Wenn es Streit um Onlineveröffentlichungen gibt, klagen Anwälte gern am Sitz ihrer Kanzlei. Noch lieber aber bei einem Gericht, das für genehme Urteile bekannt ist. Wo auch immer der Rechtsstreit landet – der Ort des Gerichts hat mit den Parteien des Rechtsstreits oft gar nichts zu tun. Insbesondere wohnen dort weder Kläger noch Beklagter. Aber da das Internet auch dort empfangbar ist, besteht halt eine Zuständigkeit.
Das ist der fliegende Gerichtsstand. Ein Segen für Medienanwälte auf der Klägerseite, ein Fluch für die restlichen Betroffenen. Die hätten es natürlich lieber, wenn das Gericht am Wohnsitz des Beklagten zuständig wäre. Das ist an sich kein überzogener Wunsch. Auch für fast alle anderen Konstellationen gilt: Der Prozess findet am Wohnsitz des Beklagten statt.
Auch Richter fühlen sich mit dem Schindluder, welchen der fliegende Gerichtsstand bei Streitigkeiten mit Internetbezug ermöglicht, nicht wohl; manchmal wagen sie Protest. Wie jetzt das Amtsgericht Berlin Charlottenburg. Es wies die Klage eines in NRW wohnenden Künstlers gegen den Provider 1 & 1 (Sitz: Montabaur) ab, weil es nur einen Bezugspunkt zu Berlin erkennen konnte: Der Klägeranwalt hat dort seine Kanzlei.
Die interessant begründete Entscheidung ist hier als PDF abrufbar und wird im 1 & 1 – Blog näher vorgestellt.
Die weitaus meisten höheren Gerichte stehen allerdings nach wie vor zum fliegenden Gerichtsstand. Es wäre deshalb eine Überraschung, wenn die Entscheidung das Berufungsverfahren überlebt.