Bloß nicht diskutieren

Die Firma Antassia GmbH betreibt mit top-of-software.de eine der üblichen Abzockseiten. Auf der Suche nach kostenlosen Programmen (z.B. OpenOffice) verwechseln weniger aufmerksame Nutzer das Angebot mit einer üblichen Gratis-Downloadseite. Doch statt kostenloser Software erhalten sie eine zweijährige Mitgliedschaft aufgebrummt, die insgesamt 192,00 € kostet.

Es gibt bereits etliche Urteile, die den Abzockern bestätigen, dass sie keine Ansprüche geltend machen können. Laut den Gerichten kommt selbst dann kein Vertrag zustande, wenn die arglosen Surfer Namen und Adresse eingeben (aktuell zum Beispiel Landgericht Mannheim).

Kein Wunder, dass solche Läden alles daran setzen, die meist schockierten Rechnungsempfänger gehörig unter Druck zu setzen und zu schneller Zahlung zu bewegen. So heißt es bei der Antassia GmbH drohend:

Seit dem 01.01.2008 ist in Deutschland die Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten. Der Internetprovider … speichert die IP-Adresse, welche bei der Anmeldung übermittelt wurde. Unter Hinzuziehung des möglichen Anmeldezeitpunktes (siehe Rechnung) ist es den Ermittlungsbehörden möglich, die Adresse des Anschlussinhabers festzustellen. Sollte weiterhin kein Zahlungseingang erfolgen, behalten wir uns gerichtliche Schritte vor.

Klingt heftig, ist aber nur heiße Luft. Das Bundesverfassungsgericht hat angeordnet, dass Vorratsdaten nur zur Verfolgung schwerer Straftaten und zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben verwendet werden dürfen. Das Unrecht, dem sich die Abzockerfirmen von zahlungunwilligen Kunden ausgesetzt fühlen, ist schon mal keine Straftat, auf jeden Fall aber keine schwere.

Selbst wenn sich ein Staatsanwalt einer Anzeige der Antassia GmbH annähme (was wenig wahrscheinlich ist), wäre ein Zugriff auf die Vorratsdaten rechtswidrig. Kein Gericht, das sich an die Vorgaben des Verfassungsgerichts hält, würde die Herausgabe der Daten anordnen.

Überdies stünde auch dann nur fest, von welchem Computer aus die „Anmeldung“ erfolgte. Da die meisten Computer aber von mehreren Personen genutzt werden, ist das noch lange kein Beleg dafür, dass sich der vermeintliche Kunde selbst angemeldet hat.

Mit anderen Worten: Firmen wie die Antassia GmbH stoßen Drohungen aus, deren Substanz der Werthaltigkeit ihres Angebotes entspricht.

Entgegen den Empfehlungen mancher Verbraucherzentralen kann ich Betroffenen nur raten, sich gar nicht auf eine Korrespondenz mit diesen Läden einzulassen. Auf sämtliche Einwände, und seien sie noch so begründet, kommen als Antwort nur Textbausteine mit immer denselben Drohungen (Vorratsdaten, Schufa, Gerichtsvollzieher).

Am besten ist es, dieses Gesülze einfach zu ignorieren. Entgegen der beharrlichen wiederholten Ankündigung gerichtlicher Schritte passiert nämlich fast immer – rein gar nichts.

Sollte so eine Abzockerfirma tatsächlich mal einen Mahnbescheid beim Amtsgericht beantragen, kann man dagegen mit dem dann beiliegenden Formular einfach Widerspruch einlegen. Es wäre dann Sache der Abzocker, den Prozess in Gang zu bringen. Dazu müssten sie ihren Anspruch begründen und das Gericht von der Forderung überzeugen. Was wenig wahrscheinlich ist.

Bis zu einem Gerichtsurteil ist auch keinerlei Raum für Schufa-Einträge. Wobei die Schufa nach meiner Erfahrung solche Buden sofort rauswirft, wenn sie vom Geschäftsmodell erfährt. Auch der Gerichtsvollzieher kann erst kommen, wenn man vom Gericht zur Zahlung verurteilt worden ist. Ohne Urteil ist eine Zwangsvollstreckung nicht zulässig.

Nichtstun ist im Umgang mit Antassia & Co. also nicht der bequemste, sondern auch der beste Weg.

Schneematsch – juristisch eine klare Sache

So ein kleiner Schwupps kann große Wirkung haben. Autofahrer, die Fußgänger oder Radfahrer aus Versehen oder gar absichtlich mit Schneematsch bespritzen, müssen mit rechtlichen Folgen rechnen. Diese können bis zur Strafanzeige reichen. Den an sich harmlosen Fall vergleicht Jaqueline Grünewald vom ADAC-Bezirk Nordrhein in Köln mit dem Spritzer Rotwein aus dem Glas auf die Garderobe des Nachbarn. Das sei juristisch nun mal zumindest fahrlässiges Verhalten. „Der Fahrer haftet für den Schaden!“

Aber wie kommt jemand an den Verursacher? „Wenn das amtliche Kennzeichen bekannt ist“, so rät Grünewald, „bei der Polizei eine Anzeige wegen Sachbeschädigung erstatten.“ Fährt ein Rüpel mehrfach und absichtlich durch den Matsch, könnte es für ihn sogar eng werden. „Das wäre dann ja bewusst und gewollt“, erläutert Susanne Heusgen, Sprecherin der Polizei in Düsseldorf, „wir könnten nach einer Anzeige und einem Strafantrag wegen Verdachts der Sachbeschädigung ermitteln“.

Um Schadensersatz zu erlangen, lässt sich die Haftpflichtversicherung des Gegners einschalten. Diese lässt sich online beim Zentralruf der Versicherer erfragen. Den Halter selbst kann man beim jeweiligen Straßenverkehrsamt herausfinden. Dazu bedarf es eines Antrags, in dem „ein berechtigtes Interesse“ nachgewiesen wird, erklärt Peter Keulertz von der Düsseldorfer Stadtverwaltung. Gegen eine bundeseinheitliche Gebühr von 5,10 Euro werden der Halter und dessen Anschrift genannt.

Aber war es auch der Halter, der den Schaden verursacht hat? „Das muss im Zweifel derjenige beweisen, der das Nachsehen hat“, weiß die ADAC-Sprecherin.

Aller Ärger und sämtliche Mühen blieben erspart, wenn sich alle an die Grundregel der Straßenverkehrsordnung hielten: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“ Weiter: „Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.“ (pbd)

Kernsanierung

Kurze Mitteilung aus dem Maschinenraum:

lawblog.de läuft gut fünf Jahren in dieser WordPress-Instanz. Während zwischendurch zweimal die Hardware getauscht wurde, sind Teile der Software doch in einer eher gewachsenen Struktur.

In den nächsten acht Wochen wird es daher diverse Umbaumaßnahmen geben, durch die sich die Seite mehrfach eigenartig verhalten könnte, oder auch vorübergehend nicht erreichbar ist. Sollte es für Besucher hier andauernde Probleme mit der Erreichbarkeit oder ähnliches geben, bin ich für Feedback per Mail (fh-lawblogbaustelle@fholzhauer.de) dankbar.

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Nie gehört: Zinsen im Vergleich

Über Vergleiche kann man ja immer reden. Auch über jenen, den das Landgericht in einer komplizierten Angelegenheit vorgeschlagen hat. (Schon allein deswegen, weil wir zu 85 % „gewinnen“ würden.)

Was mich aber am Vorschlag des Gerichts stört, ist die Verzinsung der Vergleichssumme. Meine Mandantin soll auf den zu zahlenden Betrag Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit April 2008 zahlen. Da wir über sechsstellige Summen reden, käme allein an Zinsen ein stattlicher Betrag zustande.

Problem ist nur, dass Zinsklauseln in Vergleichen so unüblich sind wie wohlschmeckende Frikadellen in der Gerichtskantine. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals einen Vergleich geschlossen zu haben, in dem auf die Vergleichssumme Zinsen anfielen.

Im Zweifel werde ich der mir bislang unbekannten, vermutlich also eher jungen Richterin vorschlagen, sich wegen dieses Punktes mal mit einer in Ehren ergrauten, erfahrenen Landgerichtsperson zu beraten. Von denen trifft man ja immer genug in der Kantine. Ich bin sicher, dort wird meine Meinung bestätigt. Über Zinsen in Vergleichen, nicht unbedingt zu den Frikadellen.

Gespräche sind erforderlich

Der Ermittlungsrichter hat gegen meinen Mandanten einen Haftbefehl erlassen. Obwohl ich von auswärts komme, hat mich der Richter ohne Diskussion als Pflichtverteidiger beigeordnet. Das entspricht zwar der neuen Rechtslage, wonach es auf den Wunsch des Beschuldigten und sein Vertrauensverhältnis zum Anwalt ankommt und nicht mehr auf die Zahl der Kilometer zwischen Kanzleisitz und Gericht. Es ist aber schön zu erleben, dass dies nun auch akzeptiert wird. Was ich jedoch besonders freundlich finde, ist folgender Zusatz im Beiordnungsbeschluss:

Es wird festgestellt, dass Informationsgespräche des Verteidigers in der Vollzugsanstalt einschließlich der damit verbundenen Fahrten zur zweckentsprechenden Verteidigung erforderlich sind.

Das Gefängnis ist ein paar hundert Kilometer weg. So muss ich mir jetzt jedenfalls keine Sorgen mehr machen, dass ein übereifriger Kostenbeamter die demnächst anfallenden Reisekosten als überflüssig ansieht, sie streicht und damit wieder ein Beschwerdeverfahren provoziert.

law blog keine Marke (mehr)

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat nach einem ziemlich langwierigen Verfahren die Wortmarke law blog auf Antrag einer Pforzheimer Anwaltskanzlei gelöscht. Die zuständigen Damen und Herren von der Markenabteilung sind der Meinung, law blog habe im Jahr 2005 die notwendige Unterscheidungskraft gefehlt.

Ich überlege gemeinsam mit meinem Anwalt, ob wir Beschwerde einlegen.

(DPMA, Beschluss vom 26. Januar 2010, AZ 30524784 – S 157/08 Lösch)

Drei Hauptsätze

Durchsuchungsbeschlüsse müssen eine Begründung enthalten. Unter anderem ist (zumindest knapp) anzugeben, worauf sich der Tatverdacht stützt. Dabei müssen Tatsachen genannt werden, die den Tatbestand eines Strafgesetzes ausfüllen. Außerdem wäre es schön zu sagen, welche Beweismittel es für den Sachverhalt gibt. Also: Wer hat was wann wo gemacht und woher wissen wir das?

Ein südhessischer Amtsrichter erfüllt diese Aufgabe, für die er bezahlt wird, wie folgt:

Gründe:

Der Beschuldigte ist des Computerbetrugs verdächtig.

Diese Handlung ist mit Strafe bedroht gemäß § 263a StGB.

Der Tatverdacht beruht auf polizeilichen Ermittlungen.

Das ist die komplette Begründung, im Original und ungekürzt. Drei Hauptsätze, keine einzige Tatsache. Ich frage mich, ob keine Begründung nicht sogar weniger peinlich wäre.

Europaweeeeeeit

An einem Verkehrsunfall ist ein niederländisches Fahrzeug beteiligt. Laut Unfallbericht ist der Wagen bei der Allianz Nederland versichert. Die Abwicklung deren Schadensfälle in Deutschland übernimmt, wenig überraschend, die Allianz Versicherungs-AG in Berlin.

Die Berliner Filiale der deutschen Allianz teilte mir auf mein Anspruchsschreiben mit, man habe die erforderlichen Unterlagen angefordert – bei der, so steht es da, „Allianz Suisse-Schweiz-AG“. Ist mir bei Eingang der Antwort ehrlich gesagt nicht aufgefallen. Aber das könnte natürlich erklären, warum ich bislang nichts weiter gehört habe…

Führerschein: Zwei-Jahres-Grenze entfällt

Bei Alkohol, Drogen oder sonstigen Straftaten im Straßenverkehr galt lange Zeit: Wer auf gerichtliche Anordnung zwei Jahre oder mehr auf seine Fahrerlaubnis verzichten musste, kam um eine neue Führerscheinprüfung nicht herum. Das hat sich geändert.

Die zeitliche Obergrenze von zwei Jahren gilt seit einer Änderung der Fahrerlaubnisverordnung im Jahr 2008 nicht mehr. Vielmehr ordnet die Behörde eine Führerscheinprüfung jetzt immer dann an, wenn sie begründete Zweifel an den Fahrkenntnissen und -fähigkeiten des Bewerbers hat. Somit kommt es nicht mehr auf den zeitlichen Rahmen, sondern auf den Einzelfall an. Auch Betroffene oberhalb der bisherigen Zwei-Jahres-Grenze haben demnach einen Anspruch darauf, dass in ihrem Fall individuell geprüft wird, ob sie eine Führerscheinprüfung machen müssen.

(Ebenfalls zum Thema)

Polizei überfährt Hund – und will Geld dafür

Polizisten aus Bad Oldesloe in Schleswig-Holstein haben in der Silvesternacht auf der Autobahn 1 bei Ahrensburg einen entlaufenen Hund totgefahren. Absichtlich. Nun soll die 65-jährige Halterin des Tieres für den Einsatz 2.557,31 Euro bezahlen, weil bei der Aktion das Einsatzfahrzeug beschädigt wurde.

Die Polizei rechtfertigt das tödliche Manöver. Hund Robby, ein Australian Shepherd, habe eine Stunde lang nicht eingefangen werden können. Die Halterin und Tierschützer fragen nun, warum die Autobahn nicht gesperrt wurde, um den Hund in Ruhe und ohne Gefahren von der Fahrbahn holen zu können. In der Silvesternacht werde die Autobahn kaum befahren, zitiert das Hamburger Abendblatt (Link über Google News, sonst Bezahlcontent) einen Tierschützer.