Schema F

Mit Menschen, die den Kopf in den Sand stecken, habe ich oft zu tun. Ein Mandant fällt etwas aus dem Rahmen, denn die Eigenart scheint ihn nur partiell zu betreffen. Aber auch damit hat er sich nun genug Ärger eingehandelt. Dabei lief alles zunächst ganz gut…

Nachdem er Freiheitsstrafen zum Teil abgesessen hatte, durfte mein Mandant in eine Drogentherapie gehen. Die Vollstreckung des Strafrestes wurde erst mal zurückgestellt. Bei erfolgreicher Therapie wäre ihm die Zeit in der Klinik auf die Freiheitsstrafe angerechnet worden. Er hätte nicht ins Gefängnis zurück gemusst.

Die Therapie lief auch Monate gut, nur Ende des Jahres gab es Krach. Mein Mandant ging, die Klinik hielt ihn nicht. Am 3. Januar meldete er sich wieder unter seiner alten Adresse an. Am gleichen Tag saß er schon bei der Drogenberatung. Ziel: Vermittlung eines neuen Therapieplatzes. Drei weitere Gespräche folgten. Auch der Antrag auf Kostenübernahme wurde gestellt.

Normalerweise ist es kein Beinbruch, wenn der erste Therapieversuch nicht klappt. Oft passen Klinikkonzept und Patient nicht zusammen. Überdies wissen auch die Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft, dass echtes Aufhören mitunter einiger Anläufe bedarf. Sehr wahrscheinlich also, dass meinem Mandanten keine Steine in den Weg gelegt worden wären.

Hätte er nur auch mal die Staatsanwaltschaft informiert. Doch dort ging nur die obligatorische Mitteilung der Klinik ein, dass die Therapie abgebrochen wurde. Mangels anderer Informationen lief es dann nach Schema F. Widerruf der Aussetzung. Haftbefehl. Ende letzter Woche wurde mein Mandant nun bei einer Kontrolle erwischt und gleich ins Gefängnis gebracht. Dort erfuhr er dann, dass seine Reststrafe, immerhin fast ein Jahr, bereits im Januar wieder in Kraft gesetzt wurde. Dementsprechend soll er nun wieder direkt zurück in den Strafvollzug.

Mal schauen, ob sich das vermeiden lässt. Mein Mandant hat immerhin Verwandte, die ihrerseits den Kopf nicht in den Sand stecken – und mal wieder für die Anwaltsgebühren gerade stehen.