Wenn man vom Oberlandesgericht Düsseldorf Nachricht über eine vom Gegner eingelegte Berufung erhält, ist jetzt immer ein Prospekt beigelegt. Da er nicht aus justiztypischem Umweltpapier ist, dachte ich zuerst an einen Gutschein für Kontaktlinsenreiniger oder ein 10-tägiges Abo bei Lovefilm. Aber es wird quasi Werbung in eigener Sache gemacht – für die Richterliche Mediaton („Ein Angebot zur alternativen Streitschlichtung“).
Das ist bestimmt gut und wichtig, und ich habe sogar was gelernt. Laut Flyer – man beachte die schwebende Typographie und fluffige Wortwahl, die mir ein wenig bei Scientology oder einer Eltern-Kind-Gruppe vom Prenzlauer Berg abgeguckt zu sein scheinen – haben wir es mit folgendem zu tun:
Nachdem dieser eine Satz auf mich gewirkt hatte, musste ich mir eine Träne aus jedem Augenwinkel wischen. Wobei natürlich auch Zukunftsangst eine Rolle spielte. Macht so was uns Anwälte nicht, nun ja, noch überflüssiger als wir ohnehin schon sind?
Ich erkannte außerdem sogleich, dass ein gewisser Teil der Senatsvorsitzenden – nur die hört man in Verhandlungen ja normalerweise reden – für den Job als Mediator eher ungeeignet erschienen sein dürften. Diese haben zwar eine besondere Gesprächsführung, aber die passt doch eher ins Asylum (Minderheit) oder auf den Kasernenhof (Mehrheit).
So steht zu vermuten, dass sich die laut Flyer „erfahrenen Richterinnen und Richter, die speziell in Konfliktbearbeitung und Vermittlungstechniken geschult sind“, eher aus der zweiten Reihe rekrutieren. Dort sind Sanftmut und Einfühlungsvermögen, auf die es bei der Mediation ja sicher maßgeblich ankommt, wohl auch eher (noch) zu finden.
Andererseits stellt der Job schon mächtige Anforderungen. Immerhin ist der Mediator laut Eigenwerbung nicht nur neutral, sondern sogar allparteilich. Was für ein Wort, wo doch selbst dem Bundespräsidenten nur schnöde Überparteilichkeit gelingt. Aber es lohnt sich halt nachzuschlagen. Um festzustellen, dass der eigene Horizont doch sehr beschränkt ist, wie ein Blick in die Wikipedia zeigt:
Der Mediator leitet die Mediation allparteilich bzw. allparteiisch, das heißt, er steht auf der Seite jedes Beteiligten. Diese Haltung geht deutlich über eine einfache Neutralität hinaus; die inhaltliche Neutralität des Mediators erstreckt sich nicht auf seine Stellung gegenüber den Konfliktparteien. So gleicht er beispielsweise ein Machtgefälle zwischen den Parteien aus, indem er vorübergehend als Sprachrohr der kommunikationsschwächeren Partei agiert.
Wie gesagt, wieder was gelernt.