Eine Hamburger Werbeagentur hat sich ein besonderes Projekt ausgedacht – und lässt nach meiner Meinung damit unbedarfte Internetnutzer ins Messer laufen. Hilfsbereite User, die ein bestimmtes Fenster auf der Webseite No-kids.org öffnen, sollen unter ihren eigenen IP-Adressen Tauschbörsen mit gefakten Kinderporno-Dateien überschwemmen. Damit soll die Suche nach echten Kinderpornos erschwert werden. Selbstbeschreibung:
No-Kids.org beinhaltet einen integrierten Tauschbörsen-Client (ein Programm, das jeder Tauschbörsennutzer benötigt, um am Dateienaustausch teilzunehmen). Jedes Mal, wenn ein User No-Kids.org aufruft, verbindet sich die Website mit der Tauschbörse. … Jeder Computer, auf dem No-Kids.org gestartet wurde, dockt sich automatisch an eines dieser Netzwerke an. Und täuscht dann vor, exakt die Datei zu haben, nach der Kinderporno-Konsumenten suchen.
Wer also bei der Aktion mitmacht, gibt sich als Tauschbörsennutzer aus, der kinderpornografische Dateien im Angebot hat. Nach Angaben der Betreiber werden bis zu 200 verschiedene Dateinamen mit verschiedenen Endungen und Hash-Werten erstellt. Die Aktion nennt selbst zum Beispiel einen Dateinamen, der zum „Angebot“ zählt:
2yo old girl raped by dad.mpg
Jeder Teilnehmer sollte sich klarmachen, dass er derart betitelte Dateien unter seiner IP-Adresse anbietet – wenn die Angaben der Seitenbetreiber stimmen. Wortreich wird zwar darauf hingewiesen, in den Dateien seien selbstverständlich keine Kinderpornos, sondern ein Hilfsangebot. Die Verwendung bestimmter Dateinamen sei nicht strafbar. Die Verwendung von No-kids.org sei „vollkommen unbedenklich“.
Letztere Aussage ist schlicht falsch. Für keine Ermittlungsbehörde (weltweit!) dürfte erkennbar sein, dass ausgerechnet dieses Angebot über die Seite No-kids.org generiert wurde. Und ich würde mich auch nicht darauf verlassen, dass die Polizei jede Datei tatsächlich überprüft. Tatsächlich checken die verwendeten Scan-Programme, zum Beispiel beim Bundeskriminalamt, regelmäßig nur Hashwerte; auf den tatsächlichen Download wird meist verzichtet.
Es ist überdies nicht auszuschließen, dass schon allein das massenweise Angebot eindeutig benannter Dateien unter einer bestimmten IP-Adresse einen Anfangsverdacht begründet. Wenn man dem Ratschlag der Betreiber folgt, wird das betreffende Fenster ständig geöffnet gehalten. Man kann sich also ausmalen, wie viele Dateien dann in kurzer Zeit über die eigene IP-Adresse in die Tauschbörsen gepumpt werden.
Um es kurz zu sagen: Jeder, der dort mitmacht, riskiert eine Hausdurchsuchung. Natürlich wird er seine Unschuld beweisen können. Wenn nämlich die Überprüfung der beschlagnahmten Computer, den Rechner am Arbeitsplatz möglicherweise eingeschlossen, keine Kinderpornos ergibt. Aber das kann bekanntlich dauern. Für die sozialen und juristischen Folgen eines Ermittlungsverfahrens übernehmen die Betreiber keine Haftung – obwohl sie ihr Projekt als völlig unbedenklich verkaufen.
Man sollte auch nicht denken, dass Polizisten mit einem Hausdurchsuchungsbeschluss wieder umkehren, bloß weil man sich als Unterstützer von No-kids.org ausgibt. Das wird im Zweifel überhaupt nicht interessieren. Schon weil die Beamten nur ausführende Organe sind. Überdies dürfte die Ausrede, man helfe ja nur No-kids.org, auch bei tatsächlichen Kinderporno-Sammlern bald zum Repertoire gehören.