckt würden.

Nachdem die Vorinstanz noch anders entschieden hatte, gab das Oberlandesgericht Celle dem Gefangenen recht. Die Alltagserprobung in der Haftanstalt könne schon deshalb nicht sozialunverträglich sein, weil der Gefangen die Damenbekleidung nach Einschluss in seiner Zelle und damit ohne Kontakt zu anderen tragen wolle.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das spezielle geschlechtliche Diskriminierungsverbot berechtigen nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich auch einen Mann zum Tragen von Damenbekleidung. Ein Verbot könne daher nicht aus allgemeinen Zweckmäßigkeitserwägungen ergehen, sondern müsse vielmehr zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung innerhalb der Anstalt erforderlich sein.

Die Möglichkeit, dass der Gefangene im Falle des Entdeckens entsprechender Kleidungsstücke sexuellen und gewalttätigen Angriffen anderer Gefangener ausgesetzt sein könnte, könne zwar grundsätzlich zu einem Verbot führen. Jedoch müsse die Anstaltsleitung vorrangig gegen jene vorgehen, die den Gefangen bedrohen. Es sei der falsche Weg, gegen einen Bedrohten vorzugehen, der nur die ihm zustehenden Rechte ausübt. Erst, wenn die Möglichkeiten der Einwirkung auf die Mitgefangenen ausgeschöpft seien, dürfe das Tragen der Damenbekleidung im Einzelfall abgelehnt werden.

OLG Celle, Beschluss vom 9. Februar 2011, Aktenzeichen 1 Ws 29/11 (StrVollz)

Die Natur der Badeente

Nach dem Schoko-Osterhasen hat es nun auch die Badeente geschafft: Sie ist zum gerichtlichen Streitobjekt geworden. Vor dem Oberlandesgericht Koblenz fochten zwei Versandhändler um die Frage, ob Badeenten “Hygieneartikel” sind und der Käufer deswegen nur ein eingeschränktes Rückgaberecht hat.

Gegenstand des Rechtsstreit war nicht die gemeine Badeente in gelb. Vielmehr ging es um Badeenten in den Vereinsfarben von Bundesligavereinen. Und um solche mit Vibratorfunktion.

Das Oberlandesgericht Koblenz befand, Verbraucher verbänden mit dem Begriff “Hygiene” vorrangig Körperreinlichkeit, Gesundheitspflege und Gesundheitsfürsorge.

Die umstrittenen Badeenten vermochten die Richter eher nicht unter diese Begriffe einzuordnen. Sie stellten fest: Badeenten in den Vereinsfarben der Bundesligavereine sind nicht als Hygieneartikel, sondern als Fanartikel anzusehen. Eine Badeente mit Vibratorfunktion ist ebenfalls kein Hygienartikel, sondern ein Erotikspielzeug.

Auf dieser Grundlage konnte das Gericht den Rechtsstreit dann auch entscheiden. Die im Schokohasen-Prozess als Beweismittel eingereichten Schokohasen sind während des Verfahrens übrigens verschwunden. Hoffentlich passiert das nicht auch in Koblenz mit den Fanartikeln und dem Erotikspielzeug.

OLK Koblenz, Beschluss vom 9. Februar 2011, Akrenzeichen 9 W 680/10