Vor einiger Zeit hatte ich am Beispiel dieser Beschwerde gezeigt, wie Ermittlungsrichter ins Blaue hinein und über das Ziel hinaus schießen. Die betreffende Richterin hatte die Durchsuchung der gesamten Geschäftsräume meiner Mandantin angeordnet. Und das nur, weil meine Mandantin einen neuen Mitarbeiter eingestellt hatte, der von seinem früheren Arbeitgeber verdächtigt wurde, Firmenunterlagen mit nach Hause genommen zu haben.
Die Durchsuchungsansordnung hätte im schlimmsten Fall dazu geführt, dass die Polizei die ganzen Rechner meiner Mandantin einpackt, auswertet – und das Ergebnis dann in die Ermittlungsakte kommt. Am besten noch mit allen Geschäftsgeheimnissen meiner Mandantin – sicherlich sehr zur Freude der Konkurrenzfirma, welche die Strafanzeige gegen ihren früheren Mitarbeiter erstattet hat.
Der gesamte Sachverhalt beruhte auf bloßer Spekulation. Vor allem jener Teil, wonach der neue Angestellte die möglicherweise entwendeten Daten in seine neue Firma mitgebracht habe und sie – über seinen Arbeitsplatz hinaus – verwende.
Im Gegensatz zur Richterin, die an ihrem Beschluss festhielt, hat das Landgericht die Problematik erkannt. Die Strafkammer erklärte die Durchsuchung für rechtswidrig, soweit sie über den Arbeitsplatz des neuen Mitarbeiters hinausging.
Aus den Gründen:
Auf die Beschwerde … wird festgestellt, dass der Beschluss insoweit rechtswidrig war, als er die Durchsuchung der Geschäftsräume der Beschwerdeführerin auch über den Arbeitsplatz des Beschuldigten hinaus anordnete.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin werden der Staatskasse auferlegt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht unter anderem die Durchsuchung der Geschäftsräume der Beschwerdeführerin angeordnet. Dies hat das Gericht damit begründet, dass zu vermuten sei, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln gegen den Beschuldigten, namentlich von weitergeleiteten Dateien beziehungsweise Ausdrucken von Dateien führen werde, die als Beweismittel für das Verfahren von Bedeutung seien und der Beschlagnahme unterlägen.
Die Durchsuchung der Geschäftsräume der Beschwerdeführerin ist am 27. September 2010 durchgeführt worden. Am 29. September 2010 hat sie Beschwerde eingelegt, soweit der Beschluss des Amtsgerichts die Durchsuchung ihrer Geschäftsräume auch über den Arbeitsplatz des Beschuldigten hinaus anordnete.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. …
Soweit das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 2. August 2010 die Durchsuchung der Geschäftsräume der Beschwerdeführerin über den Arbeitsplatz des Beschuldigten hinaus angeordnet hat, fehlte es hierfür an dem Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des maßgeblichen § 103 StPO.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 103 StPO waren nach Aktenlage nicht erfüllt, denn es lagen zwar auf kriminalistischer Erfahrung basierende Vermutungen, aber keine Tatsachen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 103 Rn 6 m.w.N.) vor, aus denen zu schließen war, dass sich – über den Arbeitsplatz des Beschuldigten hinaus – die gesuchte Spur in den zu durchsuchenden Räumen befand.
Soweit in dem angefochtenen Beschluss angeführt wird, dass der Beschuldigte nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand Geschäftsgeheimnisse, insbesondere Auftragsbestätigungen, an seine private Email-Adresse versandt habe, so stellt dies keine Tatsache dar, aus der sich darauf schließen ließ, diese Daten befänden sich – über den Arbeitsplatz des Beschuldigten hinaus – nunmehr in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin. Dies ließ sich lediglich vermuten.
Auch der Umstand, dass der Beschuldigte entgegen seinen früheren Angaben gegenüber seinem früheren Arbeitgeber zu einem direkten Konkurrenten seines früheren Arbeitgebers gewechselt war, stellte keine Tatsache dar, aus der zu schließen war, dass sich die gesuchten Daten in den Geschäftsräumen der Beschwerdeführerin befanden. Vielmehr begründeten diese Erwägungen – dies ergibt sich auch aus den Ausführungen des Amtsgerichts – lediglich eine Vermutung, die jedoch für die Bejahung der Voraussetzungen des § 103 StPO (objektivierbare Tatsachen) nicht ausreichte.
Landgericht Düsseldorf 020 Qs – 120 Js 1048/10-90/10