Alles was Sie sagen, kann gegen Sie verwandt werden – diese übliche Belehrung in Strafverfahren haben die sieben Überwachungskameras am Landgericht Krefekld verschwiegen. Stattdessen trugen eingebaute Mikrofone die Gespräche von Rechtsanwälten, Prozeßbeteiligten und Zuschauern und so ziemlich alle anderen Töne und Geräusche von draußen in die Kabine des Pförtners. Diese Abhöraktion dauerte wenigstens sieben Tag lang.
Sie könnte Befangenheitsanträge von Verteidigern auslösen. Denn sie war illegal, wie gestern Ralph Neubauer vom Justizministerium bestätigte. Videokameres gehören zum Sicherheitskonzept für die Gerichte und Staatsanwaltschaften im Lande. Für die Beschaffung ist der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW) zuständig. Der hatte Mitte November eine Firma mit der Installation in Krefeld beauftragt.
Was die Handwerker wussten, ahnte sonst niemand. Verteidiger in einem laufenden Zuhälterprozeß etwa unterhielten sich rauchend über ihre Strategie. Der Anwalt des Opfers sprach mit seiner Mandantin offen über deren Aussage. Auch Wolfgang Thielen, ein Haftrichter sollte dort plaudern. Doch das Interview mit einem Kamerateam wurde ständig unterbrochen – es gab Rückkoppelungen.
Erst jetzt wurde auch Gerd Waldhausen, dem Landgerichtspräsidenten, der öffentliche Lauschangriff klar. Dumm nur, dass sich die serienmäßig fest eingebauten Mikrofone nicht entfernen ließen. Deshalb wurden die Kameras samt und sonders abgebaut. Ähnliche Geräte gibt es an Justizbauten in Mönchengladbach, Höxter und Bochum. „Dort waren“, heisst es beim BLB, „die Mikrofone von vorherein deaktiviert“. Warum es sie überhaupt gibt – das weiß niemand. (pbd)