Frau O. kommt aus Afrika. Sie hat einen gültigen Pass. Und ein Visum, das ihr die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland erlaubt. Der Bundespolizist am Flughafen wittert trotzdem Ungemach und setzt Frau O. fest. Er schöpft den Verdacht, dass Frau O. nicht nur auf zwei Wochen zu Besuch kommt, sondern andere Zwecke verfolgt. In diesem Fall kann die Bundespolizei tatsächlich die Einreise versagen (§ 15 Aufenthaltsgesetz).
Woher der Verdacht kommt und ob er im Sinne des Gesetzes „begründet“ ist, darüber will ich jetzt nicht spekulieren. Ziemlich geärgert hat mich allerdings, wie versucht wird, möglichst einen Anwalt aus dem Spiel zu lassen.
Das fing natürlich mit dem üblichen Spielchen an, wonach ich eine schriftliche Vollmacht vorlegen soll. Ich wies darauf hin, dass eine Vollmacht keineswegs nur schriftlich wirksam ist, sondern mich die Betroffene auch mündlich beauftragen kann. Ich habe dann mit ihr telefonieren dürfen und sie hat – welch Wunder – sich natürlich gefreut, dass ihr ein Anwalt helfen wird. Allerdings spricht sie nicht sonderlich gut Englisch, so dass die Verständigung nicht einfach war.
Das änderte aber nichts daran, dass die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht verlangt wurde. Ich habe also einen Vollmachtstext gefaxt. Allerdings, wohl zur Überraschung bei der Bundespolizei, mit einem ziemlich ausführlichen Begleitschreiben, in dem ich schon zu den Umständen Stellung nahm und Tatsachen sowie Zeugen (mit Handynummern) benannte, die für einen reinen Besuchsaufenthalt sprechen.
Am Einreisezweck hatten ja nicht mal die Behörden Zweifel, welche am Visum beteiligt waren. Die Ausländerbehörde hat den Einlader in seiner Heimatstadt gründlich unter die Lupe genommen. Überdies hat die deutsche Botschaft im Heimatland von Frau O. recherchiert und das Visum erteilt. Die deutschen Auslandsvertretungen stehen in letzter Zeit sicher nicht mehr im Ruf, Visa leichtfertig zu erteilen.
Fünf Minuten nach Übersendung des Faxes ruft mich der Bundespolizist an und erklärt jovial, meine Mandantin wolle die Vollmacht nicht unterschreiben. Wörtlich: „Ich habe extra noch zwei Kollegen hinzugezogen als Zeugen. Die können bestätigen, die Frau will die Vollmacht nicht unterschreiben.“
Da fällt mir nur noch wenig ein. Die Bundespolizei nimmt eine arglose Reisende nach einem stundenlangen Flug fest. Dann bauen sich nach weiteren Stunden Wartezeit drei Uniformierte vor ihr auf und bitten sie, doch mal kurz ein Papier zu unterschreiben, dessen Inhalt (in deutsch und englisch) sie wahrscheinlich nicht komplett versteht.
Wie, so habe ich den Bundespolizisten gefragt, würde er sich in so einer Situation im Ausland verhalten? Er hat nicht drauf geantwortet. Ich wäre jedenfalls auch sehr weit davon entfernt, etwas zu unterzeichnen.
Mein Schreiben wird der Beamte, das habe ich ihm deutlich gesagt, völlig unabhängig von der Frage zur Kenntnis nehmen müssen, ob ich „schriftlich“ bevollmächtigt bin oder nicht. Wenn er die belastenden Umstände sieht, wird er sich den entlastenden nicht verschließen dürfen. Egal, von wem sie vorgebracht werden. Für den Fall, dass er das Schreiben ignoriert, habe ihm ausdrücklich ein Telefonat mit seinem Behördenleiter und, sofern dann noch nötig, eine Dienstaufsichtsbeschwerde in Aussicht gestellt. Mache ich selten, aber hier ging es wohl nicht anders.
Dumm: Heute hat das zuständige Gericht zu. Morgen wird dann ein Kollege vor Ort übernehmen und schauen, was zu machen ist. Dass die betreffende Dienststelle gerne nach Kräften Anwälte aus dem Spiel lässt, hat mir der Anwalt vorhin schon am Telefon bestätigt. Mit solchen Dingen habe er täglich zu kämpfen. Sein einziger Trost: „Je weniger die in der Hand haben, um so mehr wird geblockt.“
Es gibt also Grund zu verhaltenem Optimismus.