Ich war nicht sonderlich glücklich über das Papier, das mir mein inhaftierter Mandant überreichte. Ein Antrag des Jugendamtes, den Mandanten als Vater eines Jungen in die Geburtsurkunde einzutragen. Da stand:
Der Antragsgegner hat der Kindesmutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt und ist daher als Vater festzustellen.
Diese Aussage löste bei meinem Mandanten ein trockenes Lachen aus. Jedenfalls konnte er mir glaubwürdig vermitteln, dass mit diesem Sachvortrag so ziemlich jedes vierte bis fünfte männliche Wesen im heimischen Viertel als Vater festzustellen wäre.
Zwei mir bekannte Familienrechtler zierten sich, die Sache zu übernehmen. Kann ich verstehen, angesichts der ungewissen Finanzierungslage. Mir blieb angesichts der knappen Zeit bis zum Anhörungstermin nur, mit der Richterin Kontakt aufzunehmen. Die hatte wohl auch schon was läuten gehört und schlug mir vor, auf jeden Fall ein Sachverständigengutachten über die Vaterschaft meines Mandanten einzuholen. Ich müsse nur das „magische Wort“ sagen:
Mehrverkehr.
Ich vertraute ihr blind und sagte „Mehrverkehr“. Hierüber machte die Richterin einen Vermerk und informierte darüber die Kindesmutter in der Verhandlung. Damit erzielte sie ein erstaunliches Resultat, wie ich dem Protokoll entnehme. Die junge Mutter brach nicht in Tränen aus, sondern erklärte:
Ich möchte gar nicht, dass der Antragsgegner als Vater meines Kindes in den Papieren steht. Das habe ich mir jetzt überlegt.
Das Verfahren ruht jetzt – bis es sich die Mutter anders überlegt oder ihr ein anderer Vater einfällt. Aber bis dahin bin ich das Mandat los. Hoffentlich.