Richter tendieren dazu, Beamten zu glauben. Jedenfalls im Zweifel, wenn die Aussage des Staatsdieners gegen die eines, mitunter auch mehrerer, „normalen“ Bürgers steht. In hohem Maße genießen solches Vertrauen jene Mitarbeiter, die für Geschwindigkeitskontrollen auf unseren Straßen zuständig sind.
Da werden Einwände gern mit der Begründung abgeschmettert, der Beamte sei dem Gericht aus früheren Verfahren als zuverlässig und gewissenhaft bekannt. Die Richter am Oberlandesgericht Stuttgart haben diese Floskel offensichtlich ein paar Mal zu oft gelesen. In einem aktuellen Beschluss weisen sie darauf hin, dass das Verhalten des Beamten in „früheren Verfahren“ wenig darüber aussagt, ob er auch an seinem Arbeitsplatz zuverlässig und gewissenhaft ist:
Vermutlich beruht diese des Öfteren in Urteilen zu findende Formulierung aber allein darauf, dass das Gericht den betreffenden Zeugen (den Messbeamten) in mehreren Hauptverhandlungen gehört und seinen Angaben jeweils Glauben geschenkt hat. Dies kann richtig oder auch unrichtig gewesen sein. Ein weiter gehender Schluss auf eine personale Eigenschaft des betreffenden Zeugen, seine allgemeine Zuverlässigkeit, kann daraus nicht gezogen werden.
Das pauschale Gütesiegel für Messbeamte würde das Oberlandesgericht Stuttgart nur gelten lassen, wenn sich das Gericht zuvor in einer Reihe von Fällen, zum Beispiel in unangekündigten Stichproben, tatsächlich von der Vorgehensweise des Ordnungshüters und seinem Verhalten bei Messungen informiert hätte.
Von richterlichen Kontrollbesuchen an den städtischen Radarfallen habe ich noch nichts gehört.
Im entschiedenen Fall halfen die Erwägungen dem Betroffenen nicht, da das Urteil später doch noch konkrete Argumente enthielt, die gegen Fehler des Verantwortlichen sprachen. Sollten es Richter aber wie häufig bei der Floskel belassen, können ihnen die goldenen Worte aus Stuttgart künftig entgegengehalten werden.