A 380 – Premiere (für mich)

Wem am 2. oder 3. Oktober langweilig ist, sollte sich ein Angebot der Lufthansa ansehen: Morgens mit dem A 380 von Frankfrurt nach Mallorca, am frühen Abend zurück. Das alles für 99,00 Euro pro Person.

Habe mir gerade zwei Tickets für den 3. Oktober gesichert (Economy).

Zur Buchung

Kein Seriös

Unsere Mandantin, ein nicht ganz kleines Unternehmen, hat einen Nebenstandort in ein besseres Objekt verlagert. In die alte Halle ist dem Vernehmen nach eine Firma eingezogen, die sich vorwiegend mit „Import/Export“ beschäftigt.

Daraus ergibt sich nun ein kleines Problem, das wir erst mal dem Vermieter nähergebracht haben:

Sehr geehrte Damen und Herren,

unsere Mandantin, die Seriös GmbH*, hat festgestellt, dass Sie bzw. der neue Mieter am Objekt folgendes Schild angebracht haben:

– KEIN SERIÖS GMBH –

Ein eigenes Firmenschild des neuen Mieters ist nicht vorhanden. So eine Kennzeichnung verletzt die Namensrechte unserer Mandantin. Sie ist überdies missverständlich und irreführend. Es stünde der neu eingezogenen Firma frei, ihr eigenes Namensschild anzubringen. Dann wäre ohnehin klar, dass die Seriös GmbH nicht in dem Objekt ist.

Unsere Mandantin wird es nicht hinnehmen, dass ihr Name von Dritten verwendet wird. Wir bitten Sie darauf hinzuwirken, dass das Schild bis Dienstag, 28. September 2010, entfernt wird.

Sollten das Schild alleine vom Mieter angebracht worden sein, wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie unsere Aufforderung weiterleiten bzw. uns die Kontaktdaten des Mieters übermitteln. Wir werden uns dann mit dem Mieter auseinandersetzen. Am Objekt selbst oder online lässt sich leider nicht ermitteln, wie die Firma heißt. Wir gehen aber nicht davon aus, dass sie unter Kein Seriös GmbH firmiert.

Mit freundlichen Grüßen

*Name geändert

Fünfhundert Euro

Erst mal ’ne Strafanzeige raushauen: Nach diesem Prinzip geht die Düsseldorfer Rheinbahn auch bei Schwarzfahrern vor, die an sich gar keine sind. Das Nahverkehrsunternehmen zeigt nämlich auch Fahrgäste wegen Beförderungserschleichung an, die ihr Ticket 1000 vergessen haben und es nicht nachträglich in einem Kundencenter vorzeigen.

Das Ticket 1000 ist nicht übertragbar. Das bedeutet, der Inhaber so einer Fahrkarte kann in ihrem Geltungsbereich gar nicht schwarzfahren – sofern er sich beim Kontrolleur ausweist. Denn dann stehen seine Personalien fest. Durch einen Abgleich mit der Kundenkartei könnte überprüft werden, ob die betreffende Person ein gültiges Ticket 1000 hat.

Das geschieht aus mir unbekannten Gründen aber nicht. So traf es neulich auch mal wieder eine meiner Mandantinnen (früherer bericht im law blog). Die Staatsanwaltschaft glaubte natürlich den Angaben der Rheinbahn und erhob Anklage. Gegenüber dem Gericht habe ich folgendes ausgeführt:

Möglicherweise hatte Frau B. ihr Ticket 1000 nicht dabei. Dies führt jedoch nicht dazu, dass Frau B. schwarzgefahren ist. Das Ticket 1000 ist nämlich personengebunden. Somit besaß Frau B. einen gültigen Fahrschein, auch wenn sie diesen möglicherweise nicht bei sich führte.

Die Rheinbahn AG ermöglicht es Kunden auch, das Ticket 1000 nachträglich vorzuzeigen. Dann wird das erhöhte Beförderungsentgelt erlassen. Selbst wenn Frau B. das Ticket 1000 nicht nachträglich vorgezeigt haben sollte, ändert dies nichts daran, dass sie über einen gültigen Fahrschein verfügte. Da Frau B. ein gültiges Ticket 1000 besaß, hatte sie auch zu keinem Zeitpunkt die Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten. Das Entgelt hatte sie nämlich bereits bezahlt.

Dass Frau B. ihr Ticket 1000 nicht nachträglich vorgezeigt hat, besitzt keine strafrechtliche Relevanz. § 265a StGB stellt das Vergessen eines gültigen Fahrscheins nicht unter Strafe.

Das Gericht stellte das Verfahren ein und entschied, die Staatskasse habe die Kosten des Verfahrens zu tragen. Einschließlich der „notwendigen Auslagen“ von Frau B. So hat die Akte jetzt nicht nur den Justizapparat beschäftigt und Kosten verursacht. Das Land darf auch meine Anwaltsgebühren übernehmen.

Aber was sind schon fünfhundert Euro.

Kommentar aus Pjöngjang

Aus einem FAZ-Kommentar zum Thema Kindesmissbrauch:

Auch das strafrechtliche Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ entfaltet auf diesem Deliktsfeld nach wie vor eine fatale Wirkung.

Ist das nur unausgegorenes Gewäsch, eilig hingeschrieben, weil der Kommentar aus Pjöngjang nicht rechtzeitig eingetroffen ist? Man kann es nur hoffen – auch wenn es bei der FAZ wohl nicht naheliegt. Was Autor Daniel Deckers, ein Theologe, da mutmaßlich im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte propagiert, ist der Abschied von einem wesentlichen Prinzip des Rechtsstaats. Der Grundsatz in dubio pro reo schützt uns alle vor nicht weniger als Willkürjustiz.

Klar, könnte man sagen, wir Deutschen nehmen es halt besonders genau. Mal Fünfe gerade sein lassen, sollte auch uns möglich sein. Wo es doch um die Kinder geht! Dem lässt sich entgegenhalten, dass die Unschuldsvermutung zum welt- und erst recht zum europaweiten Grundrechtekanon gehört, und zwar nicht erst seit gestern.

In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen heißt es:

Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.

Die Europäische Menschenrechtskonvention legt fest:

Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.

Wenn wir also dem Rat des FAZ-Autors folgen, entfernen wir uns aus einer an sich liebgewordenen Wertegemeinschaft. Wir machen uns gleich mit Ländern, die es gerne etwas lockerer nehmen mit den Menschen- und Verfahrensrechten, die böse islamische Welt eingeschlossen. Dann sollten wir aber auch nicht mehr auf diese herabsehen – wie es im Kommentar aus Pjöngjang mit Sicherheit geschehen wäre.

„Wir waren Steuerverräter“

Einen Insiderbericht aus der Denunziantenszene verspricht das gerade erschienene Buch „Wir waren Steuerverräter“. Autor Jörg Sprave berichtet, wie er mit der „Fa. Steuerverrat“ die Deutschen lockte, ihnen bekannte Steuersünder ans Messer zu liefern – gegen satte Belohnung natürlich.

Bei manchen Geschichten besetze ich eine kleine Nebenrolle. So durfte ich den Autor vor angedrohter Beugehaft bewahren, weil ein Staatsanwalt die der Fa. Steuerverrat anvertrauten Informationen über hinterzogene Steuern in Millionenhöhe zwar haben, aber keine Belohnung dafür rausrücken wollte.

Das war ein lustiges Gespräch in den Räumen der Staatsanwaltschaft. Letztlich rettete uns das Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten. Nachdem wir glaubwürdig dargelegt hatten, dass es lediglich um einen publizistischen Einblick in das Spannungsfeld von Wirtschaftskriminalität, Denunziantentum und dem durch den Ankauf der Steuer-CDs moralisch etwas lädierten Fiskus geht, sah der Staatsanwalt von den bereits in Aussicht gestellten Zwangsmitteln ab. Wahrscheinlich hatte er auch kein allzu großes Interesse daran, noch prominenter in dem Buch vorzukommen.

Außerdem durfte ich das Nachwort zu „Wir waren Steuerverräter“ schreiben.

Ich habe hier zwei druckfrische Exemplare des Werks. Wer eines möchte, schreibt bitte einen Kommentar und hinterlässt eine gültige E-Mail-Adresse. Die Gewinner gebe ich ab Montag, 27. September, bekannt.

Nachtrag: Die Gewinner sind Patrik (Nr. 231) und Gimbar (Nr. 401).

Freundliche kollegiale Begrüßung

Der Anwalt der Gegenseite schrieb:

Die Ermittlungen meiner Partei haben ergeben, dass Sie in dem Internet-Blog unter der Domain „www.(Platzhalter).co.cc“ mit dem Nicknamen „Exekutor“ auftreten und Kommentare verfassen. Dabei sind diese Beiträge aus Sicht meines Mandanten verunglimpfend und beleidigend, was mein Mandantn nicht zu dulden hat.

Die beigefügte Kostenrechung belief sich auf 661,16 €.

Ich habe so geantwortet:

Mein Mandant hat bis heute kein einziges Mal einen Kommentar in dem Weblog hinterlassen. Die unter dem Pseudonym „Exekutor“ hinterlegten Inhalte stammen nicht von meinem Mandanten. Demgemäß ist er hierfür auch nicht verantwortlich.

Ein Besuch auf dem Weblog zeigt, dass dort jeder unter einem beliebigen Nicknamen Kommentare hinterlassen kann. So kann jeder Besucher in diesem Augenblick unter dem Nick „Vollstrecker“ posten, sofort danach aber auch als „Angela Merkel“. Der Nick lässt also keine Rückschlüsse darauf zu, wer den Eintrag verfasst hat. Selbst Ihr Auftraggeber könnte sich „Vollstrecker“ genannt haben.

Hierauf kam folgende Antwort:

Vor diesem Hintergrund werden die Vorwürfe und Ansprüche gegen Ihren Mandanten nicht länger aufrechterhalten, so dass es einer negativen Feststellungsklage nicht bedarf.

Mit freundlicher kollegialer Begrüßung

Wenn das mal kein Beleg dafür ist, dass wir noch viel mehr Internetkontrolle brauchen als nur die Vorratsdatenspeicherung.

Ju-Ju

Plötzlich müssen sie sich mit einem grausamen Zauber beschäftigen. Der ist selbst für hartgesottene Kriminalisten neu und mit gesundem Menschenverstand kaum zu verstehen. Eine Magie ist es, die von der afrikanischen Westküste kommt und hier den Ermittlern den Atem stocken lässt. Denn Polizisten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen bekommen die Qual der Opfer zu spüren – Mädchen und junge Frauen werden von Priestern in Nigeria seelisch zur Prostitution genötigt, mit falschen Pässen nach Deutschland und andere europäische Länder geschleust und über tausende von Kilometern abhängig gehalten.

Kürzlich nahm die Bonner Polizei eine 30 Jahre alte Frau fest, eine mutmaßliche Zuhälterin, im Rotlichtjargon „Madame“ genannt. Sie steht im dringenden Verdacht, ihr jüngeres Opfer zur Prostitution gebracht und ausgebeutet zu haben. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben, in der auch der Vorwurf des Menschenhandels steht.

Diesen Begriff benutzt auch Margit Forster, die Berliner Sprecherin des Vereins „Solidarität für Frauen in Not“ (Solwodi). Sie spricht bei den neuen Methoden von einer „Vernetzung“. Ahnungslosen Mädchen und Frauen wird in ihrer Heimat, meist Nigeria, ein Leben voller Verheißung, in Wohlstand versprochen. Mit dem Anreiz zudem, von Europa aus ihrer meist armen Familie zu helfen.

In diese Erwartung hinein vollbringen die Verführer ihr Werk. Die Mädchen und Frauen werden unter seelischen Druck gesetzt. Mit einem Ritual, einer Mischung aus (auch christlicher) Religion, afrikanischem Brauchtum und Aberglaube: „Tschu-Tschu“, so spricht Forster den Kult namens „Ju-Ju“ aus.

Er erinnert entfernt an das Geistergehabe des bekannten „Voodoo“. Ein Priester sammelt von den Arglosen intime Dinge. Schamhaare etwa, Fingernägel, selbst Menstruationsblut. Diese Zutaten („Pac“ genannt) werden in einem Schrein vergraben, einem angeblich heiligen Ort. Dazu schwören die Opfer bei ihrem Leben, ihrer Gesundheit und ihrer Familie erstens absolutes Schweigen und zweitens unbedingten Gehorsam.

Dazu gehört der hierzulande kriminelle Aspekt: Die angebliche Investition für ihre lockende Zukunft müssen die Mädchen und Frauen mit ihrem Körper abarbeiten. Sie müssen in Deutschland und den Nachbarstaaten als Prostituierte arbeiten. Wenigstens so lange, bis sie zwischen 40.000 und 70.000 Euro vermeintlicher Schulden zurückgezahlt haben.

Dabei stehen sie unter gleich mehrfachem Zwang. Einerseits fordert die Familie ihren Geldanteil von der Ausgebeuten, die ihre wahre Tätigkeit allerdings ihren Eltern und Verwandten nicht offennbaren darf. Denn daheim lauert der Priester, der wiederum Kontakt zur Familie hält. Erfährt dieser „Hexer“ etwas, was ihm nicht passt (und auch zur „Madame“ hält er Kontakt), könnte er sich an dem „Pac“ vergreifen, über die Ferne also seinem Opfer zusetzen.

Das ist zwar naturwissenschaftlich Humbug. „Doch die Frauen glauben es, das ist das Tragische“, weiß Margit Forster. „Sie sehen sich von Krankheiten, vom Wahnsinn und dem Tod bedroht. Erste Anzeichen selbst einer Erkältung werden für die Folge des Zaubers gehalten.“ Das Gefühl steigere sich bis zur Todesangst.

All das werde von den „Madames“ gefördert. Deren Persönlichkeit sei oft gespalten: „Sie sind häufig selbst Prostituierte gewesen“, berichtet Helga Tauch. Sie ist in Duisburg die Solwodi-Leiterin für Nordrhein-Westfalen, betreut momentan Opfer im Alter zwischen 15 und 24 Jahren.

„Die Frauen klagen über Unterleibsbeschwerden und Schlaflosigkeit. Dabei gibt es medizinisch keinen Befund“. Solwodi versucht, das Selbstbewusstsein der Betroffenen zu stärken. „Wir versuchen es mit Sprachschulungen, Tanz, Therapien.“ Aber immer droht dabei ein bürokratisches Hindernis: Dürfen diese Frauen in Deutschland bleiben? Gute Zeuginnen gegen ihre Unterdrücker sind sie selten. Die meisten können, weil sie Analphabetinnen sind, den Ermittlern nicht einmal einen Straßennamen nennen. Selbst wenn sie wollten. Doch sie schworen Schweigen. (pbd)

Verantwortung übernehmen

Freier müssen Verantwortung übernehmen, so appelliert Helga Tauch von der Frauenhilfsorgisation Solwodi in Duisburg. Eine junge Frau in der Prostitution könnte Hilfe brauchen, sie könnte ein Opfer von Menschenhandel sein, wenn sie verängstigt ist oder weint, willenlos alle Kundenwünsche erfüllt, in verschlossenen Räumen arbeitet, wenig oder kein Deutsch spricht, minderjährig ist, das Geld für ihre Dienste nicht selbst in Empfang nimmt, nicht auf dem Gebrauch eines Kondoms besteht, der Körper Spuren von Misshandlungen aufweist.

Bei Gewalt gegen Frauen informiert das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium online.

Das Landeskriminalamt verzeichnet „erstmals 19 nigerianische Staatsangehörige als Opfer“, denen ein Schwur im Heimatland abverlangt wurde. Hintergründe oder eine Auflärungsquote sind momentan nicht bekannt. Freier, die Hinweise auf Zwangsprostituierte geben, bleiben nach Angaben des Landeskriminalamtes straffrei. (pbd)

Heilsbringer Vorratsdaten

Peter Hahne im ZDF, ein CSU-MdB in der Bild, die Polizei sowieso: Die Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung durch das Bundesverfassungsgericht ist für alle eine Katastrophe. Weil dadurch angeblich die Kriminalität nicht mehr wirksam bekämpft werden kann, schon gar nicht im Internet.

Ebay-Betrüger, so das Klagelied, können nicht ermittelt werden. Gleiches gilt für Phisher, Stalker, Identitätsdiebe, Social-Network-Clowns und für alles, was halt sonst noch so passiert im Bereich der „normalen“ Kriminalität. Sodom und Gomorrha sind nicht weit, könnte man meinen.

Vielleicht sollten jene, welche der Vorratsdatenspeicherung jetzt so publikumswirksam nachweinen, einfach mal das Urteil des Bundesverfassungsgerichts lesen. Da steht drin, dass eine Speicherung der Kommunikationsdaten für einen gewissen Zeitraum denkbar ist. Aber nur in engen Grenzen. Solch ein Gesetz wäre nur verfassungsgemäß, wenn die Datensicherheit gewährleistet ist und die Abfragen nicht für die Verfolgung von ebay-Betrügern, Phishern, Stalkern, Identitätsdieben und Social-Network-Clowns dienen.

Es bedarf vielmehr immer einer konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder einer gemeinen Gefahr. Bei der Strafverfolgung im engeren Sinn muss es sich um eine im Einzelfall „schwere“ Straftat handeln. Nur dann dürfte überhaupt auf Vorratsdaten zugegriffen werden.

Mit anderen Worten: Selbst wenn es eine Vorratsdatenspeicherung gäbe, dürften die Ermittler bei den weitaus meisten Delikten die Vorratsdaten nicht abrufen, auch wenn sie es gerne möchten. Denn dabei handelt es sich nicht um schwere Straftaten.

Die Wortführer befeuern eine Scheindiskussion. Ihre Motive sind durchsichtig. Sie wollen sich mit platten Forderungen profilieren. Dass sie in Wirklichkeit weltfremd argumentieren und verfassungswidrige Forderungen wiederholen, wissen sie vielleicht gar nicht. Oder sie nehmen es in Kauf. Wobei man sich durchaus fragen kann, was schlimmer ist.

Sozialsphäre

Aus dem Schreiben eines Landeskriminalamtes:

Schließlich ist die Speicherung Ihrer personenbezogenen Daten in der Datei INPOL-Fall „Kinderpornografie“ angemessen. … handelt es sich bei den gespeicherten Daten um Tatsachen, die weder der Privatsphäre noch der Intimsphäre zuzuordnen sind, sondern lediglich der Sozialsphäre.

Ich habe doch so meine Zweifel, dass die Katalogisierung als Kinderpornokonsument nur die Sozialsphäre betrifft. Zumal mein bislang nicht vorbestrafter Mandant von allen Tatvorwürfen freigesprochen wurde. Rechtskräftig.

Wir müssen wohl mal das Verwaltungsgericht behelligen.

Im Zweifel nicht da

Die Kostenrechnung war beachtlich. Sie enthielt überdies die Erschwerniszulage, welche ich bei absehbar nöligen Mandanten gleich unauffällig einrechne. Die monatlichen Abschläge des betreffenden Auftraggebers trafen auch pünktlich ein. Allerdings immer verbunden mit Anrufen, die ein Klagelied über das einfach verdiente Geld der Anwälte sangen.

Schließlich musste ich auch an die Gesundheit meiner Sekretärin denken, die sich das am Telefon anzuhören hatte. Ich machte also ein Angebot: Zahlen Sie 300,00 € auf einmal und wir erlassen Ihnen die weiteren 400,00 €, die noch offen wären. Im Vergleich zu den absehbaren Lohnfortzahlungskosten im Krankheitsfall war diese Offerte auch für uns ein Schnäppchen.

So was kann man eigentlich nicht abschlagen. Es sei denn, man hält sich für besonders pfiffig und – überweist 250,00 €. So wie der Mandant. Ich sage dann mal danke für die Sonderrate. Und fürchte das Gespräch, in dem wir darüber diskutieren, was jetzt noch offen ist. 50,00 €. Oder 450,00 €.

Im Zweifel bin ich sowieso nicht da. Soll das Sekretariat sich drum kümmern.

Zur Überprüfung der Erstattungsfähigkeit

Brief vom Amtsgericht Essen:

In der Strafsache gegen Bürger werden Sie gebeten, zu Ihrer Kostenrechnung vom 02.09.2010 die gefertigten Kopien zur Überprüfung der Erstattungsfähigkeit einzureichen.

Schon in meiner Abrechnung steht, dass ich die Akte komplett in dem Umfang kopiert habe, wie Sie mir übersandt wurde. Und dass ich der Meinung bin, für eine sachgerechte Verteidigung die gesamte Akte zu brauchen. Immerhin kann ja auch das unwichtigste Papier doch Bedeutung erlangen – sonst wäre es ja wohl auch kaum in die Akte gelangt. Wie dick die Gerichtsakte zu dem Zeitpunkt der Zusendung war, lässt sich unschwer feststellen, wenn man nach dem Absendevermerk sucht.

Wenn der Rechtspfleger also schon so kleinlich ist, kann er bereits jetzt problemlos jede Seite bis zu diesem Vermerk durchgehen und darüber sinnieren, ob ein ordentlich arbeitender Verteidiger die betreffende Seite wirklich gebraucht hätte. Wenn es ihm ein Glücksgefühl beschert, kann er von mir aus auch drei oder vier Seiten (erfahrungsgemäß sind es nicht mehr) rausstreichen und meine Vergütung um 60 bis 80 Cent kürzen.

Aber stattdessen soll ich die 166 Blätter zur Kontrolle übersenden. Mache ich jetzt auch.

Per Fax.