Auf Wikileaks findet sich ein bemerkenswertes Dokument über die „Gewinnverbesserung durch Abmahnverfahren“. Es handelt sich um die Selbstdarstellung eines in der Branche bekannten Unternehmens, das mit der Präsentation bei der Film-und Musikindustrie sowie Verlagen nach Aufträgen zur Ermittlung von „Raubkopierern“ wirbt.
Die Präsentation soll sich zunächst auf der Webseite des Unternehmens befunden haben. Sie wurde aber entfernt, nachdem gulli.com als erster darüber berichtet hat.
Schlagkräftigstes Argument: Mit Massenabmahnungen von Filesharern lässt sich viel mehr Geld verdienen als mit legalen Downloads.
Die Beispielsrechnung:
Schadensersatz gemäß Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung: € 450,00
Anteil Rechteinhaber 20 % pro erfasstem und abgemahntem Rechtsverletzer, der tatsächlich bezahlt: 90,00 (Quote der Sofortzahler liegt zur Zeit bei ca. 25%)
Technikkosten, Administrationskosten,sonstige infrastrukturelle Kosten,
Anwaltshonorar für Gerichtsanträge, Abmahnschreiben, Massenkorrespondenz
mit Rechtsverletzern, Zahlungsklagen, EV-Anträge in begrenztem Umfang:
360,00
Das Gewinn“versprechen“:
Ca. € 0,60 (netto) pro legal verkauftem Download gegenüber
€ 90,00 pro erfassten illegalen Download bei Rechtsverletzern, die zahlen.
Der Ertrag bei erfassten und bezahlten illegalen Downloads ist das 150 fache! Das bedeutet: Wenn 1.250 Rechtsverletzer erfasst werden, die zahlen, müssten zur Erwirtschaftung des entsprechenden Ertrages 150.000 Downloads legal verkauft werden.
Bei einer Zahlquote von 25 % müssten also pro Monat 5.000 illegale Downloads eines bestimmten Produktes erfasst werden. Dies ist pro Woche eine Erfassungszahl von 1.000, was bei gut laufenden Themen realistisch ist.
Die Zahlquote wird durch Vergleichsschlüsse und Ratenzahler regelmäßig bei einem durchschnittlichen Überwachungs- und Bearbeitungszeitraum von 6 Monaten gesteigert.
Ein sehr schöner Beleg dafür, wie die Branche mittlerweile tickt. Überdies ein wunderbares Dokument, welches Gerichte sicher gerne lesen werden, wenn sie sich mit der Frage nach dem Rechtsmissbrauch durch Massenabmahnungen beschäftigen müssen.
Außerdem eine ziemliche Gefahr für die beteiligten Anwälte. Die behaupten nämlich immer gern, sie würden ihren Mandanten die gesetzlichen Gebühren in Rechnung stellen, so dass diese von den Abgemahnten auch tatsächlich Gebühren in dieser Höhe erstattet verlangen können.
Das Dokument spricht eine andere Sprache: Filesharing-Überwachung als Rundum-Sorglos-Paket ohne jedes Kostenrisiko. Zwar weiß jeder, dass es so ist. Aber schwarz auf weiß bekommt man es doch eher selten.
(Zum Thema auch netzpolitik.org)