Der Universal-Betreff

In letzter Zeit kriege ich öfter Post von einer ländlichen Polizeidienststelle. Dort laufen Ermittlungen gegen etliche Beschuldigte. Der Betreff ist in allen Schreiben gleich:

Verfahren gegen Bekannt

Den Namen des Beschuldigten kann man sich dann aus dem Text suchen. Oder erraten, falls er nicht ausdrücklich erwähnt wird.

Aber Hauptsache, der Absender hat keine Arbeit…

Sie sagen nein

Das Landgericht folgt in einer Berufungssache meinem Vorschlag, das Verfahren wegen geringer Schuld einzustellen. Ist nicht nur so eine Idee aus dem Bauch heraus gewesen, sondern ich habe sie begründet.

Die Staatsanwaltschaft sagt nein. Ich werde mich noch bemühen, den zuständigen Staatsanwalt umzustimmen. Oder seinen Vorgesetzten.

Falls das nicht gelingt, gehe ich ganz entspannt in die Verhandlung. Der „Druck“ des Gerichts, nicht erneut zig Zeugen zu hören und Steuergelder für Sachverständige zu verpulvern, lastet dann halt mal auf der anderen Seite.

Fahrräder dürfen auf dem Gehweg stehen

Fahrräder dürfen auch auf dem Gehweg abgestellt werden – es sei denn, sie behindern konkret Passanten mit Kinderwagen oder Gepäck, Rollstullfahrer oder stark Gehbehinderte. Mit dieser Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster übereifrige Mitarbeiter des dortigen Ordnungsamtes zurückgepfiffen (AZ: 5 A 2239/08).

Die Beamten hatten ein in der Nähe des Hauptbahnhofs geparktes Rad zu einer Sammelstelle gebracht, wo es der Eigentümer abholen musste. Der klagte mit Erfolg vor dem Verwaltungsgericht gegen die Stadt. Deren Antrag auf Zulassung der Berufung wies das OVG jetzt unanfechtbar ab. (pbd)

Magic

Ich habe gerade die vollstreckbare Ausfertigung eines Urteils ruiniert. Gerichte sind ja nicht sparsam mit Heftklammern, und ich bin wohl zu stürmisch vorgegangen. Normalerweise halb so schlimm, aber diesmal hat es ausgerechnet den Tenor („Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger … zu zahlen“) zerrupft.

PS. Endlich weiß ich, wieso wir immer dieses teure Scotch Magic-Klebeband bestellen.

Öffentliche Antwort

E-Mail (ungekürzt):

Sehr geehrter Herr,

Ich möchte sie um die Genehmigung bitten, ihren Weblog in meiner Diplomarbeit textlinguistisch zu analysieren.

Danke für ihre Antwort

T. C.

Einverstahnden.

Durchaus intelligent

Aus einer Anklageschrift:

Der Angeschuldigte kann als durchaus intelligent eingestuft werden.

Das ist doch mal ein schönes Lob, sozusagen von Akademiker zu Akademiker. Wobei der lobende Akademiker keinen Doktortitel hat.

Revisionsgrund, ade

Mit einem Staatsanwalt gesprochen. Der muss überlegen, was er mit „neuen“ Vorwürfen gegen meinen Mandanten macht. Es handelt sich um kleinere mutmaßliche Delikte aus älterer Zeit, die im Rahmen eines Großverfahrens hochgekocht sind.

Mein Mandant sitzt derzeit eine Freiheitsstrafe ab. Sollten die neuen, alten Sachen nicht eingestellt werden, müsste im Falle einer Verurteilung eine Gesamtstrafe gebildet werden. Meinte ich jedenfalls. Der Staatsanwalt belehrte mich aber, das sei nicht möglich. Die Freiheitsstrafe sei ja schon rechtskräftig und werde vollstreckt.

Ich nahm diese Auffassung eher beiläufig zur Kenntnis. Wir wandten uns anderen Themen zu und fanden auch eine Lösung, wenn auch eine vorläufige.

Heute kriege ich das Urteil für einen neuen Mandanten, für den ich die Revision begründen soll. Schwierige Sache, zumal der Auftraggeber vor Gericht alles gestanden hat. Aber einen Lichtblick gibt es. Das Gericht hat eine Gesamtstrafe mit einer älteren Freiheitsstrafe gebildet, wegen der mein Mandant derzeit im Gefängnis sitzt.

Laut Staatsanwalt wäre das unzulässig. Voller Vorfreude auf einen Revisionsgrund schaue ich ins Strafgesetzbuch:

§ 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe

Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat.

„Vollstreckt“ bedeutet vollständig vollstreckt. Die Gesamtstrafenbildung ist also erst ausgeschlossen, wenn der Betroffene die Freiheitsstrafe abgesessen hat.

Jetzt überlege ich, ob mich der Staatsanwalt aufs Glatteis führen wollte. Muss wohl so sein, denn jede andere Erklärung scheidet ja wohl aus.

Nichts zu befürchten

„Als Rechtfertigung darf es einem Rechtsstaat nicht genügen, darauf zu verweisen,
dass doch derjenige, der nichts zu verbergen habe, auch nichts zu befürchten habe.“

Der Deutsche Anwaltverein zieht mit diesem Satz ein eher resigniertes Fazit zu den aktuellen Plänen, das Steuerstrafrecht weiter zu verschärfen. Wir sind schon weit (herunter) gekommen, wenn die Fachdiskussion auf dieser Ebene läuft.

Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins (PDF)

Abmeldung muss sein

Ein Mandant ist versetzt worden. Er arbeitet nun 150 Kilometer von seinem bisherigen Wohnort entfernt. Logischerweise kann er nicht mehr ins Sportstudio.

Das Studio ist auch bereit, den Vertrag aufzulösen. Oder zumindest bis auf weiteres ruhend zu stellen. Aber nur gegen eine Meldebestätigung. Dumm nur, dass der Arbeitgeber meinen Mandanten vorerst in einem Hotel untergebracht hat – und das auch schriftlich bestätigt.

Ich könnte das mit der Meldebescheinigung ja noch verstehen, wenn im Vertrag etwas von „beruflich bedingtem Umzug“ stünde. Das Studio billigt das Kündigungsrecht aber ausdrücklich schon bei, ich zitiere die Klausel wörtlich, „berufsbedingter Ortsabwesenheit“ zu.

Dass sich jemand nicht an seine eigenen Klauseln halten will, ist mir neu. Na ja, so ganz neu allerdings doch nicht.

Die anderen Mehdorns

Groß ist die Aufregung darüber, dass die Bahn einen Großteil ihrer Mitarbeiter ins Blaue hinein überprüft hat. Sogar Berliner Politiker finden das nicht gut.

Darunter auch welche, die mit ihren Stimmen als Volksvertreter dafür gesorgt haben, dass wir alle zu 100 % überwacht werden. Und das, obwohl wir am Telefon, per Mail oder im Internet gar keine illegalen Sachen machen und gegen uns keinerlei Verdachtsmomente vorliegen.

Wäre sicher interessant, worin genau jetzt der Unterschied liegen soll.

Spieltrieb

30 Minuten mit dem Mandanten gesprochen. Anschließend eine Viertelstunde mit seinem iPhone rumgespielt.

Er weiß es sicher zu schätzen, dass er mich nicht nach Stunden vergütet.

Verstärkte Aufmerksamkeit gegen Gewalt im Knast

Dem Justizministerium in Nordrhein-Westfalen sind im vorigen Jahr 41 Verdachtsfälle von gewalttätigen Übergriffen unter Gefangenen in den Gefängnissen gemeldet worden. Das sind 23 Prozent weniger als 2007.

„Obwohl jeder Fall einer zu viel ist, haben wir die gesunkene Quote den Bediensteten und deren verstärkter Aufmerksamkeit zu verdanken“, sagte gestern Ministeriumsprecher Ulrich Hermanski. In der vierseitigen Liste wird die Justizvollzugsanstalt (JVA) Siegburg fünfmal genannt, jeweils viermal die Anstalten in Aachen, Düsseldorf und Herford.

Überwiegend geht es um sexuelle Übergriffe (die um 6 Prozent gesunken sind) und unterschiedliche körperliche Misshandlungen unter den Gefangenen. Lediglich ein Verfahren gegen einen Beschuldigten wurde eingestellt, in den restlichen 40 Fällen ermitteln die jeweiligen Staatsanwaltschaften noch. (pbd)