Die Verfügungen der Polizei gegen das 2006 in München beim Christopher-Street-Day mitgeführte „Papamobil“ waren rechtswidrig. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof heute festgestellt und die Entscheidungen der Vorinstanz aufgehoben.
Die Kläger wollten am Christopher-Street-Day mit einem als „Papamobil“ bezeichneten LKW teilnehmen, auf dessen Ladefläche eine Puppe saß, auf deren Messgewand das doppelte Symbol für „männlich“ aufgestickt war. An den Seitenwänden des Lkw waren vier Plakate angebracht, auf denen jeweils Papst Benedikt XVI. zusammen mit kritischen Aussagen abgebildet war, unter anderem: „Homosexuelle Beziehungen sind zutiefst unmoralisch“ und „Homosexualität ist eine schwere Sünde!“
Auf allen Bildern war der Papst, dem eine Aids-Schleife an die weiße Soutane angeheftet war, mit einem übergezogenen Kondom am kleinen Finger der rechten Hand zu sehen. Auf zweien der Bilder waren Mund und Augen des Papstes geschminkt sowie die unter dem Pileolus hervorragenden hervorragenden Haare gefärbt.
Die Polizei ging von der Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts aus. Sie forderte die Verantwortlichen auf, die Papstpuppe unsichtbar auf der Ladefläche des Lkw zu verstauen und die Fotomontagen des Papstes zu entfernen. Das Strafverfahren gegen einen der Kläger hat die Staatsanwaltschaft eingestellt.
Anders als die Vorinstanz und die Polizei bewertete der Verwaltungsgerichtshof entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das „Papamobil“ als satirische Kritik, die von der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz gedeckt gewesen sei.
Angesichts des Anlasses, bei dem der Lkw mitgeführt werden sollte, sowie der textlichen Aussagen auf den Plakaten sei von einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Einstellung der katholischen Kirche und ihrem Oberhaupt zu homosexuellen Lebensweisen auszugehen. Diese Kritik sei im Rahmen der öffentlichen Meinungsbildung hinzunehmen.
Auch die satirische Einkleidung erfülle noch nicht den Tatbestand der Schmähkritik, weil es den Klägern um eine Auseinandersetzung um die Sache und nicht nur darum gegangen sei, die auf den Bildern dargestellte Person verächtlich zu machen. Die satirische Verfremdung der Bilder des Papstes sei so deutlich zu erkennen, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum nicht zu der irrigen Einschätzung gelangen könne, der Papst sei homosexuell oder empfehle homosexuellen Personen den Gebrauch von Kondomen.
Daher setze sich im die Meinungsfreiheit der Kläger gegen das Persönlichkeitsrecht
des Papstes durch.
(Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Urteile vom 8.3.2010, Aktenzeichen 10 B 09.1102 und 10 B 09.1837)