151 Tage hat ein Gefanger unter menschenunwürdigen Bedingungen in zwei nordrhein-westfälischen Gefängnissen verbracht. Die Zellen für zwei Personen waren sowohl in Köln wie in Hagen gerade mal acht Qudratmeter groß; die Kloschüssel in einer Ecke war nur durch eine verstellbare Holzwand abgedeckt, einen Meter davon entfernt musste gegessen werden – dreiundzwanzig Stunden täglich hockte so der Gefangene in einem Gemisch von Fäkaliengeruch, Tabakrauch von wechselnden Mithäftlingen und deren Schweißdünsten.
Vier Jahre später endlich darf das Land NRW, so hat es jetzt das Bundesverfassungsgericht entschieden, auf Schadensersatz für diese Zustände verklagt werden – dem Gefangenen jedenfalls steht für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe zu (Aktenzeichen 1 BvR 409/09).
Der Bielefelder Rechtsanwalt Dirk Thenhausen hat das Urteil erstritten. Zuvor hatte das Landgericht Köln seinen Mandanten abblitzen lassen. Dem Gefangenen stehe Prozesskostenhilfe nicht zu, weil eine Entschädigung für die erlittenen Bedingungen erst gar nicht infrage komme. Dem hatte sich das Oberlandesgericht Köln angeschlossen.
Beide Beschlüsse kassierten nun die obersten Richter in Karlsruhe. Die Kölner Gerichte hätten sich zu weit aus dem Fenster gelehnt und „im Vorfeld“ eines Schadensersatzprozesse dessen Ergebnis vorweggenommen. Das verstoße gegen das Prinzipg der „Rechtsschutzgleichheit“.
Das Verfahren muss nun vor dem Landgericht Köln verhandelt werden und notfalls alle weiteren Instanzen – über das Oberlandesgericht Köln bis hin zum Bundesgerichtshof – durchlaufen.
Nicht nur damit wird das Land in Sachen menschenwürdige Haftbedingungen beschäftigt sein. Momentan sind bei den Landgerichten noch 99 Klagen anhängig, bei den Oberlandesgerichten 104 Verfahren. Dazu kommen noch Prozesskostenhilfeverfahren. 82 solcher Klagen stehen noch bei den Landgerichten und 12 bei den Oberlandesgerichten aus.
Bei den Landgerichten sind bislang 88 Klagen rechtskräftig abgewiesen worden, bei den Oberlandesgerichten 16. Das Land NRW ist bei den Landgerichten in 23 Fällen rechtskräftig verurteilt worden und bei den Oberlandesgerichten in 17 Fällen. Außerdem haben sich die Parteien in 450 ähnlicher Fälle geeinigt und Vergleiche geschlossen.
Diese offiziellen Zahlen kann allerdings Rechtsanwalt Dirk Thenhausen nicht nachvollziehen: „Ich alleine habe noch wenigstens 300 unerledigte Fälle“. (pbd)