Für die heutige Hauptverhandlung hatte ich mir ein anderes Ergebnis gewünscht. Zwei Jahre mit Bewährung nämlich. Leider war im Ergebnis nichts zu machen. Das Schöffengericht meinte, so ein extramildes Urteil nicht verantworten zu können. Die Richter legten ein paar Monate drauf. Wegen der Zwei-Jahres-Grenze war eine Bewährung damit nicht mehr möglich. Mal sehen, wie man die Sache am Landgericht sieht. Das ist die nächste Instanz.
Immerhin zeigte sich der Vorsitzende ansonsten sehr kulant. Mein Mandant, der in Untersuchungshaft sitzt und es wegen des nicht gerade häufigen Haftgrundes der Wiederholungsgefahr womöglich zumindest bis zur Berufungsverhandlung bleibt, musste in den Pausen nicht sofort in das Gerichtsgefängnis. Die freundlichen und relaxten Wachtmeister blieben vielmehr auf Bitten des Vorsitzenden zehn Minuten länger im Saal. Mein Mandant durfte in der Zeit mit seinen Eltern sprechen.
Auch nach der Urteilsverkündung sorgte der Vorsitzende dafür, dass noch Zeit blieb, um die inzwischen dazugekommene Lebensgefährtin zu umarmen und die kleine Tochter ein paar Minuten auf den Arm zu nehmen.
Das alles klingt fast selbstverständlich, ist es aber ganz und gar nicht. Die Wachtmeister in den meisten Gerichten sind pedantisch hinterher, dass es keine Kontakte zwischen Angeklagtem und seiner Familie gibt. Gerichtsvorsitzende, die ja eigentlich das Sagen in der Hauptverhandlung haben, mischen sich da regelmäßig nicht ein.
So kommt es immer wieder zu herzergreifenden Szenen, wenn weder eine Umarmung noch ein paar Worte zugelassen werden.
Schön, dass es auch mal anders geht.