Aus einem FAZ-Kommentar zum Thema Kindesmissbrauch:
Auch das strafrechtliche Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ entfaltet auf diesem Deliktsfeld nach wie vor eine fatale Wirkung.
Ist das nur unausgegorenes Gewäsch, eilig hingeschrieben, weil der Kommentar aus Pjöngjang nicht rechtzeitig eingetroffen ist? Man kann es nur hoffen – auch wenn es bei der FAZ wohl nicht naheliegt. Was Autor Daniel Deckers, ein Theologe, da mutmaßlich im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte propagiert, ist der Abschied von einem wesentlichen Prinzip des Rechtsstaats. Der Grundsatz in dubio pro reo schützt uns alle vor nicht weniger als Willkürjustiz.
Klar, könnte man sagen, wir Deutschen nehmen es halt besonders genau. Mal Fünfe gerade sein lassen, sollte auch uns möglich sein. Wo es doch um die Kinder geht! Dem lässt sich entgegenhalten, dass die Unschuldsvermutung zum welt- und erst recht zum europaweiten Grundrechtekanon gehört, und zwar nicht erst seit gestern.
In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen heißt es:
Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.
Die Europäische Menschenrechtskonvention legt fest:
Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.
Wenn wir also dem Rat des FAZ-Autors folgen, entfernen wir uns aus einer an sich liebgewordenen Wertegemeinschaft. Wir machen uns gleich mit Ländern, die es gerne etwas lockerer nehmen mit den Menschen- und Verfahrensrechten, die böse islamische Welt eingeschlossen. Dann sollten wir aber auch nicht mehr auf diese herabsehen – wie es im Kommentar aus Pjöngjang mit Sicherheit geschehen wäre.