DNA Evidence Can Be Fabricated, Scientists Show
„Ein älterer Mann auf einem Spielplatz begründet keine Gefahr“
Sind Videoaufzeichnungen für Geschwindigkeits- und Abstandskontrollen zulässig? Ja, aber nicht ohne eindeutige gesetzliche Grundlage. Eine Verwaltungsvorschrift reicht nicht aus. Mit dieser Begründung gab das Bundesverfassungsgericht einem Autofahrer Recht. Der war von einer Brücke aus gefilmt worden, sollte ein Bußgeld zahlen – und machte jetzt erfolgreich sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung geltend.
Da jeder Autofahrer gefilmt wird, sieht das Bundesverfassungsgericht deren Persönlichkeitsrechte verletzt. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Videoaufzeichnung im öffentlichen Raum erfolgt:
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet nicht allein den Schutz der Privat- und Intimsphäre, sondern trägt in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch den informationellen Schutzinteressen des Einzelnen, der sich in die Öffentlichkeit begibt, Rechnung.
Für solche Eingriffe bedürfe es stets seine Gesetzes, betont das Verfassungsgericht. Verwaltungsvorschriften reichten nicht aus:
Eine solche Rechtsauffassung ist verfehlt und unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar. Es handelt sich bei dem Erlass – ausweislich der einleitenden Bemerkung – um eine Verwaltungsvorschrift und damit um eine verwaltungsinterne Anweisung. …
Eine Verwaltungsvorschrift kann für sich auch keinen Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung rechtfertigen, da es einer formell-gesetzlichen Grundlage bedarf. Der parlamentarische Gesetzgeber hat über einen derartigen Eingriff zu bestimmen und Voraussetzungen sowie Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar festzulegen.
Das Amtsgericht muss den Fall jetzt neu verhandeln. Insbesondere muss es prüfen, ob die Videoaufnahme verwendet werden darf, obwohl sie rechtswidrig zustande gekommen ist.
Die Staatsanwaltschaft Ulm hat mich beeindruckt. Positiv. Sie beantragt von sich aus die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens gegen meine Mandantin – und zwar zu Gunsten der Frau. Was zur Folge haben sollte, dass ein mittlerweile rechtskräftiger Strafbefehl aufgehoben und das Ermittlungsverfahren eingestellt wird.
Die Geschichte ist nicht lang. Meine Mandantin stammt aus Afrika. Sie hielt sich illegal in Deutschland auf. Im Juni 2008 wurde sie in Göppingen erwischt. Wegen illegalen Aufenthaltes verhängte das Amtsgericht im Januar 2009 einen Strafbefehl. Eintausend Euro, die meine Mandantin bei sich hatte, waren gleich bei der Festnahme einbehalten worden. Die Geldstrafe belief sich dann, welch Überraschung, auf eintausend Euro.
Nun ist meine Mandantin aber noch einmal erwischt worden, und zwar im November 2008. Das war in Duisburg. Dort knöpfte man ihr 2.500 Euro ab und stellte das Verfahren wegen geringer Schuld ein. Die Einstellung in Duisburg erging einige Tage vor Erlass des Strafbefehls in Ulm.
Ich hatte mir dann erlaubt darauf hinzuweisen, dass der illegale Aufenthalt ein Dauerdelikt ist. Meiner Mandantin sei nicht nachzuweisen, dass sie zwischen den Kontrollen in Göppingen und Duisburg ausgereist sei. Somit liege nur eine Tat vor.
Eine Tat bedeutet aber, dass der Strafbefehl nicht hätte ergehen dürfen. Denn mit der Verfahrenseinstellung gegen eine Auflage von 2.500,00 Euro darf die betreffende Tat nicht erneut verfolgt werden. Das aber ist mit dem Strafbefehl geschehen.
Der Staatsanwalt in Ulm hat sich die Akte aus Duisburg kommen lassen – und nun von sich aus die Wiederaufnahme beantragt. Das ist ein fairer Zug. Normalerweise wird nämlich jedes juristische Schlupfloch genutzt, um es nicht zur Wiederaufnahme zu Gunsten des Verurteilten kommen zu lassen (aktuelles Beispiel).
Meine Mandantin wird sich auch freuen. Wenn der Antrag erfolgreich ist, kriegt sie ihre 1.000 Euro wieder. Für die hat sie hart gearbeitet.
Lange war es ruhig. Aber seit seit einigen Wochen wird das law blog mit Kommentarspam geflutet. Der Spamfilter tut ordentlich seinen Dienst, so dass nur ganz wenige der vielen hundert Pillen- und XXX-Werbesprüche täglich unter einem Beitrag auftauchen.
Unschöne Begleiterscheinung: Es werden ab und zu auch einige Leserkommentare angehalten. Diese wandern aber nicht in den Müll, sondern nur in die Warteschleife. Wenn ein Kommentar also zunächst nicht erscheint, wäre es nett, den Kommentar nicht nochmals abzuschicken (das macht den Spamfilter dann richtig nervös), sondern etwas Geduld zu haben.
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Noch etwas: Die Formatierungsmöglichkeiten in den Kommentaren sind aus technischen Gründen abgeschaltet. Es geht derzeit nur Text.
Danke.
„Aber es geht schließlich um unsere Kinder. Für ihren Schutz sollte uns jedes Mittel recht sein.“
Diese Sätze scheinen Mode zu werden. Heute spricht sie Isolde Stöcker-Gietl aus. Die Redakteurin der Mittelbayerischen Zeitung beklagt in einem Kommentar, Sexualstraftäter, deren Opfer Kinder sind, würden viel zu lasch bestraft:
Drei Jahre Gefängnis, vielleicht auch fünf, und die Sache ist erledigt.
Nun ist insbesondere die bayerische Justiz nicht unbedingt bekannt dafür, dass sie durchgehend auffällig milde straft. Aber auch über die weiß-blauen Grenzen hinaus gibt es eben nun mal so etwas wie eine angemessene Rechtsfolge für jede Tat.
Das bedeutet: Nicht jede Sexualstraftat gegenüber einem Kind kann in einem Rechtsstaat lebenslänglich geben – auch wenn es Frau Stöcker-Gietl vielleicht gern so hätte. Es kommt immer noch darauf an, was der Täter genau getan hat, ob er schuldfähig war und wie die Umstände insgesamt gewesen sind.
Die Autorin belässt es jedoch nicht dabei, die aus ihrer Sicht zu milden Strafen zu kritisieren. Nein, sie schlägt, ernsthaft, eine weitere Lösung vor:
Doch wie wäre es, wenn eine Entmannung auch gerichtlich angeordnet werden könnte? Sicherlich eine radikale Forderung. Aber es geht schließlich um unsere Kinder. Für ihren Schutz sollte uns jedes Mittel recht sein.
Wenn Frau Stöcker-Gietl mal ins Grundgesetz schauen täte, könnte sie auf den Artikel 1 stoßen, der die Menschenwürde jedes Menschen für unantastbar erklärt. Auch Sexualstraftäter sind Menschen. Außerdem garantiert gleich der nächste Artikel der Verfassung das Recht auf körperliche Unversehrtheit – ein selbsterklärender Begriff.
Diese Regeln binden den Rechtsstaat. Darüber kann er sich nicht hinwegsetzen, wenn er nicht zum Willkür- und Unrechtsstaat mutieren will. Vielleicht sollte man als Journalistin wenigstens einen Nebensatz auf diese rechtlichen Schranken namens Grundrechte verwenden. Zumal sie doch neulich noch so positiv herausgestellt worden sind, als dieses Grundgesetzdings auch in Bayern seinen 60. Geburtstag feierte.
Freuen wir uns auf die Fortsetzung mit dem Thema „Todesstrafe für Kinderschänder“. Sie ist unvermeidlich.
Ich habe vor einiger Zeit ein Foto getwittert. Es zeigte einen Werbeslogan für ein Autohaus. Der Slogan war auf einen öffentlich ausgestellten Sportwagen aus Stuttgart gepappt. Groß zu lesen war auch der Name des Kundenberaters als „Ansprechpartner“. Dieser Name wiederum war Anlass für einen, nun ja, mittelflauen Gag unter 140 Zeichen.
Der betreffende Herr rief mich an und verlangte die Löschung des Tweets. In seinen ersten zwei Sätzen kam vor, dass er unter seinen Kunden viele Anwälte hat, die den ganzen Tag Abmahnungen schreiben (und deshalb dicke Autos fahren). Außerdem sei er mit jemandem verwandt, der im Vorstand der Rechtsanwaltskammer sitzt. Etwas überraschend war für den Anrufer wohl, dass ich trotz dieses Szenarios den Tweet nicht einfach löschen wollte.
Wer mit seinem Namen öffentlich Werbung macht, versuchte ich dem Herrn zu erklären, muss auch damit leben, wenn sich mal jemand mit der Werbung beschäftigt. Möglicherweise sogar auf der Basis harm- oder, schrecklich, schrecklich, überdies gar hirnlosen Humors.
Bevor wir uns komplett überwarfen, rückte der Betreffende damit raus, worum es ihm vornehmlich geht: sein Google-Profil. Er findet es als Geschäftsmann nicht gut, dass der Tweet mittlerweile auf der ersten Google-Seite steht, noch dazu schmeichelhaft weit oben.
Das war ein Argument, das ich nachvollziehen kann. Klar, es macht keine Freude, immer wieder einen längst gelaufenen, noch dazu nicht dauerhaft zündenden Gag bei der eigenen Namenssuche vor die Nase gehalten zu bekommen.
Ich sagte also zu, den mittlerweile in der Timeline angerosteten Tweet zu löschen. Wegen des rüden Intros musste ich mir aber doch noch einen kleinen Schubs geben. Ich tröstete mich einfach damit, dass ich jetzt weiß, wo ich meinen Mercedes nicht kaufe, falls ich mal in das passende Alter dafür komme.
Vor mir liegt eine Rechnung von T-Mobile. Der Kunde hat 844 MB Daten über GPRS heruntergeladen. Hierfür soll er 7.590,86 Euro zahlen. Das macht neun Euro pro MB.
Die Datenflatrate kostet bei T-Mobile 39,95 €. Hätte der Kunde die 844 MB mit einer Datenflatrate heruntergeladen, würde ihn jedes MB rechnerisch knapp 5 Cent kosten. Schon bei dieser Berechnung ist das MB im „Einzelbezug“ also 180 x teurer.
Nimmt man nur mal die ja auch mit der Flatrate möglichen 5.000 MB, ab denen die UMTS-Flat auf GPRS-Niveau gedrosselt wird, kostet das MB bei T-Mobile nur einen achtel Cent. Der – voreingestellte – Tarif des Kunden ist bei dieser Berechnung also mehr als eintausend Mal teurer.
Hat eigentlich noch niemand gegen diese voreingestellten Tarife geklagt?
Ab sofort stehe ich, so wird mir mitgeteilt, in einem „öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis eigener Art“. Kein Grund zu verhaltenem Jubel, ich muss nicht ins Gefängnis. Die Fachhochschule Düsseldorf hat mich zum Lehrbeauftragten ernannt.
Ab dem Wintersemester unterrichte ich dort angehende Medientechniker im Medienrecht. So richtig mit Vorlesung und zwei Seminaren.
Schauen wir mal.
Auch wenn man manchmal denkt, es läuft wieder so ein neu entdeckter Farbfilm aus alten Tagen, so ist es doch Ursula von der Leyen, die da spricht. Die Bundesfamilienministerin hatte gestern, nicht vor Jahrzehnten, mit einigen Scheintoten in Sulzbach ein dankbares Publikum. Es gibt einen Redenausschnitt:
Ich habe mir das Video einmal angesehen. Da in der Sache bereits alles widerlegt ist, was von der Leyen auftischt, hatte ich den Gedanken, über die Rhetorik der Politikerin zu schreiben. Dafür hätte ich mir das Video aber noch einige Male ansehen müssen. Was aber extrem zu Lasten meines körperlichen Wohlbefindens gegangen wäre. Nein, so ein Masochist bin ich nun auch wieder nicht.
Außerdem, warum soll man etwas analysieren, das sich von selbst erschließt? Wer Augen hat zu sehen und Ohren hat zu hören, kann sich unschwer selbst darüber klar werden, um wie viele Dekaden diese Frau zu spät dran ist.
Oder wie viele Jahre zu früh.
(Gefunden bei netzpolitik.org; dort gibt es auch ein Transskript der Rede)
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Heute habe ich einen beeindruckenden Durchsuchungsbeschluss gelesen.
Acht Beschuldigte, alle bis auf eine mit demselben Familiennamen. Im Durchsuchungsbeschluss tauchen nicht mal alle als handelnde Personen auf. Es wird also nicht klar, was ihnen konkret vorgeworfen wird.
Das scheint auch nicht so wichtig zu sein, denn wenn man sonst nichts an Tatsachen hat, so rechtfertigt doch ein Verdachtsmoment die Durchsuchung auch bei den nicht erwähnten Personen offensichtlich:
Sämtliche Beschuldigte mit Ausnahme der Beschuldigten J. sind zudem Mitglieder der Familie K. oder mit Familienmitgliedern verheiratet bzw. liiert.
Die Betroffenen schäumen wie Henkell Trocken. Ich kann’s ihnen nicht verdenken.
Dass Arbeitnehmern das Gehalt gepfändet wird, ist Alltag in Personalabteilungen. Etwas ungewöhnlicher ist es dagegen, wenn der Mitarbeiter ein unterhaltsberechtigtes Kind erfindet, damit sich die Pfändungsgrenze verschiebt.
In unserem Fall passte der gar nicht existierende Nachwuchs ziemlich gut ins Konzept. So blieben vom Einkommen monatlich nur noch knapp 30 Euro, die überhaupt an die Gläubiger überwiesen werden konnten.
Nach einigen Monaten flog das „Versehen“ auf. Natürlich. Der Arbeitnehmer zahlt jetzt freiwillig mehr und trägt die aufgelaufenen Rückstände zügig ab. Natürlich auch in der Hoffnung, dass ihm sein Chef die Sache nicht zu übel nimmt.
Für die Personalabteilung heißt es künftig: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das nächste Pfändungsopfer wird für jeden Unterhaltsberechtigten, der ihn über den Grundfreibetrag heben soll, eine Heirats- oder Geburtsurkunde vorlegen müssen.
Mein Mandant ist vermöbelt worden. Unter anderem hat ihm ein Fausthieb die Nase gebrochen. Im Zeugenfragebogen ordnet die Düsseldorfer Polizei das Delikt per Textbaustein folgendermaßen ein:
Vorsätzliche leichte Körperverletzung, § 223 StGB.
Es gibt gefährliche Körperverletzung. Es gibt schwere Körperverletzung. Es gibt auch noch fahrlässige Körperverletzung. Und, wenn man es umschreiben will, dann eben auch noch so etwas wie „einfache“ Körperverletzung.
Nur leichte Körperverletzung, davon ist weder in § 223 noch sonstwo im Strafgesetzbuch die Rede.
In Bayern hat ein Polizeihauptkommissar Anzeige in eigener Sache erstattet – gegen eine Fünfjährige. Das Mädchen, das auch schon mal mit seinem Sohn spielte, soll sein Auto angespuckt und ihm später den „Stinkefinger“ gezeigt haben.
Wie die tz berichtet, soll auf die Strafanzeige wegen der angeblichen Beleidigung hin sogar ein Streifenwagen am Haus der Eltern vorgefahren sein. Und das, obwohl eine Fünfjährige noch weit von jeder Strafmündigkeit entfernt ist. Während die Eltern des Mädchens sagen, eine Polizeibeamtin habe die Kleine zur Rede gestellt, behauptet die Polizistin, das Kind sei gar nicht da gewesen.
Die Eltern des Mädchens haben jetzt einen Anwalt eingeschaltet.