Passend zum letzten Beitrag habe ich gerade ein schönes Beispiel dafür auf dem Schreibtisch gehabt, wie schnell man heutzutage die Polizei bei sich in der Wohnung stehen hat.
Das Amtsgericht erließ Anfang April 2009 einen Durchsuchungbeschluss. Meinem Mandanten wurde darin vorgeworfen, sich im Februar 2009 per Internet eine pflanzliche Substanz aus Holland bestellt zu haben. Diese Substanz falle unter das Betäubungsmittelgesetz. Es bestehe also der Verdacht der illegalen Einfuhr von Betäubungsmitteln.
Die Polizei stellte vor knapp zwei Wochen die Wohnung meines Mandanten auf den Kopf. Und fand – nichts.
Tatsächlich hätte es nie zu der Durchsuchung kommen dürfen. Weder der Staatsanwalt noch der Amtsrichter haben nämlich die Akte richtig gelesen. Hätten sie es, wäre ihnen aufgefallen, dass die Strafanzeige, mit der das Verfahren ausgelöst wurde, offensichtlich lange beim Zoll herumgelegen ist. Tatsächlich war die Bestellung nicht vom Februar 2009, sondern vom Februar 2008. Sie lag also ein Jahr weiter zurück.
In keinem einzigen Papier des Zolls findet sich ein falsches Datum. Immer steht dort Februar 2008. Weder dem Staatsanwalt, der den Beschluss entworfen hat, noch dem Richter, der ihn unterschrieben hat, ist das offenbar aufgefallen.
Diese Schlamperei hat juristische Konsequenzen. Die fraglichen Pflanzen sind nämlich erst zum 1. März 2008 in das Betäubungsmittelgesetz aufgenommen worden. Vor diesem Tag waren die Substanzen in Deutschland legal und konnten auch eingeführt werden.
Dass die Warensendung knapp einem Monat vor der Gesetzesänderung beschlagnahmt wurde, hat dann schon der Zoll ignoriert. Im chemischen Gutachten vom Mai 2008 (!) heißt es dazu nur, diese Proben fielen unter das Betäubungsmittelgesetz. Kein Wort davon, dass die Sendung aus dem Februar ist, der Bezug dieser Pflanzen aber erst ab dem 1. März 2008 unter Strafe steht.
In der Folgezeit hat sich niemand mehr darum gekümmert, ob das tatsächlich so ist. Staatsanwalt und Richter offensichtlich schon deshalb nicht, weil sie die Akte nicht richtig gelesen haben und schlicht nicht mal peilten, dass der Vorfall ein Jahr weiter zurückliegt. Und wahrscheinlich auch, weil sie die unrichtige Stellungnahme des Zollamtes zur Betäubungsmitteleigenschaft kritiklos übernahmen und es nicht für Wert erachteten, neben zeitlichen Angaben auch mal die Gesetzeslage zu überprüfen.
Wie gesagt: So schnell kann es gehen.