Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde gegen die Aktion „Mikado“ nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Pressemitteilung:
Die Staatsanwaltschaft Halle leitete im Jahr 2006 ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein, nachdem sie auf eine Internetseite aufmerksam geworden war, die den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten vermittelte. Der Zugang zur Internetseite kostete 79,99 $, die von den Kunden per Kreditkarte gezahlt werden mussten. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens schrieb der ermittelnde Staatsanwalt die Kreditinstitute an, die Mastercard- und Visa-Kreditkarten in Deutschland ausgeben. Er forderte sie auf, alle Kreditkartenkonten anzugeben, die seit dem 1. März 2006 eine Abbuchung von 79,99 $ zugunsten der philippinischen Bank aufwiesen, über die der
Geldtransfer für den Betreiber der Internetseite unter einer bestimmten Empfänger-Kennziffer abgewickelt wurde. Die Unternehmen ermittelten insgesamt 322 Karteninhaber, deren Daten an die Staatsanwaltschaft weitergegeben wurden.
Die Beschwerdeführer sind Karteninhaber der von der Staatsanwaltschaft kontaktierten Unternehmen und waren unter den insgesamt etwa 20 Mio. Kunden, die von der obigen Suchanfrage berührt wurden; die Daten der Beschwerdeführer wurden jedoch nicht an die Staatsanwaltschaft weitergegeben.
Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügen sie die Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
Die 2. Kammer des Zweiten Senats hat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Die Abfrage der Kreditkartendaten durch die Staatsanwaltschaft stellt keinen Ein-griff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführer dar. Ihre Kreditkartendaten wurden bei den Unternehmen nur maschinell geprüft, mangels Übereinstimmung mit den Suchkriterien aber nicht als Treffer angezeigt und der Staatsanwaltschaft daher auch nicht übermittelt.
Für die Annahme eines Eingriffs genügt es nicht, dass die Daten bei den Unternehmen in einen maschinellen Suchlauf eingestellt werden. Denn im Fall der Beschwerdeführer wurden die Daten anonym und spurenlos aus diesem Suchlauf ausgeschieden und nicht im Zusammenhang mit dieser Ermittlungsmaßnahme behördlich zur Kenntnis genommen.
Zudem wäre die Maßnahme auch dann gerechtfertigt, wenn die Daten der Beschwerdeführer an die Ermittlungsbehörde weitergeleitet worden wären.
Eine Rasterfahndung im Sinne von § 98a StPO oder eine ähnliche Ermittlungshandlung, die an den Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage zu messen wäre, liegt nicht vor, da kein Abgleich zwischen den Datenbeständen verschiedener Speicherstellen
stattfand.
Es wurde stattdessen gezielt nach Personen gesucht, die eine genau bezeichnete, nach dem damaligen Ermittlungsstand mit hinreichender Wahrscheinlichkeit strafbare Handlung vorgenommen haben: das Zahlen eines bestimmten Betrages per Kreditkarte an einen bestimmten Empfänger innerhalb eines bestimmten Zeitraums, wodurch sie
sich wahrscheinlich den Besitz kinderpornographischer Schriften
verschafften.
Die Maßnahme beruhte vielmehr auf der Ermittlungsgeneralklausel des § 161 Abs. 1 StPO. Die Übermittlung von Daten jener Kreditkarteninhaber, welche die Tatkriterien erfüllten, berührt diese zwar in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. § 161 Abs. 1 StPO ist jedoch eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage für diesen Eingriff, da die Norm Ermittlungen und damit auch die Datenerhebung auf den Zweck der
Tataufklärung begrenzt.
Die Maßnahme hält sich auch innerhalb der Grenzen, die der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit allen Ermittlungshandlungen setzt. Der Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kommt nach d em Grundgesetz eine hohe Bedeutung zu. Zur
Erreichung des Zwecks, die einer Straftat nach § 184b Abs. 4 StGB
verdächtigen Personen zu ermitteln, war die Maßnahme geeignet.
Außerdem waren mildere, ebenso geeignete Mittel hier nicht ersichtlich.
Schließlich ist in der Abwägung mit dem Zweck, Täter zu ermitteln, die
sich den Besitz kinderpornographischer Schriften verschafft haben, das
Gewicht des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das mit der Abfrage der Kreditkartendaten verbunden war, geringer zu bewerten. Denn betroffen wurden dadurch regelmäßig nur Personen, die durch ihr Verhalten den hinreichenden Verdacht einer Straftat begründet hatten.
Beschluss vom 17. Februar 2009
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