Es ist schon erstaunlich, wie nichtssagend und abgespeckt Durchsuchungsbeschlüsse heute daherkommen. Mit der nachfolgenden Beschwerde wende ich mich gegen so einen Beschluss, vor dessen Erlass wohl weniger nachgedacht wurde. Mühe hat man sich schon gar nicht damit gemacht:
Gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts B. lege ich für meine Mandantin Beschwerde ein mit dem Antrag:
Es wird festgestellt, dass der Durchsuchungsbeschluss insoweit rechtswidrig war, als er die Durchsuchung der Geschäftsräume der Firma N. auch über den Arbeitsplatz des Beschuldigten hinaus anordnete.
I. Formelle Mängel
Es liegen bereits formelle Mängel vor, die zur Rechtswidrigkeit insgesamt führen.
Die richterliche Durchsuchungsanordnung ist keine bloße Formsache (BVerfG StV 2005, 643). Sie muss insbesondere nachvollziehbar darlegen, auf welche tatsächlichen Anhaltspunkte sich der erforderliche Anfangsverdacht gründet. Spekulationen, Mutmaßungen und Vermutungen quasi ins Blaue hinein begründen keinen Anfangsverdacht (Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, Rdnr. 536 mit Nachweis der umfangreichen Rechtsprechung).
Der Durchsuchungsbeschluss sagt nur, der Beschuldigte stehe im Verdacht, Geschäftsgeheimnisse an seine private E-Mail-Adresse geleitet zu haben. Außerdem habe er eine Arbeit bei einem direkten Konkurrenten, meiner Mandantin, aufgenommen. Weitere Angaben oder Begründungen enthält der Beschluss nicht.
Diese Angaben rechtfertigen noch keinen Anfangsverdacht für eine Straftat.
Erforderlich wären vielmehr Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass es einen inneren Zusammenhang zwischen dem mutmaßlichen Mailversand und dem Arbeitsplatzwechsel gibt. Alleine die Vermutung oder Spekulation, der Beschuldigte könne sich so oder auch anders verhalten, begründet nicht den Verdacht einer Straftat.
Ansonsten könnte praktisch bei jedem Arbeitsplatzwechsel unterstellt werden, der Arbeitnehmer werde bei ihm vorhandene Daten dem neuen Arbeitgeber zur Verfügung stellen. Das ist aber nur eine bloße Spekulation.
II. Sachliche Mängel
Die Durchsuchung war überdies jedenfalls rechtswidrig, als sie nicht auf den Arbeitsplatz des Beschuldigten beschränkt wurde.
1. Das Gericht hat hier die Grenzen des § 103 StPO nicht beachtet. Jedenfalls ergeben sich aus dem Beschluss keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass es meine Mandantin billigt oder zumindest duldet, dass der Beschuldigte Daten von seinem früheren Arbeitgeber im Rahmen seiner neuen Tätigkeit verwendet.
Es stand deshalb noch nicht einmal zu vermuten, dass derartige Daten in einem Bereich aufgefunden werden könnten, der über den Arbeitsplatz des Beschuldigten hinausgeht.
Deshalb war eine weitergehende Anordnung schon nicht von § 103 StPO gedeckt.
2. Jedenfalls war die Anordnung grob unverhältnismäßig. Die Anordnung hätte bei engherziger Auslegung durch die ermittelnden Polizeibeamten durchaus dazu führen können, dass die kompletten Server meiner Mandantin sowie Vertrags- und Kundenunterlagen beschlagnahmt werden.
Dies hätte zunächst den Betrieb lahmgelegt. Meine Mandantin ist einer der größten Arbeitgeber am Ort. Der wirtschaftliche Schaden wäre schnell in die Hunderttausende, wenn nicht Millionen Euro gegangen.
Überdies hätte die Beschlagnahme dazu geführt, dass nun wiederum Geschäftsgeheimnisse meiner Mandantin in einem unübersehbaren Umfang in die Ermittlungsakte kommen. In diese Ermittlungsakte hätte wiederum die Anzeigenerstatterin Einsicht mit der Folge, dass ausgerechnet dieses Konkurrenzunternehmen Einblick in die nach § 17 UWG geschützten Geschäftsgeheimnisse meiner Mandantin erlangt hätte. …
Ich bitte darum, mir die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zukommen zu lassen.