Nur ein Staatsanwalt

Zumal in der Weihnachtszeit gäbe es für den Wuppertaler Oberstaatsanwalt K. ein Geschenk – das er allerdings für eine Selbstverständlichkeit hält. Eine vermeintliche Belanglosigkeit ist es, die ihm bislang das Justizministerium versagt: die korrekte Amtsbezeichnung auf dem Dienstausweis. Ohne die wäre, beispielsweise, ein Hauptwachtmeister zwar ein Mensch mit Haupt, aber kein Meister der Wacht. Geschweige denn: einer ihrer Anführer.

Es geht also um den beruflichen Rang eines Menschen in einer Behörde, landläufig auch als Dienstgrad bekannt. Nun hat es allerdings der Landesregierung gefallen, dergleichen abzuschaffen. Korrekt: Es war der „Interministerielle Ausschuss für Organisationsfragen“, der diese Vorgabe für die neuen Dienstausweise gemacht hat.

Die Umstellung läuft auf Hochtouren, sie soll bis zum Ende nächsten Jahres abgeschlossen sein. Mittendrin traf es nun den Herrn K. – er ist einer von rund 14.700 in der Justiz, für die es einen dieser neuen Dienstausweis (zum Anschaffungspreis von je 3,10 Euro) gibt.

Allerdings nennt der Ausweis nur die „Funktionsbezeichnung“. Herr K. ist, folgerichtig, auf dem Ausweis kein Oberstaatsanwalt. Sondern gemäß seiner Funktion nur „Staatsanwalt“. So was fuchst ihn; er ärgert sich, fühlt sich nahezu entehrt. So sehr, dass er sich, soweit bekannt als einziger Justinzangehäriger bisher, bis hin zum Justizministerium beschwerte.

Vergeblich.

Wie steht er nun da, der Herr Ober, wenn er sich dann mal ausweist, ohne sein „Ober“? Ihm kann geholfen werden. Ein Blick auf die Rückseite des Ausweises bietet möglichen Trost. Da steht „Es wird ersucht, … dem Inhaber/der Inhaberin notfalls Schutz und Hilfe zu gewähren.“ (pbd)

Frohe Weihnachten

Ich wünsche allen Lesern des law blog frohe Weihnachten und erholsame Festtage.

Nur zur Erinnerung. Wir sind momentan im Urlaubsmodus; regulär geht es ab dem 4. Januar 2011 weiter.

Ex-Jugoslawen fragen nach Asyl

Sie kommen, frei von jeder Visumpflicht, in Gruppen aus Serbien und Mazedonien. Bürger aus diesen Ländern reisen in Bussen an – vorgeblich zu Besuch am Niederrhein und in Düsseldorf. Doch hier angekommen, ersuchen sie um Asyl und versuchen auch, sich dieses Recht auf juristischem Weg zu erstreiten. Am Verwaltungsgericht Düsseldorf sind Verfahren mit Bezug auf diese Herkunftsländer in den vergangenen sieben Monaten „explosionsartig angestiegen“.

Während im Mai die Verwaltungsrichter noch mit 20 neuen Asylverfahren beschäftigt waren, kamen im vorigen Monat 240 solcher Klagen gegen ablehnende Entscheide des Bundesamtes für Flüchtling rein.

„Wir mussten“, erklärt Behördensprecher Gerd-Ulrich Kapteina, „die zuständigen Kammern von einer auf drei aufstocken.“ Die Klagen selbst blieben letztlich meist erfolglos, auch weil sich die Sicherheitslage in den Herkunftsländern gebesssert habe.

Weil nun auch seit drei Tagen die Visumspflicht für Besucher aus Bosnien-Herzegowina und Albanien abgeschafft worden ist, könne sich die Belastung des Verwaltungsgerichts noch verschärfen. (pbd)

Beamter leidet an Frauenbild

Die E-Mail eines Dienstvorgesetzten hat bei einem Beamten einer Landesbehörde „krankhafte Gedanken und Impulse“ ausgelöst. Diese Mail zeigte im Anhang freizügige Fotos von Frauen „in anstößiger Art und Weise“. Der Vorgesetzte hatte die Mail als eine Art „Kettenbrief“ an seine Untergebenen geschickt.

Die Mail führte bei dem Beamten laut Feststellung seiner Ärzte zu Gefühlen und Vorstellungen, die vom ihm als unsinnig, übertrieben oder quälend erlebt werden. Sie führten, so jedenfalls ein medizinisches Gutachten, „regelhaft zu deutlicher Beeinträchtigung in den Alltagsfunktionen“.

Die Krankheit sei „sehr schambesetzt, quälend und immer wieder von Zweifeln bestimmt“. Aufgrund dieser Störungen klagte der Beamte gegen das Land Nordrhein-Westfalen und bekam Zustimmung vom Verwaltungsgericht Düsseldorf (AZ: 23 K 5235/07). Die E-Mail des Vorgesetzten habe eine Erkrankung ausgelöst, die als Dienstunfall zu werten sei.

Für die Behandlungskosten und Spätfolgen hafte demnach der Staat. (pbd)

Angeklagter redet 14 Stunden

Das dürfte eines der längsten letzten Worte gewesen sein, die je ein Angeklagter vor einem deutschen Gericht gesprochen hat. 14 Stunden redete ein Angeklagter in Freiburg – wohl aus Angst vor dem anschließenden Urteil.

Wie die Südwest Presse berichtet, war das Gericht wohl sehr geduldig. Wahrscheinlich, um sich keinen Revisionsgrund einzuhandeln, denn das letzte Wort des Angeklagten ist wichtig im Strafprozess.

Genutzt hat es dem Angeklagten aber letztlich wohl nicht. Er wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Ob das Urteil ohne sein extrem langes Schlusswort günstiger ausgefallen wäre, ist nicht bekannt.

(Danke an @farbenstau für den Link)

Getrennt von Mann und Hund

Vom Ehemann lebt sie getrennt, doch vom Hund will die Frau nicht lassen. Sie will mit ihm wenigstens zweimal die Woche jeweils vier Stunden lang Gassi gehen – und so den zweieinhalb Jahre alten Vierbeiner, wie das juristisch heisst, „nutzen“.

Doch dazu hat sie nach Auffassung der Gerichte kein Recht. Und bekommt genau deswegen auch keine Prozesskostenhilfe mit der sie eventuell ein Verfahren zu diesem Thema hätte finanzieren können. Schon im Grundsatz hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) somit alle Wünsche der Dortmunderin erstickt. Die meinte, der bei ihrem Mann lebende Hund gehöre zum „Hausrat“, auf den sie – gesetzlich untermauert – einen „zeitlich begrenzten“ Anspruch habe.

Das hatte schon das Amtsgericht Dortmund verneint. Dieser Ansicht folgte nun auch der 10. Senat für Familiensachen beim OLG (AZ: II-10 WF 240/10). Der während der Ehezeit angeschaffte Hund bleibt damit, wie es vereinbart gewesen sei, nach der Trennung beim Ehemann. Der muss ihn auch nicht für Stunden herausgeben.

Einerseits gehe es beim Hund nicht, wie etwa bei einem Kind, um „die Befriedigung“ von Gefühlen und damit „um das Wohl“ des Betreffenden. Andererseits könne, rein rechtlich gesehen, der Hund zwar zum „Hausrat“ gehören – der sei aber zwischen Frau und Mann doch schon aufgeteilt gewesen.

Da komme eine nachträgliche „Nutzung eines Hausratsgegenstandes“ auch für ein paar Stunden in der Woche nicht infrage. Bevor sich der Senat mit seiner vierseitigen, kühlen Auslegung aller Vorschriften den Vorwurf einer gewissen Herzlosigkeit aussetzt, gelingt ihm zum Schluss noch eine naheliegende Weisheit: Dem Paar bleibe es ja losgelöst von der Gerichtsentscheidung unbenommen, im Interesse des Tieres noch eine Vereinbarung zu treffen. (pbd)

Ausweiskontrolle ja, aber nicht auf dem Revier

Die Polizei darf einen Bürger, der sich mit einem gültigen Personalausweis ausweist, an dessen Echtheit keine konkreten Zweifel bestehen, nicht für eine Personenfeststellung auf das Polizeirevier mitnehmen und dort vorübergehend festhalten. Das hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg entschieden.

Die Richter gaben damit der Berufung einer Freiburger Stadträtin statt, die sich gegen ihre Mitnahme auf die Polizeiwache wehrte. Das Verwaltungsgericht Freiburg hatte die Maßnahme noch für rechtmäßig angesehen.

Die Stadträtin war in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai in einer Gegend angetroffen worden, in der ein widerrechtliches Feuer angezündet und und mit Bierflaschen auf Polizisten geworfen worden sei. Wegen der Dunkelheit und des regen Kommens und Gehens im Bereich der Feuerstelle sei nicht klar gewesen, wie lange sich die Klägerin bereits am Feuer befunden habe und ob sie zu den Verantwortlichen für die Störungen gehörte. Die Polizei habe sie als „Anscheinsstörerin“ ansehen können, zumal sie eine Bierflasche in der Hand gehalten habe. Deshalb habe auch ihr Personalausweis kontrolliert werden dürfen.

Die Mitnahme der Frau auf das Polizeirevier und das Festhalten dort sei jedoch rechtswidrig gewesen. Die das Recht auf Freiheit der Person einschränkende „Sistierung“ sei nur zulässig, wenn die Identität sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden könne. Der mit der Sistierung verbundene Eingriff in die persönliche Freiheit dürfe nur erfolgen, wenn dies zur Feststellung der Identität unerlässlich sei.

Hier folge die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt sei. Die Klägerin habe den Polizeibeamten ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen eine Fälschung oder sonstige Unstimmigkeiten hätten nicht vorgelegen. Damit habe die Klägerin ihre Identität zweifelsfrei belegen können.

Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung sei daher nicht erforderlich gewesen. Selbst wenn ein Datenabgleich erforderlich gewesen wäre, hätte dieser an Ort und Stelle stattfinden müssen. Das Polizeigesetz gebe den Beamten in diesem Fall nämlich nur ein Anhalterecht.

(Urteil vom 14. Dezember 2010, Aktenzeichen 1 S 338/10)

Abmeldung

Aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass ich nun sieben Monate am Stück in dieses Blog geschrieben habe. Die sonst übliche Urlaubspause im Spätsommer fiel aus. Wenigstens gab es für diese Selbstkasteiung keinen triftigen, womöglich noch unangenehmen Grund.

Nun ist es aber wieder so weit. Wenn der Winter nicht zu unerbittlich zuschlägt, werde ich in Kürze auf dem Weg in deutlich sonnigere Gefilde sein. Ob und was bis zum Jahreswechsel hier im Blog erscheint, kann ich derzeit noch nicht absehen. Ich werde mich auf jeden Fall melden, wenn mir was Berichtenswertes auffällt oder ich tatsächlich mal den Mut habe, eine komplette Mahlzeit mit gerösteten Heuschrecken und frittierten Maden zu gestalten.

Ich wünsche allen Lesern zunächst mal möglichst wenig vorweihnachtlichen Stress. Ab dem 4. Januar 2011 geht es im law blog in gewohnter Weise weiter.

Massenfreisprüche, die Begründung

Mit Massenfreisprüchen mutmaßlicher Temposünder sorgt ein Herforder Amtsrichter für Aufsehen. Jetzt ist eines der ersten Urteile veröffentlicht worden (PDF). Im wesentlichen hat der Richter zwei Argumente:

1. Es gibt nach wie vor keine Ermächtigungsgrundlage für Blitzerfotos.

Aus Sicht eines Betroffenen stellt sich die Anwendung dieses „Terroristenparagraphen“ jedoch als justizpolitische Katastrophe dar. Es dürfte einem normalen Kraftfahrer nicht zu vermitteln sein, dass er bezüglich der Anfertigung von Bildaufnahmen auf die gleiche Stufe wie ein Schwerverbrecher gestellt wird.

2. Tempomessungen sind nur an Gefahrenstellen zulässig. In Wirklichkeit wird meist nur noch wegen des Geldes geblitzt.

Das erkennende Gericht hat in den letzten Jahrzehnten bisher kein einziges Mal erlebt, dass eine Bußgeldbehörde irgendwelche Überlegungen zum Grund und
Anlass der Geschwindigkeitsüberschreitung aktenkundig gemacht hat. Wenn
insoweit Polizeibeamte oder die Messbeamten der Kommunalbehörden als Zeugen befragt wurden, kamen stets vage Auskünfte, es gebe dort einen „Unfallschwerpunkt“. Konkrete Einzelheiten dazu konnten die Zeugen jedoch niemals benennen.

(Danke an Dietz V. für den Hinweis)

Olaf Tank beendet Abzockmandate

Der berüchtigte Inkasso-Anwalt Olaf Tank ist nicht mehr für seine prominentesten Mandanten tätig. Er hat nach eigenen Angaben die Mandate für die Redcio OHG, die Content Services Ltd. und die Antassia GmbH niedergelegt. Bei allen Firmen handelt es sich um emsig tätige Anbieter von sogenannten Abofallen.

Den Ausstieg Tanks bestätigt die Anwaltskanzlei selbst, unter anderem über die auf der Homepage Forderungseinzug.de angegebene Telefonnummer. Der Anschluss gehört zur Kanzlei Tanks in Osnabrück. Dort kommt, wovon ich mich gerade selbst überzeugt habe, eine Ansage, dass Olaf Tank für die Internetabzocker nicht mehr tätig ist. Anrufer sollen sich direkt an den Kundensupport der jeweiligen Mandanten wenden.

Erst vor kurzem wurden immer mehr Urteile bekannt, die Tank persönlich zur Übernahme von Anwaltskosten der Abzockopfer verurteilten. Die Gerichte gingen dabei davon aus, dass der Jurist sehr gut weiß, dass die Abofallenabzocker keinen juristisch durchsetzbaren Anspruch auf ihre angebliche Vergütung haben. Dies sei Beihilfe zum Betrug, so dass Tank selbst neben seinen Mandanten schadensersatzpflichtig ist.

Gegen den Osnabrücker Anwalt sollen nach Presseberichten über 4.000 Strafanzeigen vorliegen.

Ob die betroffenen Firmen schon andere Anwälte am Start haben, ist noch nicht bekannt.

Programmhinweis

Ich muss morgen für einen Samstag etwas früher aufstehen. Ab 11 Uhr bin ich zu Gast bei DRadio Wissen in Köln. In der Sendung „Online Talk“ plaudere ich eine knappe Stunde mit Michael Gessat und Andreas Noll über aktuelle Themen aus der Netzwelt.

Vorranging geht es um WikiLeaks, dann vielleicht noch über Sinn und Unsinn des neuen Jugendschutzes fürs Internet. Außerdem stelle ich ein paar meiner jugendfreien Lieblingslinks vor.

Nähere Infos hier.

Mannheimer Programm

Das Landgericht Mannheim hat etliche neue Verhandlungstermine im Verfahren gegen Jörg Kachelmann anberaumt. Sehr schön finde ich, dass zumindest die Pressestelle mittlerweile das Verfahren richtig bewertet und das unbestreitbare Showelement durch feine Nuancen in der Wortwahl herausstellt:

Über den Fortgang des Verfahrens – insbesondere zum beabsichtigten Programm an den einzelnen Hauptverhandlungstagen – werden Sie wie bisher rechtzeitig im Rahmen schriftlicher Pressemitteilungen unterrichtet werden.

Boy, do we need it now!

(Danke an Hans A. für den Hinweis)