So umstritten und schillernd das Strafverfahren gegen Harald Friedrich (Grüne), den ehemaligen Abteilungsleiter des NRW-Umweltministeriums, bislang schon war – das bislang bizarrste Bild zeichnete jetzt der Wuppertaler Oberstaatsanwalt Ralf Meyer in seiner Zeugenaussage vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Meyer hatte zwar schon im Mai und August vorigen Jahres die schlimmen Vorwürfe der Untreue und des Geheimisverrat wegen erwiesener Unschuld eingestellt – ist aber bis heute der festen Meinung, das hätte nie passieren dürfen. Denn: „Ich bin dazu mehrfach schriftlich von der Generalstaatsanwalt Düsseldorf angewiesen worden!“
Diesen neuen und offenen Justizwiderspruch nahm der Untersuchungsausschuss interessiert zur Kenntnis, verwickelte Meyer aber auch in andere. Der betonte zwar, das von der CDU geführte Umweltministerium habe „nie versucht, uns in irgendeiner Weise zu beeinflussen“. Danach räumte Meyer allerdings insbesondere auf Fragen des Ausschussvorsitzenden Thomas Kutschaty (SPD) ein, eine Ministerialrätin habe Friedrich schwer belastet, weil sie ihn nicht mehr im Dienst sehen wollte.
Ob denn jemals ein neutraler Gutachter zum Vorwurf „freihändiger Vergaben von Aufträgen“ durch Friedrich gehört worden sei, wollte Kutschaty wissen. „Sachverständig waren für mich die Stellungnahmen des Ministeriums“, bekräftigte Meyer den Verdacht von SPD und Grünen, die strafrechtlichen Ermittlungen seien womöglich aus politischen Motiven vom Ministerium befeuert worden.
Kutschaty stocherte weiter – der Oberstaatsanwalt musste sich sagen lassen, dass mit seiner Billigung ausgerechnet Ministeriumsstaatssekretär Alexander Schink den ganzen Fragenkatalog weit vor seiner Zeugenvernehmung bekam. „Da besteht doch die Gefahr, dass Aussagen mit anderen abgestimmt werden können“, rügte Kutschaty. Meyer hatte daran „keine Erinnerung mehr“.
Erstaunliche Gedächtnislücken zeigte vor drei Monaten auch Hans-Jürgen H., der Personalchef des Umweltministeriums. Der hatte sich bei seiner ersten Zeugenvernehmung vor dem Untersuchungsausschuss noch ahnungslos gegeben, wollte nichts mitbekommen haben von Strafanzeigen und anderen Aktivitäten des Ministeriums gegen Friedrich. Nun erschien er mit einem Rechtsanwalt im Landtag, um seine falschen Aussagen zu berichtigen.
Er stellte zwar klar, dass er vom reichlichen Schriftverkehr des Ministeriums mit dem Landeskriminalamt gewusst hat. Auch Reisekostenabrechnungen des einst der Korruption verdächtigen Friedrich habe er – entgegen seiner früheren Angaben – gesehen. Doch zeitweise rechtfertigte sich der hoch dotierte Personalchef wie ein ertappter Junge: „Ich habe die Kopien und nicht die Originale gesehen“, behauptete er, konnte aber auf drängende Fragen von SPD und Grünen den inhaltlichen Unterschied nicht erklären.
Auf Granit biss der Untersuchungsausschuss zum Ende seines 16. Sitzungstages bei dem Zeugen Alfons Grevener. Der 62-jährige Vizechef der Wuppertaler Staatsanwaltschaft ließ durch seinen Anwalt Sven Thomas erklären, er verweigere jede Aussage vor den Parlamentariern.
Die umfangreiche Begründung mündet in zwei Ansichten: Ein Staatsanwalt lasse sich und nie immer bei seiner Arbeit auch nur irgendwie beeinflussen. Und zweitens: Er sei ein Vorgesetzter. Und wenn so einer nur irgendwie in den Verdacht gerate, er lasse Untergebene eine rechtswidrige Straftat begehen, sei das strafbar. Also stehe ihm das Recht zu, die Aussage umfassend zu verweigern.
Das sieht der Parlamentarische Untersuchungsausschuss anders: Er wird beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein Ordnungsgeld gegen Grevener beantragen – und will ihn damit zur Aussage zwingen. (pbd)