Gleich reihenweise sprach im letzten Jahr ein Herforder Amtsrichter Verkehrssünder frei. Radarbilder hielt er für schlicht unverwertbar, Tempomessungen sah er vielerorts als Abzocke. Mit seinen autofahrerfreundlichen Urteilen am Fließband schaffte es der Jurist bis ins Fernsehen – und zum Titel “Richter Gaspedal”.
Für die einen war er ein Robin Hood, andere zeigten ihn wegen Rechtsbeugung an. Klar war von vornherein, die zuständige Staatsanwaltschaft wird sich die Massenfreisprüche nicht gefallen lassen. Die Strafverfolger aus Bielefeld legten Rechtsbeschwerden ein, die jetzt zu schmerzhaften Bauchplatschern führten. Das Oberlandesgericht Hamm wies die Eingaben der Staatsanwaltschaft nämlich brüsk zurück – die bisherigen Freisprüche von Richter Gaspedal haben Bestand.
Dabei hatten die Staatsanwaltschaft in der Sache selbst gute Karten. Die Richter am Oberlandesgericht stellten nämlich klar, dass sie keinen Grund sehen, von ihrer ständigen Rechtsprechung abzuweichen. Nach ihrer Auffassung gibt es mit § 100h Strafprozessordnung einen Paragrafen, der verdachtsabhängig geschossene Beweisfotos rechtfertigt. Bei der Vorschrift ist umstritten, ob sie als Rechtsgrundlage zur Verfolgung von Temposündern taugt. Immerhin hat der Gesetzgeber sie eigentlich geschaffen, um besser gegen Terroristen und die Mafia ermitteln zu können. Aber jüngst hat auch das Bundesverfassungsgericht erklärt, es sei zumindest nicht unvertretbar, sich bei Radarfotos auf den Paragrafen zu berufen.
Weiter hatte der Amtsrichter kritisiert, den Städten gehe es häufig gar nicht mehr um die Verkehrssicherheit; sie wollten nur ihre Kassen füllen. Auch diese Annahme reicht nach Meinung der Richter am Oberlandesgericht nicht, um Blitzerbilder als Beweismittel abzulehnen.
Gescheitert sind die Rechtsbeschwerden letztlich, weil die Staatsanwälte nicht in der Lage waren, ihre Eingaben formal korrekt zu begründen. Das Oberlandesgericht sah die erhobenen Verfahrensrügen als unwirksam an. Konkret hätten die Staatsanwälte vergessen, die Beweisfotos in ihre Antragsschrift aufzunehmen oder zumindest zu schildern, was darauf zu sehen ist. Dies sei aber unerlässlich, um die hohen Hürden für eine Rechtsbeschwerde zu nehmen.
Allzu peinlich braucht den Bielefelder Staatsanwälten die Sache aber nicht zu sein. Auch Rechtsanwälte scheitern bei solchen Rechtsmitteln häufig an Verfahrensfragen. Dass das als streng bekannte Oberlandesgericht Hamm nicht Fünfe gerade sein lässt, bloß weil der Antrag mal von der “anderen Seite” kommt, ist für die ansonsten gequälten Anwälte,, zu denen ich mich auch zähle, ein kleiner Trost.