Die Rund-um-die-Uhr-Überwachung des entlassenen Straftäters Karl D. in Heinsberg ist rechtmäßig. Sein Bruder und dessen Frau, bei denen Karl D. wohnt, müssen die Maßnahmen dulden. Das hat das Verwaltungsgericht Aachen gestern entschieden.
Karl D. war zuletzt im Jahr 1995 vom Landgericht München II wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von vierzehn Jahren verurteilt worden. Nach Verbüßung der Strafe zog er im März 2009 zu seinem Bruder und dessen Ehefrau nach Heinsberg-Randerath. Da der Landrat des Kreises Heinsberg als Kreispolizeibehörde unter Berufung auf ein Sachverständigengutachten zu der Einschätzung gelangte, Karl D. könne erneut Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung begehen, ordnete er dessen längerfristige Observation an. Da Karl D. mit den Klägern in einem Haus lebt, sind auch diese zwangsläufig von der Observation betroffen.
Mit ihrer Klage wandten sich Karl D.s Bruder und seine Frau gegen die Maßnahmen. Sie argumentierten, die Dauerüberwachung verletze sie in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Vorschrift des nordrhein-westfälischen Polizeigesetzes, die eine Dauerobservation erlaube (§ 16 a), sei zu unbestimmt und zudem unverhältnismäßig.
Selbst wenn man diese Vorschrift aber für anwendbar halte, lägen die konkreten Voraussetzungen der Norm nicht vor. Karl D. unterziehe sich ambulanten Therapiemaßnahmen, so dass von ihm keine Gefährlichkeit im Sinne von § 16 a des Polizeigesetzes ausgehe. Zudem hätte der Beklagte die Anwendung milderer Mittel wie etwa das Anbringen einer elektronischen Fußfessel bei Karl D. in Betracht ziehen müssen.
Die Kammer hat die Klage abgewiesen. Der Vorsitzende Richter sagte, die Regelung des Polizeigesetzes sei anwendbar. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm könne mit einer verfassungskonformen Auslegung begegnet werden. Auch die Anwendung der Vorschrift im konkreten Fall sei rechtmäßig erfolgt. Die gutachterlichen Feststellungen ließen nach wie vor den Schluss zu, dass Karl D. eine Gefahr für die Allgemeinheit sei.
Ermessensfehler des Beklagten lägen nicht vor. Gleichwohl sei sich das Gericht der Belastung bewusst, welche die Kläger durch die Überwachung zu ertragen hätten.
Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gegen das Urteil zugelassen. Berufungsinstanz ist das Oberverwaltungsgericht in Münster.
Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 24. Januar 2011, Aktenzeichen 6 K 140/10