Es gibt sicherlich (noch) einige Richter, die ihre Urteile mit der Hand schreiben. Aber nur wenige, die offensichtlich beharrlich gegen gesetzliche Formvorschriften verstoßen. Jedes Zivilurteil muss die Parteien, ihre gesetzlichen Vertreter und die Prozessbevollmächtigten bezeichnen (§ 313 Zivilprozessordnung).
Einen Amtsrichter interessiert das herzlich wenig. Er verwendet seit jeher ein selbstgemaltes Formular für die Urschrift des Urteils, in dem die Parteien, ihre gesetzlichen Vertreter und die Prozessbevollmächtigten immer gleich heißen, nämlich:
volles Rubrum wie Blatt … einrücken
Das sieht so aus:
Das ist kein harmloser Fehler, sondern ein Gesetzesverstoß. Dazu der Bundesgerichtshof:
Soweit die Urschrift des Beschlusses durch die Formulierung „einrücken wie Bl. … d.A.“ auf bestimmte Teile der Akten verweist, werden diese von der Unterschrift des Richters nicht gedeckt, so dass der Beschluss formell fehlerhaft zu Stande gekommen ist. Mit der Verweisung „einrücken Bl. … d.A.“ erteilt der Richter nämlich einer nachgeordneten, zur Entscheidungsfindung nicht befugten Person die Anweisung, die fehlenden Angaben nachzuholen, ohne deren Befolgung zu kontrollieren und dafür selbst die Verantwortung zu übernehmen.
Eine solche Verfahrensweise entspricht nicht dem Gesetz. Die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses wurde nicht dadurch geheilt, dass seine Ausfertigungen das Rubrum und die Entscheidungsformel enthalten. Denn deren Funktion beschränkt sich darauf, die Urschrift wortgetreu und richtig wiederzugeben. Da sie von der Geschäftsstelle veranlasst werden, enthalten sie keine richterliche Bestätigung und sind folglich allgemein nicht geeignet, den formellen Mangel des Beschlusses zu heilen.
Das zuständige Landgericht hat schon mehrfach in Berufungsurteilen Zweifel geäußert, ob der Amtsrichter überhaupt ein wirksames Urteil gesprochen hat. Vor ungefähr sieben oder acht Jahren erhielt ich auch mal so eine Entscheidung. Die Frage wurde damals offengelassen. Das Landgericht musste die Beweisaufnahme nämlich ohnehin wiederholen. Es hat dann auch genau andersrum entschieden; aber das nur am Rande.
Dem Richter kann also nicht unbekannt sein, dass seine Urteile nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Aber anscheinend ist es ihm schlicht und einfach egal. Nicht unbedingt eine Einstellung, die man sich von jemandem wünscht, der Tag für Tag „Im Namen des Volkes“ Recht spricht.