Juristen dürfen Doktortitel behalten

Acht Juristen, die mit Hilfe eines Promotionsberaters an ihre Doktortitel gekommen sind, müssen auch in Zukunft nicht auf ihre akademischen Weihen verzichten. Das Verwaltungsgericht Hannover gab heute ihren Klagen statt, mit denen sie sich gegen die Rücknahme ihrer Doktorgrade durch die Juristische Fakultät der Universität Hannover wehrten.

Den Klägern, berufstätigen Juristen aus ganz Deutschland, war die Möglichkeit einer (externen) Promotion und die Betreuung durch einen Professor der Juristischen Fakultät durch ein privates Institut vermittelt worden war. Hierfür hatten sie das Institut bezahlt. Der ehemalige Professor hatte wiederum von dem Institut für seine Bereitschaft, solche externen Promotionen zu betreuen, Zahlungen erhalten und ist aus diesem Grund wegen Bestechlichkeit in 68 Fällen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Das Verwaltungsgericht Hannover hält die Promotionen für rechtmäßig. Weder den Strafverfahrensakten noch den Promotionsvorgängen der Universität hätten Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass der Professor in unzulässiger Weise auf die Begutachtungen der Dissertationen durch andere Hochschullehrer oder die Leistungen der Kandidaten in der mündlichen Prüfung Einfluss genommen hätte.

Unabhängig davon hätten weder die Strafverfahren noch die Umstände der Promotionen ernsthafte Indizien dafür erbracht, dass die Kläger von der Bestechung ihres Doktorvaters wussten. Eine grob fahrlässige Unkenntnis der Bestechung ihres Doktorvaters könne ihnen ebenfalls nicht vorgeworfen werden.

(Urteil vom 31. Mai 2010, 4 A 1066/09)

Wir sind doch nicht…

Ein Mandant hatte heute Besuch vom Hauptzollamt. Der Beamte begehrte Einlass, mein Mandant war einverstanden, bat den Mann aber darum, am Eingang die Schuhe auszuziehen. Er verwies auf die fein säuberlich aufgestellten Schuhe der Familienangehörigen.

Der Beamte empfand dies wohl als Zumutung. „Wir sind doch nicht in der Türkei“, soll er gesagt haben. Dann habe er sich umgedreht und sei gegangen.

Entweder besorgt er sich jetzt einen Gerichtsbeschluss. Oder ordentliche Socken.

Keine Lust aufs Gericht

Ein Strafverfahren könnte längst zu Ende sein – wenn denn ein Zeuge mal käme. Beim ersten Mal ließ er sich einfach nicht blicken. Die Richterin brummte ihm 300,00 € Ordnungsgeld und die Kosten des Verhandlungstages auf. Möglicherweise dachte er, dass er mit dieser „Strafe“ aus dem Schneider ist. Beim zweiten Termin ließ er uns nämlich wieder hängen.

Der Zeuge wohnt nicht weit entfernt vom Gericht. Die Richterin rief ihn deshalb aus dem Gerichtssaal auf seinem Handy an. Und musste sich ziemlich übel anmachen lassen. Kurzfassung: Der junge Mann hat keine Lust aufs Gericht, das juckt ihn alles nicht. Der Hinweis auf seine gesetzlichen Pflichten ging auch daneben. Er sei sowieso beruflich viel unterwegs. Catch me if you can…

Jetzt hat er, neben den Kosten des weiteren Verhandlungstages, schon das zweite Ordnungsgeld an der Backe. 500 Euro. Das macht dann schon mal acht Tage Ordnungshaft, wenn er nicht zahlt. Zeit genug für das Gericht, den Verhandlungstermin genau auf die Zeit der Ordnungshaft zu legen. Dann kann der Zeuge aus dem Gefängnis vorgeführt werden.

Der nächste Versuch ist Ende Juli. Vielleicht kann ich vorher aber noch ein gutes Werk tun. Aus einem anderen Verfahren kenne ich den Anwalt des Zeugen. Den Kollegen habe ich angerufen, damit er seinen Mandanten über den Rattenschwanz an Ärger und Kosten aufklärt. Wenn er denn nicht mal auf seinen eigenen Anwalt hört, ist es mir aber dann aber auch egal.

Halbwertszeiten

Dass sein Antrag auf einstweilige Anordnung riskant sein dürfte, hat der gegnerische Rechtsanwalt wohl selbst erkannt. Dafür hat er doch zu lange getrödelt. Nach über sechs Wochen, in denen von seiner Seite nichts passierte, hätte das Gericht die Sache wohl kaum als brandeilig angesehen. Eine einstweilige Anordnung setzt aber fast immer ein Eilbedürfnis voraus.

Also eine Klage. Die trudelte jetzt ein. Die Erwiderungsfrist beträgt drei Monate. Verhandlungstermin ist Ende März, immerhin 2011. Würde mich wundern, wenn dann überhaupt noch jemand auch nur das geringste Interesse an den angeblich so bösen Äußerungen hat, die mein Mandant im Fernsehen über eine zwielichtige Gewinnspielfirma gemacht hat.

Ich werde intensiv verfolgen, ob die Klägerin, natürlich eine Limited, überhaupt noch so lange existiert. Normalerweise haben die betreffenden Unternehmen eine Halbwertszeit von wenigen Monaten. Wäre doch sehr verwunderlich, wenn das Mastermind hinter der Sache die Gebühren für den Briefkasten bloß wegen eines heute schon ausgelutschten Themas weiter bezahlt.

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

Zu bequemes Zahlen

Die Postbank warnt mich vor allzu bequemen Zahlungswegen im Internet:

Einige Bezahlverfahren fordern neben den Kontodaten wie Kontonummer, Bankleitzahl und Kontoinhaber auch die Eingabe Ihrer Online-Banking PIN und TAN. Diese sogenannten Bezahlservices melden sich dann für Sie in Ihrem Online-Banking an und tätigen für Sie die Überweisung. Vor diesen Verfahren warnen wir Sie ausdrücklich.

Wenn Sie Ihre Online-PIN und TAN einem Dritten preisgeben, verstoßen Sie gegen Ihre Sorgfaltspflichten. Sollte Ihnen bei missbräuchlicher Verwendung Ihrer PIN und TAN ein Schaden entstehen, haften Sie selbst.

Bitte beachten Sie deshalb: Mit der Eingabe Ihrer PIN und TAN auf Seiten wie z.B. www.sofortueberweisung.de, www.payment-network.com oder https://etra.t-online.de verstoßen Sie gegen die Besonderen Bedingungen für das Online-Banking.

Zur Kenntnis genommen.

Platte mit Sprung

Die Länderinnenminister fordern ein Revival der Vorratsdatenspeicherung. Dabei hören sie sich an wie eine Platte mit Sprung. Die Argumente als solche werden aber auch nicht besser.

So wird beklagt, im Jahr 2007 seien nur 20 % der Anfragen auf Verbindungsdaten erfolglos geblieben, weil die Daten nicht mehr vorhanden waren. Im laufenden Jahr 2010 seien es schon 60 %.

Mit der so schmerzlich vermissten Vorratsdatenspeicherung kann die aus Sicht der Innenminister erfreuliche Zahl für 2007 aber kaum etwas zu tun haben. Die Vorratsdatenspeicherung wurde zwar im Jahr 2007 beschlossen. Sie trat aber erst am 1. Januar 2008 in Kraft.

Das Zahngold Verstorbener

Das Zahngold Verstorbener kann Begehrlichkeiten wecken. Nicht widerstehen konnten einige Mitarbeiter der Nürnberger Bestattungsanstalt. Sie waren als Ofenführer und Ofenhelfer für die Leichenverbrennung zuständig. Über Jahre brachten sie das Zahngold eingeäscherter Menschen an sich und verkauften es einem örtlichen Juwelier. Ihre Vorgesetzten ließen sie im Glauben, das Gold verdampfe schon bei der Verbrennung.

Die ersten Instanzen brummten den Arbeitern Bewährungsstrafen auf. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat die Verurteilung bestätigt, allerdings nur wegen Verwahrungsbruch. Eine Störung der Totenruhe, die usprünglich auch angeklagt war, sah das Oberlandesgericht nicht. Das Zahngold gehöre schon begrifflich nicht zur (schutzwürdigen) Asche, da es kein organischer Rückstand sei. Außerdem sei das Zahngold schon während der Arbeitsvorgänge nach der Verbrennung – es kommt unter anderem eine Knochenmühle zum Einsatz – ausgeschieden worden und habe somit nicht mehr zu den Überresten des Leichnams gehört.

(OLG Nürnberg, Beschl. v. 20.11.2009 – 1 St OLG Ss 163/09 a)

Unverantwortliche Tipps von der Polizei

Wie soll man sich verhalten, wenn man im Netz auf Kinderpornografie stößt – und dies anzeigen möchte? Focus Online zitiert eine Empfehlung der Polizei:

Das Landeskriminalamt Bayern rät dazu, die Inhalte auszudrucken und dann der örtlichen Polizeidienststelle vorzulegen. Die leite die Inhalte dann an die zuständigen Experten der Polizei weiter.

Die Mitarbeiter der örtlichen Polizeidienststelle kümmern sich um Einbrüche, Schlägereien und Fahrerflucht. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie ihnen die Kinnlade runterklappt, wenn ein Bürger dem Rat des Landeskriminalamtes folgt und einen Stapel Ausdrucke dokumentierten Kindesmissbrauchs auf den Tresen legt. Nach kurzem Nachdenken werden die Polizisten den braven Bürger auf die Kriminalwache komplimentieren – zur Beschuldigtenvernehmung und Prüfung der Frage, ob man nicht besser mal bei ihm zu Hause vorbeischaut.

Spätestens mit dem Ausdruck der Seiten erlangt der Anzeigenerstatter Besitz an der Kinderpornografie.

Dieser Besitz ist strafbar. So ziemlich einzige Ausnahme: Der Besitz dient der Erfüllung dienstlicher oder beruflicher Pflichten. Wie wir heute gelernt haben, gehört nicht mal ein mit der Materie befasster Bundestagsabgeordneter zum Personenkreis, der sich auf solche Pflichten berufen könnte. Da dürfte es auch für den wohlmeinenden Bürger eng werden.

Ich will mir auch gar nicht vorstellen, was Polizisten sagen, wenn der Anzeigenerstatter auf seinem Weg zur Wache zufällig kontrolliert wird. Die Aussage „Ich wollte das gerade bei der Polizei abgeben“ dürfte vermutlich für nichts gut sein, außer für einige trockene Lacher im Pausenraum des Reviers.

Für mich ein unverantwortlicher Ratschlag.

Kondompflicht – endlich!

Baden-Württemberg möchte „Prostitutionsstätten“ stärker reglementieren, berichtet Spiegel online. Zur Gesetzesinitiative im Bundesrat gehören eine Kondompflicht und Bußgelder für den Fall, dass ungeschützter Verkehr zugelassen wird.

Wie die Einhaltung dieser neuen Vorschriften überprüft werden soll, scheint derzeit aber offen. Für „verdeckte Ermittler“ in Form freier Mitarbeiter oder Ein-Euro-Jobber ergeben sich hier ganz neue Perspektiven. Auf die Stellenausschreibung dürfte man wohl gespannt sein.

Aufklärungsverweigerung

Bei einer großen deutschen Versicherung gab es, dem Vernehmen nach, lange ein „Handbuch zur Abwehr berechtigter Ansprüche“. Auch wenn die Fibel vor Jahren aus dem Verkehr gezogen wurde, scheinen die Lehren des unbekannten Autors noch in den Köpfen vieler Sachbearbeiter zu wirken – möglicherweise auch durch ordentlichen Druck von Seiten der Vorgesetzten.

Neulich hatte ich bei einer Unfallsache mal wieder das Vergnügen mit der Versicherung. Meine Mandantin, eine Dame gesetzten Alters, wollte die Angelegenheit erst selbst regeln. Gute Idee, denn der Unfall war an sich eine klare Sache. Der Unfallgegner war aus einer Hauseinfahrt auf die Straße gefahren, ohne auf den fließenden Verkehr zu achten. Mit meiner Mandantin krachte es, die Autofahrer dahinten standen als Zeugen zur Verfügung.

Doch die Versicherung zahlte nicht. Stattdessen beauftragte sie ein Sachverständigenbüro. Das Büro schrieb:

Um die Angelegenheit auch in Ihrem Interesse klären zu können, ist es erforderlich, eine Rekonstruktion des Schadenshergangs an der Unfallstelle durchzuführen.

Am Telefon erfuhr meine Mandantin, dass sie tatsächlich mit ihrem Auto an den Unfallort kommen sollte. „Dort spielen wir das nach“, erklärte der Sachverständige. Meine Mandantin hatte dazu weder Zeit noch Lust. „Kein Problem“, bekam sie zu hören, „das gilt als Aufklärungsverweigerung. Die Versicherung wird dann nichts zahlen.“

So ging das einige Zeit hin und her. Selbst die Sachbearbeiterin bei der Versicherung erklärte der Mandantin, sie müsse an einem Ortstermin teilnehmen. Sonst gebe es kein Geld. Als ich mich einschaltete, wollte die Schadenstante es plötzlich nicht so gemeint haben. Meine Mandantin sei doch nur höflich eingeladen worden. „Ob sie dann kommt, ist natürlich ihre Sache.“

Drei, vier Tage später war der Schadensersatz da. Ich nehme an, den angeblich so wichtigen Ortstermin hat es nicht gegeben.

Ich würde die Geschichte nicht erzählen, hätte mich vorhin nicht ein neuer Mandant angerufen. Der verstand überhaupt nicht, wieso man ihn zu einer Unfallrekonstruktion zwingen will. Das Ansinnen kam, unschwer zu erraten, von der betreffenden Versicherung.

Wer weiß, vielleicht ist das Handbuch ja neu aufgelegt.

Zu Gast bei der Polizei

Ich werde mitunter schon mal eingeladen, einen Vortrag zu halten. Das freut mich immer, und gelegentlich sage ich zu. Vor einigen Tagen fragte eine Polizeischule, ob ich im Juli vor leitenden Polizeibeamten referieren und anschließend mit ihnen diskutieren will.

Aber selbstverständlich.

Pornografisches Neuland

Bis heute habe ich nicht (genau) gewusst, was ein Furry ist. Und dass es viele Cartoons anthropomorpher Wesen gibt, die problemlos als pornografisch einzuordnen sind. Die ziemlich große Bildersammlung, welche die Polizei bei einer Hausdurchsuchung wegen eines Betäubungsmitteldelikts bei einem Mandanten beschlagnahmte, hat mich nun auf den aktuellen Stand gebracht.

Der zuständige Polizeibeamte hat emsig wegen „Besitzes von Tierpornografie“ ermittelt, die Wikipedia ausgedruckt und ein schönes EDV-Gutachten erstellen lassen.

Nur ins Gesetz hat er nicht geguckt.

Sonst wäre ihm, hoffe ich zumindest, schnell aufgefallen, dass es nach dem Strafgesetzbuch zunächst mal Menschen mit Tieren treiben müssen – und nicht Comicfiguren miteinander.

Überdies muss es sich um die Abbildung echten, tatsächlichen Geschehens handeln. Was bei Cartoons ja nun eher nicht der Fall ist. Nur Kinder- und Jugendpornografie kann auch als „wirklichkeitsnahes Geschehen“ in Form von Zeichnungen oder Computeranimationen strafbar sein. Für Tierpornografie gibt es diese weite Auslegung aktuell gar nicht.

Zu allem Überfluss ist der bloße Besitz echter tierpornografischer Schriften sogar straflos. Ärger gibt’s nur für weitergehende Aktivitäten wie Herstellung, Einfuhr und Verbreitung.

Ich bespreche das morgen mal mit der Staatsanwältin.