Wer erstattet in Bußgeldverfahren die Anwaltskosten, wenn sich nach Erlass des Bußgeldbescheides die Unschuld des Betroffenen erweist? Die Bußgeldstelle, möchte man meinen. Aber der Gesetzgeber hat sich eine besondere Regelung ausgedacht. Seine Anwaltskosten ( = notwendige Auslagen) soll der Betroffene jedenfalls dann selbst zahlen, wenn er diese Kosten durch „rechtzeitiges Vorbringen entlastender Umstände hätte vermeiden können“. So bestimmt es § 109a Absatz 2 Ordnungswidrigkeitengesetz.
Von dieser Vorschrift wird exzessiv Gebrauch gemacht. Kaum ein Fall, in dem das Amt einen Rückzieher macht, und sich dann nicht auch noch um die Anwaltskosten drücken will. Das Amtsgericht Langenfeld hatte sich jetzt mit einem Fall zu befassen, in dem der Betroffene zunächst einfach nichts zur Sache gesagt hat. Kann schon das dazu führen, ihm später die Erstattung der Anwaltskosten zu verweigern? Nein, meint das Amtsgericht Langenfeld – zu meiner freudigen Überraschung. Die Begründung:
Gegen den Antragsteller ist ein Bußgeldverfahren wegen Anordnens oder Zulassens der Inbetriebnahme eines Lastkraftwagens mit nicht ordnungsgemäß gesicherter Ladung eingeleitet worden.
Im Rahmen der Anhörung erhielt der Antragsteller einen Anhörungsbogen, in dem der vorgenannte Vorwurf mit dem Zusatz „nicht ausreichend mit Sicherungsmitteln ausgestattet“ aufgeführt wird. Hierzu hat sich der Antragsteller lediglich dahin geäußert, man wolle „Einspruch in der… Angelegenheit“ einlegen.
Die Verwaltungsbehörde hat sodann einen Bußgeldbescheid gegen den Antragsteller erlassen, gegen den die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers Einspruch eingelegt haben. Aufgrund der Begründung des Einspruchs und weiteren Ermittlungen hat die Verwaltungsbehörde das Verfahren wegen erwiesener Unschuld eingestellt.
Mit Bescheid vom 27. August 2009 hat sie die Verfahrenskosten, nicht jedoch die notwendigen Auslagen des Antragstellers der Kreiskasse auferlegt. Hiergegen richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Wegen der Begründung wird auf die aktenkundigen Ausführungen der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers verwiesen.
Die Verwaltungsbehörde ist der Auffassung, dass ein Fall des § 109 a Absatz 2 OWiG vorliege, weil entlastendes Vorbringen verspätet vorgebracht worden sei. Dem vermag sich das Gericht nicht anzuschließen.
Die genannte Vorschrift ist zwar eine Ermessensregelung. Sie ist zu Lasten eines Betroffenen jedoch nur dann anwendbar, wenn nicht rechtzeitiges Vorbringen als missbräuchlich oder unlauter anzusehen wäre (Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 13. Auflage, Randziffer 12 zu § 109 a).
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, selbst wenn der Vorwurf als solcher als im Anhörungsverfahren hinreichend konkret bezeichnet anzusehen wäre. Der Antragsteller hat lediglich von seinem Recht Gebrauch gemacht, zunächst zu schweigen. Dies kann nicht dazu führen, ihn mit seinen notwendigen Auslagen zu belasten.
(Amtsgericht Langenfeld, Beschluss vom 15. Oktober 2009, 15 OWi 78/09)