Das außergerichtliche Mahnverfahren nutzen viele Unternehmen auch zur psychologischen Kriegsführung. Der Kunde wird mit Schreiben und Kontoauszügen zugeschüttet. Die Briefe enthalten regelmäßig nur Textbausteine und „letzte Fristen“ – auch wenn der Kunde sich gegen die Forderung mit sachlichen Argumenten wehrt. Sobald Inkassobüros eingeschaltet werden, wird es in der Regel noch schlimmer.
Mit Hilfe des Amtsgerichts Düsseldorf wollte der genervte Kunde einer Telefonfirma nun dem Mahnterror entfliehen. Er forderte die Firma auf, auch außergerichtlich nur noch mit seinem Anwalt zu korrespondieren. Das Unternehmen hielt sich nicht dran. Der Kunde beantragte eine einstweilige Verfügung – und verlor.
Das Amtsgericht Düsseldorf hält Mahnungen erst mal grundsätzlich für zulässig:
Grundsätzlich sind Mahnungen der Verfügungsbeklagten von deren berechtigten rechtlichen aber auch wirtschaftlichen Interesse gedeckt und damit nicht zuletzt von ihren Rechten gem. Art. 14 GG.
Mahnungen dienen schon von Gesetzes wegen der Wahrung weiterer Rechte des Gläubigers (vgl. §§ 286, 288, 280 Abs. 2 BGB, 93 ZPO).
Sie haben daneben aber auch den Zweck, Druck auf den Schuldner auszuüben und damit berechtigte Forderungen des Gläubigers durchzusetzen. Dass die Rechtsordnung diesen Aspekt, nämlich im wirtschaftlichen Interesse des Gläubigers durch eine gewisse Hartnäckigkeit Druck auf den Schuldner auszuüben, ergibt sich aus dem Umstand, dass allgemein anerkannt ist, dass der in Verzug befindliche Schuldner in der Regel aus dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens Aufwendungen für mehrere Mahnungen zu ersetzen hat.
Festzuhalten ist damit, dass grundsätzlich ein auch hartnäckiges Verfolgen berechtigter Ansprüche im vorgerichtlichen Bereich von den schützenswerten Interessen des Gläubigers gedeckt ist und daher keine Verletzung der Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB und auch keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt.
Aus dem Berufsrecht der Anwälte will das Gericht keine Verpflichtung herleiten, bei Einschaltung eines Anwalts den eigentlich Betroffenen in Ruhe zu lassen. Die Beauftragung eines Anwalts müssen eben nur wiederum Anwälte berücksichtigen. Unter Kollegen ist es verboten, ohne Einverständnis den Mandanten der anderen Seite direkt zu kontaktieren. Allerdings, so das Amtsgericht nachvollziehbar, gelte das eben nicht für Nicht-Anwälte.
Allerdings ist die Entscheidung kein Freibrief für ungehemmtes Mahnen. Denn das Amtsgericht Düsseldorf zeigt gleichzeitig Grenzen auf, bei deren Überschreitung der Kunde Abwehransprüche haben könnte:
Etwas anderes wird dann gelten, wenn vorgerichtliche Maßnahmen ein noch hinzunehmendes Ausmaß übersteigen. Dies wird man bejahen können, wenn über einen Zeitraum von mehreren Wochen wöchentliche Mahnungen oder über einen Zeitraum von mehreren Monaten Mahnungen im 2-Wochen-Rhythmus versandt werden. Nicht hinzunehmen wären auch andere Methoden der Anspruchsverfolgung, z. B. Anschreiben an mit dem Schuldner in Verbindung stehende Dritte mit dem Zweck, den Schuldner zu diskreditieren oder ähnliches.
Der Wochen- bzw. 2-Wochen-Rhythmus könnte durchaus ein praktikabler Aufhänger sein, um nervige Unternehmen zurückzuärgern. Es gibt genug Firmen, die in dichteren Intervallen Post Forderungen anmahnen.
(Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.01.2010 – 58 C 15403/09, via beck-blog)