Linke Hand, linkes Ohr

Mein Mandant wurde bei einer Verkehrskontrolle rausgewunken. Jetzt soll er für Handy am Steuer 40 Euro bezahlen und einen Punkt in Flensburg kassieren. Der Polizeibeamte, der meinen Mandanten von einer Brücke aus in den Wagen geschaut haben will und auch als Zeuge fungiert, hielt seine Beobachtungen für die Bußgeldakte schriftlich fest:

Linke Hand, linkes Ohr.

Also, zur Verwirklichung des Tatbestandes fehlt da für mich ein Detail, trotz der im stressigen Polizeiberuf selbstverständlich immer gebotenen Kürze. Das Telefon.

Eingeklebt

Zitat aus einer Anklageschrift:

Die Angeschuldigten rissen zwei in einem Schrank der Räumlichkeiten eingeklebte Tresore heraus und nahmen diese mit, um den Inhalt für sich zu behalten.

Das nennt man wohl Sicherungs-Fail.

Nicht berechenbar

Die Revision ist verworfen, die zulässigen Rechtsmittel sind ausgeschöpft. Bleibt nur der Gang nach Karlsruhe. Was aber sagt man einem Mandanten, der nach den Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde fragt?

In den meisten Fällen rate ich ohnehin ab. Es mag womöglich ein Fehlurteil ergangen sein, aber die Grundrechte des Mandanten sind halt nicht verletzt. Typischer Fall ist die falsche Beweiswürdigung. Hat das Gericht die Zeugenaussagen zweifelhaft bewertet oder wichtige Umstände falsch gewichtet, tut dies zwar weh. Es hat aber nichts mit den Grundrechten des Betroffenen zu tun. Solche Fälle blocken die Richter in Karlsruhe eisern ab, denn sie verstehen sich – zu Recht – nicht als „Instanz nach der letzten Instanz“.

Ansonsten bleiben viele Unwägbarkeiten. In einem aktuellen Fall, der eine Verfassungsbeschwerde wert wäre, hat der Mandant nach den Erfolgsaussichten gefragt. Ich habe zunächst mal so geantwortet:

Die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde lassen sich schwer abschätzen. Es ist so, dass das Verfassungsgericht in Karlsruhe absolut nicht berechenbar ist. Dies liegt vor allem daran, dass keine Annahmepflicht besteht. So können sich die Richter aussuchen, was sie interessiert. Allerdings ist es nach meiner Erfahrung so, dass Verfassungsbeschwerden aus dem Bereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit ernst genommen werden. Das Gericht legt seit jeher einen Akzent auf Artikel 5 Grundgesetz.

Außerdem könnte es sein, dass das Gericht dieser Frage grundsätzliche Bedeutung beimisst. Eine Entscheidung in dieser Konstellation ist mir noch nicht bekannt. Sie würde aber gerade viele Jugendliche und Eltern betreffen, da dieses Problem ja kein Einzelfall ist.

Für eine Verfassungsbeschwerde mit diesem Umfang berechne ich ….

Ich hoffe, es scheitert nicht ausgerechnet am letzten Punkt.

„Wer will da schon Nein sagen?“

Vor einigen Tagen hatten wir die Geschichte vom Polizeibeamten, der Autofahrer zu Unrecht beschuldigte und Verwarnungsgelder in die eigene Tasche steckte. Ähnlich klingt ein Fall, der derzeit in Westfalen Wellen schlägt. Ein Eichbeamter aus Rheine, der zugleich CDU-Ratsherr ist, soll in Bäckereien und Metzgereien nicht nur die Waagen überprüft, sondern sich auch taschenweise an den Esswaren bedient haben.

Ein Bäckermeister weigerte sich, die Prüfung des Eichamtes zu zahlen. Stattdessen erstattete er Strafanzeige. Der Prüfer, so sein Vorwurf, habe nach getaner Arbeit einfach vor seinen Augen rund 20 Brötchen und vier vorher zu leicht befundene Brote eingepackt und mitgenommen.

Die Sach- und Rechtslage ist klar und wird von der Eichbehörde bestätigt: Mitarbeiter des Eichamtes dürfen nichts mitnehmen. Nach dem Bericht der Westfälischen Nachrichten war der Prüfer wohl um Schadensbegrenzung bemüht. Ein Treffen, bei dem er Waren bezahlen wollte, lehnte der Bäcker aber nach eigenen Angaben ab.

Inzwischen hat sich mindestens ein weiterer Betroffener an die Öffentlichkeit gewagt. Ohne zu fragen habe der Prüfer vor längerer Zeit Fleischwaren bei ihm eingepackt, berichtet ein Metzger der Lokalzeitung. Auch die Schwester des Bäckermeisters, die es mal mit dem Eichbeamten zu tun hatte, bestätigt dessen Selbstbedienungsmentalität nach dem Motto: „Bestenfalls hat er einen mal fragend angeguckt. Aber wer mag da schon Nein sagen?“

Die Kreishandwerkerschaft unterstützt die Betroffenen juristisch. Ihr liegen nach eigenen Angaben auch weitere Zeugenaussagen vor. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Der in Verdacht geratene Eichbeamte hat seine politischen Ämter niedergelegt.

(via)

Kein Fahrrad ohne „Lichtmaschine“

Ich habe mich vorhin durch einige Fahrradkataloge geklickt. Interessant zu sehen, wie wenige Räder so angeboten werden, dass sie bei Lieferung verkehrssicher sind.

Offenbar gibt es zum Beispiel eine große Scheu, fabrikseitig eine Beleuchtung zu installieren, welche von einem Dynamo mit Strom versorgt wird. Ist ja auch klar, warum. Dynamos bremsen dich aus und funktionieren nicht gescheit. Das war zu den Zeiten so, als ich Fahrrad gefahren bin. Und es dürfte auch heute so sein. Offenbar haben Krokodile und Dynamos eines gemeinsam; sie sind von der Evoulution weitgehend unbeeindruckt.

So wie bedrohte Tierarten geschützt sind, scheint sich auch der Gesetzgeber dem Dynamo verpflichtet zu fühlen. Auch im Zeitalter von sparsamen, aber superhellen Leuchtmitteln und Hochleistungsakkus schreibt er vor:

Fahrräder müssen für den Betrieb des Scheinwerfers und der Schlußleuchte mit einer Lichtmaschine ausgerüstet sein, deren Nennleistung mindestens 3 W und deren Nennspannung 6 V beträgt (Fahrbeleuchtung).

Eine Konzession an die Moderne gibt es aber doch:

Für den Betrieb von Scheinwerfer und Schlußleuchte darf zusätzlich eine Batterie mit einer Nennspannung von 6 V verwendet werden (Batterie-Dauerbeleuchtung).

Ganz besonders wichtig: Die Systeme müssen redundant ausgelegt sein. O-Ton Gesetzgeber:

Die beiden Betriebsarten dürfen sich gegenseitig nicht beeinflussen.

Ohne Dynamo geht es also gar nicht.

Was wiederum nur die halbe Wahrheit ist. Denn keine Vorschrift ohne Ausnahme. Diese Ausnahme betrifft Rennräder, die weniger als 11 Kilogramm wiegen. Diese Räder dürfen erstaunlicherweise mit Batterie beleuchtet werden.

Die falsche Beleuchtung am Fahrrad kann sogar teuer werden, wie ein aktuelles Urteil des Landgerichts München I zeigt. Zwei Radfahrer waren im Dunkeln kollidiert. Der eine hatte gar kein Licht am Rad, trug aber eine batteriegetriebene Stirnlampe am Helm. Der andere hatte ein elektrisches Licht auf den Fahrradlenker gesteckt, das nach den Feststellungen des Gerichts nicht mehr mit voller Kraft leuchtete.

Der Helmträger mit der Stirnlampe verlangte Schadensersatz und Schmerzensgeld. Bekommen hat er nur die Hälfte. Seine eigene Lampe, befand das Gericht, sei möglicherweise nicht richtig zu sehen gewesen. Es könne ja sein, dass der Kläger den Kopf gebeugt hat.

Maßgebend für das Halbe-Halbe war aber auch der schlichte Umstand, dass die Beleuchtung des Klägers einfach nicht den Vorschriften entsprach (siehe oben). Das Landgericht stellt hierzu fest, die Dynamopflicht sei heute allgemein wohl nicht mehr bekannt.

Wer als Radfahrer trotzdem auf die Vorschriften pfeift, kommt übrigens erstaunlich preiswert weg. Jede Lichtsünde kostet zehn Euro Verwarnungsgeld und bringt keine Punkte.

Kachelmann: Presseskandal im Justizskandal

Die Rolle der Zeit-Journalistin Sabine Rückert im Fall Kachelmann wird kritisch hinterfragt. Die Autorin soll dem Verteidiger Kachelmanns die Hinzuziehung eines Anwalts geraten haben, den sie für fähiger hält als ihn. Als Kachelmann, der ja so was letztlich entscheiden muss, dem offenbar nicht nachkam, hat Sabine Rückert Kachelmanns Verteidiger Reinhard Birkenstock in der Zeit zerpflückt.

Wie sich nun herausstellt, hat der von Rückert ins Auge gefasste Anwalt schon für eines ihrer Bücher geworben und die Zeit vertreten. Wie massiv die Journalistin Birkenstock angegangen ist und ihn von einer Zusammenarbeit überzeugen wollte, wird aus einer E-Mail Rückerts deutlich, die der Kölner Stadtanzeiger zitiert:

Wir können nur zusammenkommen, wenn Ihre Verteidigung in dem angedeuteten Sinne professionalisiert wird, dazu sollten Sie sich überlegen, einen Kollegen einzubinden, der Verfahren dieser Art auch gewachsen ist. Wenn Sie mein Buch gelesen haben, wissen Sie, wen ich in einem solchen Falle wählen würde.

Außerdem soll Rückert Birkenstock konkret dargelegt haben, welche Vorteile er zu erwarten hat, wenn er seine Verteidigungsstrategie nach Rückerts Wünschen ausrichtet. So soll die Journalistin über ihre früheren „Kooperationen“ geschrieben haben:

Engagieren würde ich mich auch dann nur, wenn ich den Eindruck habe, dass die Verteidigung richtig liegt. … Dies vorausgeschickt interessiert Sie vielleicht, wie die Zusammenarbeit zwischen Verteidigung und ZEIT in der ersten der beiden Wiederaufnahmen ausgesehen hat: Am Tage des Erscheinen der ZEIT lag den Richtern des Landgerichts Osnabrück der 300 Seiten starke Wiederaufnahme-Antrag Ihres Kollegen . . . vor. Das hat dafür gesorgt, dass sich die Richter des Landgerichts Osnabrück und die Nebenklage gehütet haben, presserechtliche Schritte zu ergreifen.

Eine derart unverblümte Einmischung bringt nun die Kölner Strafverteidiger auf die Barrikaden. Sie sprechen von einem Presseskandal im Justizskandal. Dr. Frank Seebode, Sprecher des Strafrechtsausschusses des Kölner Anwaltvereins e.V., nennt Rückerts Verhalten anmaßend. Er sieht eine bedenkliche Mischung journalistischer und eigener Interessen:

Dieser „Ratschlag“ gründete sich neben der von Rückert behaupteten Kompetenz des vorgeschlagenen Rechtsanwalts wohl aber zumindest auch (wenn nicht vornehmlich) auf ihre gute Zusammenarbeit mit ihm in der Vergangenheit. Schließlich hat der wohl empfohlene Rechtsanwalt bereits die „Zeit“ anwaltlich vertreten und mit Frau Rückert ihr Buch beworben. Schon deswegen konnte sie erwarten, dass in diesem besonders spektakulären Verfahren die Dankbarkeit für die Empfehlung auf dem Fuß folgen würde.

Für Seebode kann es aus dem Vorgang nur eine Lehre geben:

Die Presse muss sich davor hüten, unlauter auf die Verteidigerwahl und die Führung der Verteidigung Einfluss nehmen zu wollen. Die Strafverteidigung tut gut daran, sich gegen solche Angriffe zu wehren und ihnen nicht nachzugeben!

Polizeibeamter stellte eigene Quittungen aus

Ein Polizeibeamter, der falsche Gebührenquittungen selbst herstellt und diese bei Verkehrskontrollen verwendet, um das vereinnahmte Geld zu behalten, ist aus dem Dienst zu entfernen. Dies hat das Verwaltungsgericht Trier entschieden.

Der Polizeibeamte hatte am PC Quittungen hergestellt. Diese sahen weitgehend so aus wie die Originalquittungen der Polizei. Dann beschuldigte er bei zwei Verkehrskontrollen Autofahrer mit Verstößen, die sie tatsächlich nicht begangen hatten. Er erhielt dafür insgesamt 150 Euro und quittierte die Verwarnungsgelder mit seinen eigenen Belegen.

Dies brachte dem Polizisten zunächst neun Monate Bewährungsstrafe ein. Außerdem wurde ihm eine Geldbuße auferlegt. Das Land Rheinland-Pfalz klagte anschließend auf Entfernung aus dem Dienst, da das Vertrauensverhältnis zu dem Beamten unwiderruflich zerstört sei.

Dies sahen die Richter des Verwaltungsgerichts ebenso. Durch die Urkundenfälschung und das betrügerische Verhalten unter Ausnutzung der beamtenrechtlichen Stellung habe der Polizeibeamte eine beamtenunwürdige Haltung an den Tag gelegt, die zu einer irreparablen Beschädigung des in ihn zu setzenden Vertrauens und des Ansehens des Berufsbeamtentums geführt habe.

Da die Tatausführung durch plangemäßes und bewusstes Vorgehen geprägt gewesen sei, könne dem Beamten auch nicht zu Gute gehalten werden, dass er bisher weder strafrechtlich noch disziplinarisch in Erscheinung getreten sei. Dies könne die Schwere der Tat nicht aufwiegen.

Auch das Bestehen einer existentiellen Notlage oder eine psychische Ausnahmesituation vermochten die Richter nicht festzustellen.

(Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom 24. Juni 2010 – 3 K 101/10.TR)

Neununddreißig Wiederholungen

Mir flattert eine Uraltakte auf den Tisch. Gegen meinen Mandanten machte ein Warenhaus eine Forderung geltend. Das Inkassobüro, jener große Laden aus Baden-Baden, trumpfte mächtig auf. Etliche Mahnungen gingen an den Mandanten. Nachdem dieser uns beauftragt hatte, wurden wir mit nervigen Schreiben zugeschüttet.

Zu sagen gab es von unserer Seite schon damals nicht viel. Der Mandant hatte nichts bestellt. Er hatte nichts erhalten. Eine Zahlung kam deshalb nicht in Betracht. Das hatten wir der Gegenseite so erklärt. Aber offenbar kommt dort eine Botschaft vor der neununddreißigsten Wiederholung nicht an.

Schließlich dann ein gerichtlicher Mahnbescheid. Hiergegen legten wir Widerspruch ein. Das war am 16. März 2005. Seitdem haben weder das Warenhaus noch das Inkassobüro von sich hören lassen. Der Anspruch wurde beim Mahngericht nie begründet. Das Verfahren schlief ein.

Nun ja, dann ergreifen wir mal die Initiative. Wir beantragen die Durchführung des streitigen Verfahrens. Dann ist die Gegenseite gezwungen, dem Gericht zu sagen, woraus sich die Forderung ergeben soll. Viel Sinn macht das allerdings nicht – sofern die Gegenseite überhaupt was beweisen kann. Der mögliche Anspruch ist nun nämlich verjährt. Was wir natürlich auch gleich geltend gemacht haben.

Sinnfrei ist die Aktion nicht. Am Ende wird das Gericht nämlich dem Warenhaus die Kosten auferlegen. Der Mandant wird sich freuen. Er kriegt seinen Vorschuss zurück, und auch für uns dürften noch ein paar Euro bleiben.

Bitte eingeben

Die Bußgeldstelle beim Polizeipräsidenten Berlin ist mit den Stellungnahmefristen besonders großzügig:

Ich fühle mich angesprochen und werde den 1. Oktober 2011 „ein“- bzw. angeben. Dann ist die Sache mit Sicherheit verjährt. Hoffentlich überträgt wieder der Praktikant alles in den Computer. Dann könnte der Trick vielleicht klappen. (Das Post-it mit dem Hinweis meiner Sekretärin kommt vorher natürlich ab.)

Nachdenklich stimmt mich überdies, wieso die Behörde von mir das Zustelldatum des Bußgeldbescheides wissen will. Normalerweise steht das Datum doch auf dem Zustellungsprotokoll des beauftragten Postdienstes.

Da jede Antwort meinem Mandanten höchstens schaden kann, gehe ich über die Frage einfach mal hinweg. Damit ist der nächste Textbaustein wahrscheinlich programmiert. Ich freue mich auf die weitere Korrespondenz.

Die Exfrau im Hundezwinger

Szenen einer, wenn auch verflossenen, Ehe. Mitunter schaffen sie es sogar in die Pressemitteilung einer Justizbehörde. Das Landgericht Itzehoe erzählt folgende Geschichte:

Mit der Anklage war dem 50-jährigen Franz W. vorgeworfen worden, in den Nachmittagsstunden des 26.10.2009 seine von ihm getrennt lebenden Ehefrau nach einem verbalen Streit in einen Hundezwinger gedrängt und dann die Tür derart verschlossen zu haben, dass sie nicht herausgelangen konnte. Ihrer mehrfachen Aufforderung, die Tür zu öffnen, sei er nicht nachgekommen. Erst auf den beruhigenden Zuspruch eines 5 Minuten später erschienenen Zeugen habe er die Tür geöffnet und seine Frau in Freiheit entlassen.

Der Angeklagte hatte sich vor dem Amtsgericht dahingehend eingelassen, seine Frau habe ein Brecheisen bzw. einen Gegenstand in der Hand gehabt, weshalb er befürchtet habe, sie könne sein Eigentum – etwa seinen Pkw – beschädigen.

Damit kam Franz W. aber nicht weit:

Das Amtsgericht war nach der durchgeführten Beweiserhebung überzeugt, dass das Verhalten des Angeklagten gegenüber seiner Ehefrau nicht durch Notwehr gerechtfertigt war, insbesondere habe seine Ehefrau keinerlei Gegenstände – geschweige denn ein Brecheisen – in der Hand gehabt. Deshalb wurde der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 750,00 € verurteilt.

Seine Berufung hat das Landgericht Itzehoe ebenfalls verworfen. Die Richter konnten keinen Fehler feststellen. Wahrscheinlich haben sie das Urteil sogar noch für sehr milde gehalten. Jedenfalls waren sie sicher froh, Franz W. nicht persönlich kennenlernen zu müssen. Bis zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen kann die Berufung nämlich ohne Hauptverhandlung abgeschmettert werden. So ist dann auch geschehen.

(via)

Urlaubsbedingte Abwesenheit

Es geht zwar nur um Schadensersatz. Aber immerhin um einige tausend Euro. Der Rechtsanwalt des Gegners schreibt mir:

Wegen meiner urlaubsbedingten Abwesenheit bis zum 25. August 2010 darf ich Sie bitten, die Verhandlungen mit meiner Partei direkt zu führen. Es wäre meinem Vertreter hier aus dem Büro nicht zuzumuten, sich in den Vorgang einzuarbeiten.

Na, dann werde ich gleich mal schauen, dass ich den Gegner über den Tisch ziehe vom Nutzen eines schnellen Vergleichs überzeuge.

(Danke an meinen Mandanten, der die Idee für diesen Eintrag hatte.)

Vernunftunbegabt

Ich habe die alten Akten rausgekramt, weil ich es zuerst selbst nicht glauben wollte. Aber es stimmt: Mein Mandant mindert seit zwölf Jahren seine Wohnungsmiete um 20 Prozent. Mit gutem Grund. Aber das wollte der Vermieter nicht einsehen. Zumindest anfangs. Da hagelte es Mahnungen und „Kontoauszüge“, in die ein dickes Minus eingetragen war.

Im Jahr 2003 kam sogar ein Mahnbescheid über die Mietrückstände. Das waren damals schon 14.000 Euro. Im Verfahren stellte sich schnell heraus, das Gericht hält die Mängel für nachvollziehbar. Aber nicht nur das. Der Vermieter habe seine Ansprüche auch verwirkt, weil er mit dem Prozess jahrelang gewartet habe.

Sieben Jahre war nun Ruhe. Bis es eine Mieterhöhung gab. Gegen die Erhöhung war als solches nichts zu sagen. Allerdings hebt die Erhöhung – natürlich – nicht die Minderung auf. Das würden allenfalls Handwerker schaffen, welche die Wohnung mal in Ordnung bringen. Mein Mandant zog also konsequent weiter 20 Prozent ab, nun aber von der erhöhten Miete.

Jetzt kommen sie wieder, die Mahnungen und Kontoauszüge. Wie will der Vermieter einem Gericht denn nach nun zwölf Jahren erklären, dass die Minderung nicht gerechtfertigt ist? Wenn er schon nach fünf Jahren aus formalen Gründen Schiffbruch erlitt?

Wahrscheinlich ein Fehler, diesen Vermieter für vernunftbegabt zu halten. Es handelt sich übrigens um den Staat.

Apple-Rechner, ungesichert im Sinne des Gesetzes

Das „Ausspähen von Daten“ ist strafbar. Aber nur unter gewissen Voraussetzungen.

1. Der Täter muss unbefugt handeln.

2. Die Daten müssen gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sein.

3. Die Zugangssicherung muss überwunden werden.

Rechner von Apple können wohl mit einem Passwort versehen werden. Allerdings kann man trotzdem an die gespeicherten Daten gelangen, ohne das Passwort zu kennen. Es genügt, die CD des Betriebssystems einzulegen und den Computer darüber zu starten. Also ein ganz normaler, zulässiger Vorgang.

Unschwer zu erkennen, dass bei diesem Vorgehen die Voraussetzungen 2. und 3. nicht erfüllt sind.

Das wollte ich heute mittag einem Staatsanwalt erklären. Der nutzt privat allerdings selbst einen Apple und war im Bilde.

Verfahren eingestellt, und zwar mangels Tatverdachts.

Pflichtfeld

O2 veranstaltet ein Preisausschreiben, bei dem man ein Samsung Galaxy S I9000 gewinnen kann. Einfach richtig antworten, E-Mail-Adresse angeben und noch die lästigen Datenschutz- und Bestellhäkchen abarbeiten – wenn man denn will.

Wenn man denn will?

O2 interpretiert die Möglichkeit des Opt-in ganz neu. Das Häkchen bei der Bestellung des Newsletters ist gleichzeitig ein „Pflichtfeld“.

Kein Versehen, ich habe es ausprobiert. Ohne Anmeldung zum Newsletter keine Teilnahme am Preisausschreiben.

So was könnte uns bald öfter begegnen. Der Europäische Gerichtshof hat nämlich das bislang in Deutschland geltende Koppelungsverbot zwischen Preisausschreiben, Bestellung und Newsletter-Abo mit einem Urteil aufgeweicht. Nach bisheriger Rechtslage durfte die Teilnahme an einem Gewinnspiel eben nicht von Gegenleistungen des Teilnehmers abhängig gemacht werden. Dazu zählte auch das Einverständnis mit der Zusendung eines Newsletters.

Aber gut möglich, dass diese Variante nun nicht mehr wettbewerbswidrig ist.

Als Verbraucher fühle ich mich trotzdem veräppelt.

(via)

Eingelegt

Offizielles Protokoll einer Hauptverhandlung. Vernommen wurde ein Polizeibeamter:

Der Zeuge überreicht eine Videokassette. Diese wird in ein Fernsehgerät eingelegt. Das Video wird mit allen Beteiligten in Augenschein genommen und zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht.