„Das ist so, als ob ein Pastor einen Puff hat“

Die Internetseite begrüßt Besucher mit dem Foto einer Automatikwaffe. Die Pistole kreist auf dem Bildschim, zeigt auch schon mal mit der Mündung auf den Betrachter. Beim Inhaber der Webseite können Lang- und Kurzwaffen besichtigt und gekauft werden.

Betreiber der Seite „Verler Waffen Kontor“ ist Ralf E (42). Der Schusswaffenhandel ist nur der Nebenerwerb des Mannes. Hauptberuflich betreut er im Range eines beamteten Justizhauptsekretärs Gefangene in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne. Die Gefangenen soll er zurück auf den rechtschaffenen Weg bringen, gewaltsame Täter zu friedlichem Verhalten resozialisieren.


Verler Waffen Kontor (Screenshot)

Die beiden Jobs mögen sich optisch widersprechen. Doch ist alles wohl legal. Ralf E., der vom Staat monatlich etwa 2.100 Euro netto bekommt, hat sich vor drei Jahren die Internetseite aufgebaut und das Verler Waffen Kontor eröffnet. Er hat die nötigen Genehmigungen eingeholt. Keine Behörde hat Probleme gemacht.

Da gab es den damaligen Leiter des Gefängnisses, der über den Antrag zu urteilen hatte. Einverstanden. Das Landesjustizvollzugsamt in Wuppertal, inzwischen aufgelöst, gab grünes Licht. Die Industrie- und Handelskammer hat zugestimmt. Der Polizeipräsident Gütersloh (zuständig für Waffenhändler), hat ebenfalls geprüft und keine Probleme gesehen.

„Das war ein normaler Vorgang“, sagt Behördensprecher Karl-Heinz Stehrenberg noch immer, „der Mann ist zuverlässig. Wir haben keine Beanstandungen.“ Die kamen erst vor kurzem – von einem Nachbarn des Justizbeamten.

Die Kunden des Waffenhändlers blockierten die Einfahrt des Nachbarn. Dieser beschwerte sich. Nachdem der Streit publik wurde, zeigt sich Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) zumindest erstaunt über den Nebenjob des Vollzugsbeamten. Der Minister will „eine schnelle Klärung“.

Daran arbeitet Uwe Nelle-Cornelsen gerade. Er leitet seit einem Jahr die JVA Bielefeld. Noch hat er nicht alle Personalakte seiner 430 Mitarbeiter durchkämmt. Im Fall von Ralf E. sieht er zumindest „Probleme“, die ihm sein Vorgänger hinterlassen hat.

Aber: Das Verler Waffenkontor sei nun mal genehmigt, Missbrauch nicht ersichtlich. Die juristische Prüfung, lässt der Gefängnisleiter durchblicken, könne schwierig werden. Sollte die Genehmigung widerrufen werden, könnte der Beamte dagegen vor dem Verwaltungsgericht klagen.

Bleibt womöglich nur ein Appell, der von einem kommt, der die Interessen der Beamten vertritt. Klaus Jäkel, der Landeschef des Bundes der Strafvollzugsbediensteten, sagt es ebenso bedächtig wie streng: „Rechtlich ist das alles tausendprozentig durchleuchtet. Aber die Vollzugsmitarbeiter sind es, die Gefangene auf einen sozialen Weg zurückbringen soll.“ Und dann, Jäkel holt tief Luft, wagt er den moralischen Vergleich: „Das ist so, als ob ein Pastor einen Puff hat.“ (pbd)