Nun eine weitere Episode aus der Rubrik Strafrichter und ihre Verhandlungstermine, sozusagen als Follow Up zum vorherigen Eintrag.
Wochenlang hatte ich mich bemüht, für einen Beschuldigten als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden. Dies hat das Gericht abgelehnt. Mit für mich nicht sonderlich überzeugenden Gründen, aber es heißt ja nicht umsonst: zwei Juristen, drei Meinungen.
Eine Beschwerde gegen die verweigerte Beiordnung als Pflichtverteidiger habe ich sogar zurückgenommen. Es deutete sich nämlich eine elegante Lösung an. Die mutmaßlich Geschädigte hatte sich als Nebenklägerin im Verfahren gemeldet. Ihr Anwalt beantragte, ihr als Nebenklägervertreter beigeordnet zu werden.
Hat das mutmaßliche Opfer aber einen Anwalt beigeordnet erhalten, hat auch der Angeklagte Anspruch auf einen Pflichtverteidiger (§ 140 Abs. 2 Strafprozessordnung). Da die Voraussetzungen der Nebenklage und des Opferanwalts vorliegen, hat das Gericht folgerichtig die Nebenklage zugelassen, den Kollegen beigeordnet und mich als Pflichtverteidiger bestellt.
An sich hätten wir jetzt fröhlich am Dienstag in die Hauptverhandlung marschieren können. Allerdings hebt das Gericht den Verhandlungstermin auf. Begründung: „Notwendigkeit einer Pflichtverteidigerbestellung.“
Denn, Überraschung oder auch keine, da gibt es ja noch den zweiten Angeklagten. Der hatte bislang keinen Anwalt, braucht jetzt aber natürlich auch einen. Der Pflichtverteidiger des zweiten Angeklagten muss erst ausgesucht werden. Dann muss er sich einarbeiten. Das ist in dreieinhalb Werktagen natürlich nicht zu schaffen.
Dem Gericht lag der Antrag auf Zulassung der Nebenklage schon geraume Zeit vor. Wenn er etwas früher berücksichtigt und (reine Formsache) positiv beschieden worden wäre, hätte der Termin nun nicht platzen müssen. Wieder ein Verhandlungstag in der Hochsaison futsch, den ich mühsam freihielt – aber das habe ich ja schon alles im vorherigen Beitrag beklagt.