Schwarze Schafe

„Der Fußgänger hatte keine Ahnung, in welche Richtung er gehen sollte, also überfuhr ich ihn.“

„Außerdem bin ich vor meinem ersten Unfall und nach meinem letzten unfallfrei gefahren.“

Die Bußgeldstelle des Regierungspräsidiums Kassel hat kuriosen Schriftverkehr mit Verkehrssündern, aber auch mit Rechtsanwälten veröffentlicht. Ganz besonders gefällt mir dieses kreative Schuldeingeständnis:

Hier geht es zu den gesammelten Stilblüten.

Karate für Staatsanwälte

Eine Kampfsportgruppe in der Staatsanwaltschaft Wuppertal soll Kollegen vor Gewalttaten schützen. „Wir sind öfters mit dem Tode bedroht worden“, rechtfertigt Oberstaatsanwalt Wolf-Tilmann Baumert die derzeit laufende Schulung.

18 Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft lernen in einem Wuppertaler Instititut, das auf seiner Homepage „moderne und praxisorientierte Fortbildung“ verspricht – allerdings vorrangig für die Bereiche Software, Betriebswirtschaft, Recht und Medien. Nun steht also auch Karate auf dem Lehrplan für Staatsanwälte, Rechtspfleger und Justizwachtmeister. Sie sollen am Ende „eskalierende Begegnungen“ bewältigen können.

Etwa jene, bei der kürzlich ein Mann, der eine Geldstrafe nicht zahlen wollte oder konnte, im Gebäude der Staatsanwaltschaft randaliert hatte. „Wenn sich unser Konzept bewährt“, sagt der Behördensprecher, „geht eine neue Gruppe ins Training.“

Allerdings könnte die Politik noch bremsen. Die Liberalen haben die Kampfsportgruppe auf die Tagesordnung des Rechtsausschusses im Landtag gesetzt, der morgen tagt. Es gibt Befürchtungen, dass eher für die Schreibtischarbeit ausgebildete Beamte ihre Zusatzqualifikation überschätzen und so sich und andere unnötig in Gefahr bringen können. Eine funktionierende Security oder gar Polizeischutz seien womöglich die bessere Lösung. (pbd)

Wenn man denn will

Meine Mandantin sitzt in Abschiebehaft. Die Haftdauer hatte das Amtsgericht Neuss zunächst auf drei Monate beschränkt. Das ist gesetzlich auch so vorgesehen. Wie zu erwarten, beantragte die Ausländerbehörde, die Haft um weitere drei Monate zu verlängern. Auch das ist möglich.

Vor der Entscheidung muss das Gericht die Betroffene persönlich anhören. Und dazu auch ihren Anwalt laden. So sandte mir das Amtsgericht Neuss gestern, am 22. November, die Ladung zum Anhörungstermin. Das Fax kam um 15.27 Uhr an.

Termin der Anhörung: Heute, 23. November, um 10.30 Uhr.

Ich war gestern nachmittag unterwegs, so dass ich von der Ladung nur telefonisch erfuhr. Wenig überraschend dürfte sein, dass ich für den heutigen Vormittag auch schon andere Gerichtstermine hatte. Die ließen sich auch nicht mehr verschieben. Schon deswegen, weil so „spät“ am Nachmittag normalerweise kein Richter mehr erreichbar ist.

Wie übrigens auch der für die Abschiebungssache zuständige Richter am Amtsgericht in Neuss, dem ich gesten nachmittag gern gesagt hätte, was ich – und auch das Gesetz – von solchen Zeitfenstern halten. Nicht mal heute morgen ging dort jemand ans Telefon.

Aber immerhin fand die Anhörung statt, ungerührt von meiner Abwesenheit. Die Haft wurde um drei Monate verlängert. Woher ich das weiß? Den Verlängerungsbeschluss hat mir das Gericht schon knapp zwei Stunden nach der Anhörung gefaxt. Was ja zeigt, dass es auch schneller geht – wenn man denn will.

Aus dem Posteingang

Hallo Herr Vetter,

ich lese schon lange Ihr Blog und wollte mich einfach mal mit einer Frage an Sie wenden, die vielleicht sogar ggfs. in ihrem Blog zur Diskussion gestellt werden könnte.

In meiner unmittelbaren Nachbarschaft ist der Sexualverbrecher Hans Peter H. aus M. eingezogen, genauer gesagt direkt in der Straße. Neben mehreren Demos die hier jetzt wohl jeden Abend starten werden, suchen wir als Eltern einen Weg ihn hier wieder loszuwerden.

Ich bin Vater von zwei Töchtern und habe ehrlich gesagt keine Lust meinen Kindern und mir das Leben von ihm hier weiter vermiesen zu lassen.

Die Frage ist nun was wir auf rechtlicher Ebene alles machen können.

Meine Idee war es schon das ich die Ladengeschäfte hier in der Gegend anspreche ob sie von ihrem Hausrecht gebrauch machen und diesem Menschen einfach Hausverbot erteilen. Aber ist so was rechtens? Oder fällt das schon in den Bereich der Verleumdung?

Ich würde mich freuen von Ihnen zu hören

Mit freundlichen Grüßen N.K.

Britische Filesharing-Anwälte unter Druck

Das Geschäft mit den Filesharing-Abmahnungen ist keine rein deutsche Masche. Doch in England ist das Geschäftsmodell nicht nur ein Quell der Freude für die beteiligten Anwälte. Eine britische Kanzlei muss sich jetzt sogar vor der Aufsichtsbehörde verantworten. Der Vorwurf: Die Anwälte hätten Schadensersatz-Zahlungen verlangt, obwohl ihnen der fragliche Wert des „Beweismaterials“ bekannt gewesen sei.

Konkret geht es um die von Providern gelieferten IP-Adressen von Internetanschlüssen, die wegen Filesharings aufgefallen sein sollen. Die bei der Feststellung verwendeten Methoden scheint die Solicitors Regulation Authority (SRA) nicht für sonderlich zuverlässig zu halten, berichtet The Register.

So komme es vor, dass IP-Adressen wegen automatischer Verbindungstrennungen falsch zugeordnet würden. Den britischen Anwälten wird weiter zur Last gelegt, sie hätten darüber hinweggesehen, dass nicht notwendigerweise der Anschlussinhaber selbst die Urheberrechtsverletzung begeht. Dies sei auch über lückenhaft gesicherte WLANs oder durch eigenmächtig handelnde Mitnutzer möglich.

Solche Probleme sollen die britischen Anwälte ignoriert haben. Damit hätten sie wissentlich auch potenziell „Unschuldige“ angeschrieben und Forderungen geltend gemacht, was nach britischem Recht ein Berufsvergehen sein kann.

Sicher werden sich viele solche Schritte auch gegen deutsche Abmahnanwälte wünschen. Das ist aber nicht sehr wahrscheinlich, denn die rechtlichen Voraussetzungen sind anders als in England. Bei uns ist der Anschlussinhaber schneller mit im Boot, selbst wenn er selbst keine Urheberrechte verletzt hat. Die „Störerhaftung“ macht’s möglich. Auch sind in Deutschland die Grenzen höher, bis zu denen ein Anwalt auf die Angaben seines Auftraggebers „vertrauen“ darf.

Was letztlich interessant sein wird, sind die technischen Fehlerquellen. Auch hier scheinen die Briten sensibler zu sein. Die Problematik falsch zugeordneter IP-Adressen oder unsorgfältig abgeglichener Hashwerte wird bei uns gerne verniedlicht. Vielleicht bedarf es da wirklich mal eines wirklich tiefergehenden Gutachtens, um die Behauptungen der Rechteinhaber zu entkräften. Die behaupten nämlich immer gern, ihre Überwachungsfirmen machten keine Fehler. Das dürfte zu einem guten Teil hochgestapelt sein. Dass es zu Ungereimtheiten kommt, ist nämlich mittlerweile sogar schon Gerichten aufgefallen.

Wir haben keine Angst!

Gefährlicher als es ein Terroranschlag für unseren Staat jemals sein könnte, sind überaktive Politiker. Sie wollen im Windschatten einer vermeintlichen oder realen Terrorbedrohung unsere Freiheitsrechte beschneiden, Überwachungsstrukturen schaffen und ganze Bevölkerungsgruppen unter Pauschalverdacht stellen.

Geben wir der Angst nach, haben die Terroristen gesiegt. Das gönnen wir ihnen nicht!

Daher rufen wir allen politischen Entscheidungsträgern zu: Wir haben keine Angst!

Und wir sagen das auch laut – bitte hier.

Bomberman, die 4.

Mit einem Freispruch endete heute die vierte Runde eines Strafverfahrens, in dem es um diese Abbildung ging:

Mit dem Männchen namens Bomberman hatte das Portal bo-alternativ.de einen Artikel illustriert, in dem gegen eine NPD-Demonstration aufgerufen wurde. Die Staatsanwaltschaft sah in dem Bild eine öffentliche Aufforderung zu Straftaten und klagte den Seitenbetreiber an. Der 60-Jährige wurde zunächst freigesprochen, dann nach Rechtsmitteln verurteilt. Nun hatte das Landgericht Bochum zu entscheiden.

Die Richter sahen es nicht als erwiesen an, dass der Seitenbetreiber vorsätzlich gehandelt habe. Ihm sei nicht nachzuweisen, dass er tatsächlich zu Gewalt aufrufen wollte. Auf die Frage, ob man die auf dem Bild gezeigte Torte in eine Bombe uminterpretieren kann und darf, kam es deshalb gar nicht an.

Das muss nicht das letzte Wort in der Sache gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft kann noch Revision einlegen.

Der Westen berichtet

Links 571

„Wenn wir aber die Anschläge als Unfälle ansehen würden dann stellt sich heraus, dass die Terroristen uns gar nichts anhaben können“

„Over the last three months, despite numerous demands, neither Mr. Assange, nor his legal counsel has received a single word in writing from the Swedish authorities“

Nacktscanner: „Nein, natürlich speichern wir die Bilder nicht.“

Folter- und Misshandlungsvorwürfe gegen Griechenland

„I’ve read enough academic material to know that I’m not the only bullshit artist out there“

Wholetrainbombing / Direkter Youtube-Link

Erheblicher Lästigkeitsfaktor

Der Billigflieger Germanwings darf Kunden nicht mit aufgeblähten Antragsformularen und Gebühren davor abschrecken, eine Erstattung von Steuern und Flughafengebühren zu fordern. Das hat das Landgericht Köln entschieden. Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Die Rechtslage ist eindeutig: Tritt ein Kunde seinen gebuchten Flug nicht an, muss die Fluggesellschaft die im Voraus gezahlten Steuern und Flughafengebühren erstatten. Denn diese Kosten fallen gar nicht an, wenn der Kunde nicht mitfliegt.

Leider erstattet kaum eine Fluggesellschaft Steuern und Gebühren freiwillig. Verbraucher müssen deshalb das Geld zurückfordern. Germanwings machte daraus aus Sicht der Verbraucherzentralen eine Geduldsprobe. „Der Billigflieger schikanierte seine Kunden mit einem besonders umständlichen Erstattungsverfahren und unzumutbaren Formularen“, erklärt vzbv-Rechtsexpertin Kerstin Hoppe.

Den siebenseitigen (!) Erstattungsantrag sollten sich Kunden aus dem Internet herunterladen, ausdrucken, per Hand ausfüllen und ungeknickt mit sämtlichen Original-Reiseunterlagen per Post an die Airline schicken. Germanwings empfahl zu diesem Zweck außerdem ein teures Einschreiben mit Rückschein.

Im Formular verlangte Germanwings detaillierte und größtenteils überflüssige Angaben zu allen mitreisenden Personen: neben Anschrift, Telefon-, Handy- und Fax-Nummer zum Beispiel Sitzplatz, Sitzreihe, die Anzahl der aufgegebenen Gepäckstücke und die Versicherungsnummer einer eventuell abgeschlossenen Reiserücktrittsversicherung.

Insgesamt wollte Germanwings mehr als 50 Angaben pro Person. Das Formular musste vollständig ausgefüllt und zudem noch von allen Mitreisenden unterzeichnet werden.

Nach Auffassung des Landgerichts Köln ist dieses Verhalten wettbewerbswidrig. Die Gestaltung des Formulars stelle einen „erheblichen Lästigkeitsfaktor“ dar. Die Vielzahl der Erfordernisse sei ein belastendes, unverhältnismäßiges Hindernis für den Verbraucher, der seine Rechte gelten machen möchte. Germanwings wollte überdies 5,50 Euro Bearbeitungsgebühr pro Person. Da es oft nur um einen Erstattungsbetrag von 20 Euro oder weniger geht, dürften viele Kunden entnervt auf ihr Geld verzichtet haben.

Damit könnte nach dem Urteil des Landgerichts Köln jetzt Schluss sein. Die Richter untersagten Germanwings, die strittigen Formulare und die Gebührenklausel weiter zu verwenden. Germanwings kann allerdings noch Rechtsmittel einlegen.

Urteil des LG Köln vom 28.10.2010, Aktenzeichen 31 O 76/10

Wird überdacht werden

Der Staatsanwalt ist angepisst. Ich habe es gewagt, gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts Einspruch einzulegen. Zu allem Überfluss habe ich den Einspruch auch noch begründet und Schritt für Schritt dargelegt, warum mein Mandant sich nicht strafbar gemacht hat. Oder ihm eine Straftat zumindest nicht nachzuweisen ist.

Die Argumente haben den Richter immerhin veranlasst, eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft einzuholen. Die vorgeschlagene Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld lehnt der Anklagevertreter jedoch brüsk ab. Stattdessen holt er, ohne Argumente in der Sache, zum Gegenschlag aus:

Bei näherer Betrachtung war es zum vorliegenden Fall schon kaum vertretbar, im Strafbefehlsantrag nur die Mindeststrafe zu verhängen. Dies wird mit Sicherheit in der anzuberaumenden Hauptverhandlung überdacht werden.

Was sagt uns das?

Zunächst staune ich über das offene Eingeständnis, dass der Ankläger bislang offenbar nicht so genau in die Akte geschaut oder dabei zumindest nicht genug verstanden hat. Auch wenn ich nicht so ganz sehe, wie eine nähere Betrachtung ausgerechnet dazu führen soll, dass mein Mandant (noch) härter zu bestrafen ist. So schlecht sind meine Argumente nun auch wieder nicht.

Wobei sich das auch daran zeigt, dass offen gedroht wird: Es könnte ja noch schlimmer kommen. Das ist nach dem Buchstaben des Gesetzes zwar richtig; in der Hauptverhandlung ist das Gericht nicht mehr an den Strafbefehl gebunden. Andererseits kommt die Drohung von eben jenem Staatsanwalt, der den Strafbefehl für das Gericht erst vor kurzem vorformuliert hat. Was ja nichts anderes heißt, als dass sein eigener Vorschlag dann „mit Sicherheit“ Schrott gewesen wäre.

Insgesamt also eine inhaltsleere Drohgebärde. Das ist ziemlich unprofessionell. Ich werde mich gerne daran erinnern, wenn mir mal wieder vorgeworfen wird, Verteidiger würden nur tricksen, tarnen und täuschen. Offensichtlich sind wir damit zumindest nicht allein.

Der treuherzige Chef

Der Kunde wollte mit der EC-Karte zahlen. Kein Problem für meinen Mandanten. Er gab den Vorgang erst in die Kasse ein, druckte den Bon über knapp 500 Euro. Dann zog er die Karte durchs Lesegerät. Das Lesegerät funktionierte leider nicht.

Bargeld hatte der Kunde nicht genug dabei. Den Einkauf wollte er natürlich trotzdem mitnehmen. Wiederum kein Problem für meinen Mandanten. Er war damit einverstanden, dass der Kunde den Kaufpreis in den nächsten Tagen überweist. Der Kunde sagte das zu. Er schrieb sich auch die Kontonummer des Geschäfts auf.

Einer Mitarbeiterin, die im Nebenraum saß, kam die Großzügigkeit ihres Chefs gleich spanisch vor. Sie notierte die Autonummer des Kunden, als dieser vom Parkplatz fuhr. Mit ihrem Gefühl lag sie richtig. Das Geld kam nämlich nicht. Auf die dritte Mahnung reagierte der Kunde. Die Forderung könne er ja nun gar nicht nachvollziehen, siehe Anlage.

Tja, dem Schreiben war tatsächlich was beigefügt. Eine Kopie des Kassenzettels. Mein Mandant nimmt an, dass er den Bon auf den Tresen gelegt hat, als er die EC-Karte durchs Lesegerät zog. Und dass der Kunde sich den Bon schon mal eingesteckt hat.

Nun ja, der Kunde hat eine Art halber Quittung. Wir die Zeugenaussage der Mitarbeiterin.

Ich werde bei Gelegenheit verraten, wer gewinnt.

Pony bleibt untätowiert

Was sich Menschen (freiwillig) antun, kann bei Tieren verboten grausam sein. Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Münster einem Tierhalter untersagt, seinem Pony eine Rolling-Stones-Zunge auf den Körper zu tätowieren. Die Entscheidung erging im Eilverfahren; der Besitzer hatte schon den rechten hinteren Oberschenkel des Tieres rasiert und die Motivvorlage aufgemalt.

Die Tätowierung eines warmblütigen Wirbeltieres verstößt nach Auffassung der Richter gegen das Tierschutzgesetz. Dieses verbiete es grundsätzlich, einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen zuzufügen.

Auch wenn Tätowierungen am Menschen im Regelfall ohne Betäubung erfolgten, bedeute dies nicht, dass der mit derartigen Eingriffen in die Haut verbundene Schmerz bei einem Tier zu vernachlässigen sei. Bei der Frage nach der Vergleichbarkeit müssten sowohl die physiologischen Eigenschaften des Tieres wie auch seine Angst und seine Unfähigkeit, den Sinn des Schmerzes einzusehen und dessen zeitliche Dimensionen abzuschätzen, bedacht werden.

Im Gegensatz zu einem Tier könnten sich Menschen auf die mit einer Tätowierung verbundenen Schmerzen einstellen. Anders als ein Tier könnten sie die Prozedur jederzeit unter- oder gar abbrechen. Das Tier sei jedoch dem Willen des Tätowierers unterworfen.

Das erklärte Motiv des Antragstellers, „sein Pferd individuell verschönern“ zu lassen, sei kein vernünftiger Grund im Sinne des Gesetzes. Die Tätowierung diene hier nicht einer Kennzeichnung des Ponys, sondern allein einem individuellen und wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers. Der Ponybesitzer wollte nämlich mit einem „Tattooservice für Tiere“ Geld verdienen. Dieses Interesse sei auch nicht grundrechtlich geschützt.

Verwaltungsgericht Münster, Beschluss vom 4. Oktober 2010, Aktenzeichen 1 L 481/10

Anwälte machen nicht nur Fehler

Gerichte fahren mitunter eine Arbeitsvermeidungsstrategie. Für diesen Erfolg wird auch gern mal das Prozessrecht entsprechend der eigenen Interessenlage strapaziert. Die Grenze des Erträglichen hat dabei das Oberlandesgericht Braunschweig überschritten. Dafür müssen sich die Richter vom Bundesgerichtshof mit deutlichen Worten rüffeln lassen.

Ein Zivilsenat des Oberlandesgerichts hatte das Rechtsmittel eines Anwalts für eine Firma als unzulässig verworfen, weil der Jurist in der Ich-Form geschrieben hatte. Anlass hierfür war der Umstand, dass der Anwalt selbst ebenfalls an dem Verfahren beteiligt war; er hatte aus formalen Gründen Kosten aufgebrummt erhalten. Aus der Formulierung „lege ich Einspruch ein“ lasen die Richter, der Anwalt wolle nur für sich das Rechtsmittel erheben, nicht aber für die von ihm vertretene Firma.

Dazu der Bundesgerichtshof:

Die Auslegung von Prozesshandlungen … orientiert sich an dem Grundsatz, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse entspricht, wobei nicht unter allen Umständen am buchstäblichen Sinn der Wortwahl einer Partei festzuhalten ist.

Dem trage das Gericht nicht nur keine Rechnung, sondern es unterstelle dem Anwalt sogar Fehler, die bei vernünftiger Betrachtung gar nicht vorlägen.

Die Braunschweiger Juristen hatten sich nämlich nicht nur an der Ich-Form hochgezogen, sondern mussten dem Anwalt auch noch unterstellen, er habe das Rechtsmittel, das er angeblich nur für sich einlegen wollte, sogar falsch bezeichnet. Der Einspruch passte nämlich nur für die Firma; der Anwalt selbst hätte Beschwerde einlegen müssen.

Dazu der Bundesgerichtshof:

Das in diesem Zusammenhang geäußerte Argument des Berufungsge-
richts, auch Rechtsanwälten könnten bei der Formulierung von Rechtsmit-
teln/Rechtsbehelfen Fehler unterlaufen, macht die Ausnahme zur Regel.

Da Anwälte (manchmal) auch was richtig machen, muss der Fall neu verhandelt werden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. Oktober 2010 – VI ZR 257/08