In einer neuen Ausländersache zieht es die langjährige Mandantin vor, sich künftig von einer Rechtsanwältin vertreten zu lassen. Der hat sie erzählt, dass in einer Strafsache noch die Erstattung beschlagnahmten Geldes aussteht. Offenbar hat die (nun Ex-) Mandantin den Eindruck erweckt, sie könne die neue Anwältin mit diesem Geld bezahlen. Die werte Kollegin fragt nämlich in ihrem Schreiben schon ziemlich unverblümt nach der Summe und bittet um Weiterleitung auf ihr Kanzleikonto, natürlich „unverzüglich“.
Richtig ist, dass ich nicht nur das Ermittlungsverfahren eingestellt bekommen habe, sondern auch beschlagnahmtes Geld loseisen konnte. Was nicht so einfach war, denn die Betroffene hatte der Polizei gesagt, das Geld habe sie zwar in der Innentasche ihres Koffers, es gehöre aber einer Freundin. (Die Freundin ist leider spurlos verschwunden und kann die Freigabe nicht beantragen.)
Es bedurfte zunächst einiger recht komplexer Erwägungen zur ansonsten eher akademischen Frage, ob es bei der Rückgabe beschlagnahmter Sachen auf das Eigentum oder den Besitz ankommt. Letzlich waren es wohl nicht nur meine Argumente, sondern auch die die Aussicht auf langwierige Rechtsmittel, welche die Staatsanwältin bewogen, der richtigen Ansicht (es kommt auf den Besitz an) zu folgen. Was nun in diesen Tagen zur Freigabe des Geldes führte.
Und hier wird’s dann doch interessant. Weder in der Strafsache noch in einer anderen Gelegenheit sind unsere Anwaltsgebühren bislang gedeckt. Dementsprechend hatte ich mit der Mandantin besprochen, dass das Geld nicht nur an uns ausgezahlt werden soll. Es sollte auch mit unseren Anwaltsgebühren verrechnet werden. Die Erstattung könnte sich, Zufälle gibt’s, in etwa mit unserer Rechnung decken. Übrig bleiben wird jedenfalls nichts.
Glücklicherweise hat die Gerichtskasse den Betrag wohl schon an uns überwiesen. Eine spontane Umleitung aufs Konto der erwartungsfrohen Kollegin dürfte damit kaum noch machbar sein. Wird sie also gucken müssen, womit sie ihre Tätigkeit vergüten lässt.
Aber immer wieder schön zu sehen, wie Mandanten in eigener Sache tricksen, tarnen und täuschen.