Drei Kreuze

Heute ein etwas turbulenter Tag, mit einer längeren Vernehmung bei der Polizei, Gesprächen in diversen Zellen und zwei Terminen bei Haftrichtern.

Aber gerade der letzte Termin brachte eine erfreuliche Nachricht. Der Ermittlungsrichter, mit dem ich und die Mehrzahl der Verteidiger wohl ständig unangenehm aneinander geraten sind (Beispiel 1, 2, 3), ist wohl mit anderen Aufgaben betraut. Oder vielleicht sogar in Rente.

Mit der Nachfolgerin kann man ruhig und sachlich reden.

Dafür mache ich drei Kreuze. So mancher Beschuldigte wahrscheinlich vier.

Nicht nur zwei oder drei Minuten

Eine Telefonfirma wollte Geld für angeblich stundenlange Gespräche mit „Mehrwertdiensten“. Sie begegnete den Gegenargumenten des Beklagten unter anderem so:

Bei den Unterhaltungsdiensten kann es sich beispielsweise um Wetterauskünfte, Horoskopauskünfte oder Telefonsexdienste handeln. Insofern ist es durchaus möglich und auch nicht unüblich, dass ein Telefonat zu einem solchen Auskunftsdienst nachts geführt wird und nicht nur zwei oder drei Minuten andauert.

Die Firma hat sich mit ihrer Klage so lange Zeit gelassen, dass der Anspruch verjährt ist. Der Richter musste also gar nicht klären, welcher Natur die angebliche Dienstleistung war.

Guten Tag! Hier postet Ihre Polizei

Die Polizei nutzt das Internet bei der Fahndung nach mutmaßlichen SMS-Abzockern und Telefefonbetrügern, hier ein Verbraucherforum:

Guten Tag!

Ich melde mich hiermit als Mitarbeiter der Kriminalpolizei Kiel nach Rücksprache mit der zuständigen Staatsanwaltschaft Kiel in diesem Forum an. Hintergrund ist, daß im Rahmen eines umfangreichen Strafverfahrens gegen die Betreiber der Firmenkomplexe M. (Flensburg) und M. S. (Kiel) Zeugen und Geschädigte gesucht werden.

Durch die oben genannten Firmen wurden kostenintensive fünfstellige Voice- Premium- Rufnummern angemietet, ferner 0900- er- und 0137- er Nummern. …

Dieser Aufruf dient dem Zweck, weitere Geschädigte für dieses Verfahren zu ermitteln, welche sich möglicherweise aufgrund einer geringen Schadenshöhe nicht zu einer Anzeigenerstattung entschlossen haben, um hier eine vollständige Strafverfolgung durchführen zu können. …

Sofern Sie mit den o.g. Sachverhalten konfrontiert worden sind, werden Sie gebeten, sich unter der folgenden Erreichbarkeit zu melden:
Tim Albertsen
Kriminaloberkommissar
Kriminalpolizei Kiel
Blumenstraße 2 – 4
24103 Kiel
e- mail: tim.albertsen(at)polizei.landsh.de

PS: Es wird gebeten, zunächst keinen telefonischen Kontakt zu suchen, da dieser nach Eingang einer Meldung von Ihnen von hier aus unaufgefordert erfolgen wird. Ferner dürfen Sie gerne in anderen Foren gleicher Art auf diesen Eintrag verweisen, damit eine möglichst breite Öffentlichkeit erreicht werden kann.

Nicht ungeschickt.

(Quelle des Links)

Fremdvergabe

Im November 2007 teilte mir die Polizei mit, der beschlagnahmte Computer meines Mandanten werde „in Fremdvergabe von einer Drittfirma“ ausgewertet.

Seitdem ist über ein Jahr vergangen. Ein Auswertungsergebnis liegt noch nicht vor.

Wir haben es nicht eilig. Aber trotzdem ist die Frage erlaubt, wieso die (überlastete) Polizei ausgerechnet Firmen beauftragt, die es zeitlich noch weniger auf die Reihe bekommen.

Ich habe gerade mal nach der Firma gegoogelt, die in dem Schreiben der Polizei genannt ist. Irgendwie scheint das Unternehmen sich aufgelöst zu haben. Nicht auszudenken, wenn die Hardware meines Mandanten in einer Insolvenzmasse untergegangen ist.

Kein Zugang

Vorhin mit einem Richter telefoniert. Wir wollten einen Verhandlungstermin absprechen. „Moment“, sagte der Richter, „ich rufe den Terminkalender auf.“ Kurz darauf hatten wir Tag und Uhrzeit ausgemacht.

„So“, sagte der Richter. „Ich notiere das jetzt gleich mal, Moment, hier ist ein Zettel.“ Wie sich herausstellte, kann der Richter zwar den Terminkalender an seinem Dienst-PC einsehen. Eigene Einträge darf er aber nicht vornehmen. Das ist seiner Geschäftsstellenbeamtin vorbehalten.

„Nicht mal einen USB-Stick kann ich anschließen oder eine CD einlegen“, erzählte er mir noch. Alle externen Zugänge zum Rechner seien aus Sicherheitsgründen gesperrt.

Wenn er Urteile zu Hause schreibe, müsse er sich die per E-Mail an den Dienstrechner senden. Aber nicht als Datei. Anlagen darf er auch nicht öffnen.

Wir reden hier über den Vorsitzenden einer Großen Strafkammer.

Nicht verwerfen

Heute mal wieder eine Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht. Alle waren erschienen. Nur der Angeklagte nicht. Er hatte sich heute morgen krank gemeldet, ein Attest sollte zum Gericht gebracht werden. Als der Vorsitzende die Sache aufrief, konnte ich einige Details zur Erkrankung berichten, die mir telefonisch zugerufen worden waren.

Aber belegen konnte ich nichts.

Der Staatsanwalt gab sich milde:

Wenn der Verteidiger das hier alles so nachvollziehbar schildert, werde ich keine Verwerfung der Berufung beantragen. Ich rege einen neuen Termin an.

So kam es dann auch.

Verzögern und Verhindern

In dieser Geschichte hatte ich schon vermutet, dass alle Register gezogen werden. Was ich beim Schreiben des Beitrags noch nicht wusste: Die Gegenseite hatte schriftlich beim Gericht beantragt, den Termin zu verlegen. Die Umladung kam Samstag bei uns an. Als ich am Montag gerade meine Jacke anzog, sagte mir meine Sekretärin Bescheid. Ich konnte mir die Fahrt hinter den Hauptbahnhof, dort ist das Düsseldorfer Arbeitsgericht, sparen.

Im nächsten Schreiben der Anwälte hieß es, ihr Mandant habe die Klageforderung soeben überwiesen. Außerdem würden sie jetzt das Mandat niederlegen. Wahrscheinlich wurde ihre Kostennote genauso zuverlässig bedient wie die Gehaltsabrechnung meines Mandanten.

Dementsprechend wenig gab ich auf die Behauptung, das Geld sei gezahlt. Heute, eine Woche nach dem ursprünglichen Termin, habe ich das Versäumnisurteil beim Arbeitsgericht erhalten.

Mal sehen, wie sich der Wechsel vollzieht. Wer im Verzögern leidlich gut ist, dürfte auch im Verhindern Routine haben.

Wer die Wette verliert, muss töten

In der Affäre um Misshandlungen in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Gelsenkirchen schildert erstmals der Anwalt des Opfers H. Einzelheiten der brutalen Tat. Die beiden beschuldigten Häftlinge spielten im März vorigen Jahres Schnick-Schnack-Schnuck. Sie wetteten um das Leben des dritten Häftlings namens H. …

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„Präzisionsschleudern“

Weil er sich in Amerika eine Zwille kaufte, stand ein Düsseldorfer jetzt vor dem Amtsrichter. Er soll gegen das Waffengesetz verstoßen haben, berichtet die Rheinische Post.

Zwillen fallen nicht grundsätzlich unter das Waffengesetz. Verboten sind nur

Schleudern, die zur Erreichung einer höchstmöglichen Bewegungsenergie eine Armstütze oder eine vergleichbare Vorrichtung besitzen oder für eine solche Vorrichtung eingerichtet sind (Präzisionsschleudern) sowie Armstützen und vergleichbare Vorrichtungen für die vorbezeichneten Gegenstände.

Es kommt also darauf an, ob die Zwille für eine Armstütze oder eine vergleichbare Vorrichtung vorbereitet ist. Ob die Armstütze tatsächlich angebracht ist, spielt keine Rolle.

Nichts fürs Reisegepäck

Wer einen außergewöhnlichen Kalender sucht, wird beim U.S. National Counterterrorism Center fündig. Dort steht der offizielle Counterterrorism Kalender für 2009 zum Download bereit. Die Datei ist zwar 70 MB groß, dafür bekommt man aber nicht nur einen gregorianischen, sondern auch einen islamischen Kalender.

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Außerdem gibt es ausführliche Informationen zu gesuchten Terroristen, zum Umgang mit Anthrax, Ricin, Sarin, Plastiksprengstoff und sonstigen Kampfstoffen. Hervorgehoben sind außerdem Daten, die Anlass für Anschläge im “commemoration-style” sein könnten.

Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob man den Kalender unbedingt im Reisegepäck oder auf dem Notebook haben sollte. Zwar lässt sich ja alles klären, aber der eine oder andere Anschlussflug dürfte weg sein und mancher Einreisestempel eher widerwillig gewährt werden.

(Quelle des Links)

Wem ich eine Vorstrafe wünsche

Für das Aufmacherfoto, das Ex-Terrorist Christian Klar zeigt, wie er durch Berlin „spaziert“, wird die Bild-Zeitung Geld bezahlen müssen. Viel Geld. Geldsorgen dürfte Klar somit erst mal nicht haben. So trägt der Springer Verlag zur Resozialisierung bei.

Ansonsten wäre dieser kaltschnäuzige Rechtsverstoß ein guter Anlass, dem Bild-Chefredakteur und seinen Kampagneros eine Vorstrafe reinzudrücken. Die unerlaubte Veröffentlichung von Porträts ist nämlich auch strafbar (§§ 22, 23, 33 Kunsturheberrechtsgesetz).

Nachtrag: Klar erwirkt einstweilige Verfügung