Mit dem Zaunpfahl winken

Wenn ich mich in Filesharing-Fällen bei der Staatsanwaltschaft oder Polizei melde, darf diese Textpassage nicht fehlen:

Namens und im Auftrag meines Mandanten beantrage ich schon jetzt, Akteneinsichtsgesuche der Anzeigenerstatter abzulehnen. Die Akteneinsicht wäre unzulässig. Zur Begründung verweise ich auf den beigefügten Beschluss des Landgerichts München I vom 12. März 2008 (5 Qs 19/08). Ebenso hat das Landgericht Saarbrücken am 28. Januar 2008 entschieden (5 -3- Qs 349/07).

Sollte entgegen der Rechtslage doch Akteneinsicht gewährt werden, behält sich mein Mandant sämtliche (Amtshaftungs-)Ansprüche gegen das Land vor.

Die Erfolgsquote ist beträchtlich, so viel kann ich sagen.

Wenn man mal die Wahrheit sagt

In Koblenz gibt es raubeinige Staatsanwältinnen. Mit einer hatte ich heute am Landgericht zu tun. Das Gericht hätte nichts gegen eine Einstellung des Verfahrens gehabt. Mein Mandant, der Angeklagte, auch nicht. Er hätte sogar eine Auflage erfüllt, sich das Ganze also was kosten lassen.

Aber die Staatsanwältin verweigerte sich. Ohne jede Begründung, wie man das so kennt. Ich erläuterte dem Gericht eingehend, was in der ersten Instanz, die meinen Mandanten verurteilt hat, schief gelaufen ist. Damals war ich noch nicht Verteidiger. Unter anderem ist ein entlastendes Dokument schlicht und einfach nicht berücksichtigt worden. Wenn dieses Dokument echt ist, das meint nun auch das Landgericht, ist der Tatvorwurf entkräftet.

Jetzt müssen einige kriminaltechnische Untersuchungen erfolgen, insbesondere muss das Dokument richtig lesbar gemacht werden. Es handelt sich leider um eine extrem schlechte Kopie. Allerdings spricht nun rein gar nichts für eine Fälschung, so dass ich guter Dinge bin.

Die Staatsanwältin gefiel sich nach diesem für sie überraschenden Ergebnis darin, eine Diskussion darüber anzufangen, ob der Ehefrau meines Mandanten Zeugenentschädgung zusteht. Dabei legte sie mir dann irgendwelche Worte in den Mund und unterstellte, ich würde meinem Mandanten dabei helfen, das Gericht um ein paar Euro zu betrügen.

Mir blieb dann nur die Anmerkung, dass die Kosten des weiteren Verfahrens ohnehin den Steuerzahler hart treffen werden. Und dass alle Kosten, die ab heute entstehen, der Starrsinnigkeit der Anklagevertreterin geschuldet sind. Das Wort Starrsinnigkeit fasste sie natürlich gleich als Beleidigung auf und bat mich, es zu wiederholen. Habe ich dann auch gerne gemacht.

Vermutlich kriege ich in Kürze einen Anhörungsbogen der Kripo. Wegen Beleidigung zu Lasten der Frau Staatsanwältin. Auf mein freundliches „Auf Wiedersehen“ hat sie jedenfalls nur geschnaubt und weggeguckt.

Schlechtes Benehmen kommt also noch hinzu. Ich bin guter Dinge, wegen beider Punkte den Wahrheitsbeweis antreten zu können.

Freundliche Lügen der Polizei

Ein Mandant berichtet von einem Telefonat mit der Polizei:

Am Telefon habe ich mich zur Sache nicht geäußert. Herr P. hat mich zwar mehrfach darauf hingewiesen, daß alles was ich am Telefon sage, nicht verwertet wird, doch wie schon erwähnt, habe ich keine Aussage zum Vorwurf abgegeben.

Später hätte sich der Polizist an diese Auskunft garantiert nicht erinnert. Sondern beteuert, dass alles, was er über das Gespräch in einem „Aktenvermerk“ festgehalten hat, aus meinem Mandanten rausgesprudelt ist. Und zwar so schnell, dass er ihn noch nicht mal über sein Aussageverweigerungsrecht belehren konnte.

Damit nicht genug:

Interessant ist vielleicht der Hinweis, dass man mir nahelegt den Vorwurf nicht zu bestreiten, da dies keinen Sinn habe.

Tauschbörsen: Kleine Fische dürfen schwimmen

Die Nutzer von Tauschbörsen können aufatmen: Wer sich für lau Sex-Filmchen oder Musik aus dem Internet auf die Festplatte des heimischen PC lädt und damit die Weiterverbreitung dieser Dateien riskiert, wird strafrechtlich nicht mehr automatisch verfolgt. Auf diese Linie haben sich die drei Generalstaatsanwälte in Nordrhein-Westfalen geeinigt.

Auch die Strafanzeigen aus der Porno- und Musikindustrie gegen Tauschbörsen-Teilnehmer stoßen nun bei den Strafverfolgungsbehörden an neue Grenzen. Ein „gewerbliches Ausmaß“ beim Sammeln von Musik-Dateien wird regelmäßig erst unterstellt, wenn mehr als 3.000 Dateien zum Tausch angeboten worden sein sollen. Dabei gilt als rechnerische Schadensgrenze 3.000 Euro; jede Datei wird mit einem Euro angesetzt.

Eine strafbare Überschreitung der „nicht mehr geringfügigen Art“ gibt es bei Sexfilmen erst dann, wenn 100 Streifen oder mehr getauscht werden. Mit diesen neuen Vorgaben dämmen die nordrhein-westfälischen Generalstaatsanwälte eine Flut von zigtausenden Anzeigen aus der Musik- und Pornoindustrie ein. Deren Anwälte hatten bislang für jeden einzelnen Fall Ermittlungen ausgelöst.

Vor fünf Monaten hatte, wie berichtet, die Staatsanwaltschaft Wuppertal erkannt, dass sie missbraucht wurde. Spezielle Firmen beobachten ständig die Tauschbörsen. Und dokumentierten sofort, auf welchem Computer welche Dateien gelandet ist. Die IP-Adressen melden sie dem Hersteller des Schmuddel-Films oder den Musik-Konzernen. Ein Anwalt wird eingeschaltet. Und der behauptet nun, „eine persönliche geistige Schöpfung“ sei verletzt worden. Das sei ein Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz, folgerichtig eine Straftat.

Doch die Strafverfolger in Wuppertal, später auch die in Duisburg begriffen: Es geht gar nicht darum, einen mutmaßlichen Täter zu bestrafen. Die Strafverfolger sollen lediglich ermitteln, wer hinter der IP-Adresse steckt und ihr Ergebnis dem Anwalt mitteilen. Damit der vom vermeintlichen Sünder Schadensersatz fordern und ihn teuer abmahnen kann.

„Wir sollen letztlich nur zivilrechtliche Interessen bedienen“, hieß es bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal, „dabei entstehen dem Staat hohe Kosten“. Hochgerechnet allein für Düsseldorf, Essen und Wuppertal 2.100.000 Euro. Das ist verlorenes Geld, weil die Staatsanwaltschaften es nicht von den Anwälten zurückfordern können.

Die dagegen kassieren pro Abmahnung zwischen 200 und 300 Euro. Ein offenbar einträgliches Geschäft, das auf dem Rücken der Steuerzahler entsteht. Mit diesem Ausmaß geht es zu Ende.

Ein Gutes gibt es auch für Helmut Schoß, den Leitenden Oberstaatsanwalt in Wuppertal. Er war wegen seiner Verweigerungshaltung angezeigt worden, soll eine Strafvereitelung begangen haben. Das Verfahren gegen ihn wird „in den nächsten Tagen“ eingestellt. Das bestätigte gestern Axel Stahl, der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf, die noch viel Arbeit hat. Gegen nicht folgsame Staatsanwälte hagelte es von Anwälten der Musik- und Pornoindustrie über 200 Beschwerden. Die werden nun alle abgewiesen. (pbd)

E-Mail-Disclaimer sorgt für Niederlage vor Gericht

Unser Mandant stritt mit einem Telekommunikationsunternehmen. Die Firma quälte ihn mit unerbetener Werbung. Vor dem Amtsgericht veklagt, ließ sie sich schließlich dazu herab, Auskunft über die Daten zu geben, die über unseren Mandanten gespeichert sind.

Die Auskunft gab der Anwalt des Unternehmens, und zwar per E-Mail. Der Streit drehte sich dann noch um die Kosten des Verfahrens. Die Beklagte stellte sich, kurz gefasst, auf den Standpunkt, sie habe die Auskunft ordnungsgemäß erteilt. Deshalb müsse der Kläger die Kosten tragen.

Dies sieht das Landgericht Düsseldorf anders. Und zwar mit einer bemerkenswerten Begründung:

… Der E-Mail des Beklagtenvertreters vom 27. November 2007 selbst ist zu entnehmen, dass die in dieser E-Mail gegebene Information nicht rechtsverbindlich ist. Darauf wird in der E-Mail ausdrücklich hingewiesen. Gehen aber die Vertreter der Beklagten selbst davon aus, dass diese in der E-Mail enthaltenen Informationen nicht rechtsverbindlich sind, so ist diese auch nicht geeignet, den Auskunftsanspruch zu erfüllen.

Vielleicht ist dies der erste Fall sein, in dem jemand einen Rechtsstreit wegen eines dämlichen Disclaimers verliert. Der Anwalt hatte nämlich unter seine „Auskunft“ und die „freundlichen Grüße“ nicht nur seine Signatur gesetzt. Sondern er verwendete noch folgende Klausel:

Aus Rechts- und Sicherheitsgründen ist die in dieser Mail gegebene Information nicht rechtsverbindlich. Eine rechtsverbindliche Bestätigung reichen wir Ihnen gerne auf Anforderung nach.

Jetzt wird er seiner Mandantin einiges erklären müssen.

(LG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Juli 2008, 21 T 39/08)

USA-Reisen: Knast statt Grand Canyon

Die New York Times schildert die Erlebnisse eines 35-jährigen Juristen aus Italien, der in Amerika eine Freundin besuchen wollte. Doch die geplante Reise zum Grand Canyon und nach Las Vegas fand nicht statt. Der Tourist wurde zehn Tage eingesperrt und hatte keinerlei Möglichkeit, sich rechtlich zu wehren:

While those turned away are generally sent home on the next flight, “there are occasional circumstances which require further detention to review their cases,” Ms. De Cima said. And because such “arriving aliens” are not considered to be in the United States at all, even if they are in custody, they have none of the legal rights that even illegal immigrants can claim.

Nachträglich werde behauptet, er habe um Asyl in den USA gebeten, berichtet der Betroffene.

Für die NYT ist die Sache Anlass zur Feststellung, dass USA-Reisende offensichtlich das Risiko unterschätzen, in die Mühlen der Homeland Security zu geraten:

Mr. Salerno’s case may be extreme, but it underscores the real but little-known dangers that many travelers from Europe and other first-world nations face when they arrive in the United States — problems that can startle Americans as much as their foreign visitors.

Fein ausgedrückt

Der Gegner schuldet seit über drei Jahren einen Darlehensbetrag über 20.000 EUR, zu dessen Zahlung er wohl nicht mehr in der Lage sein wird. Das Schreiben, mit welchem er seine finanzielle Situation in den drastischsten Farben schildert (Privatinsolvenz) endet mit der Formulierung:

Aus meiner sozialethischen Kompetenz resultierend bedaure ich sehr, dass dieser Iststand Realität ist.

Gastbeitrag von RA Thomas Hellhake, München

Wir begrüßen Preisstufe D

Dienstreisen sind immer eine Freude. Vor allem, wenn man in fremden Städten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren will, und zwar möglichst nicht schwarz. Da gibt es Waben, Ringe und Tarifgebiete. Kein Automat kommt mit weniger als 30 Tasten aus. Jemand, der einem das bürokratische Chaos erklärt, ist nie in Sicht. Wo also ist der verdammte Taxistand?

Ein Kompliment deshalb an den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr. Der schafft es tatsächlich, sein Tarifsystem noch komplizierter zu machen. Seit heute haben die bisherigen Preisstufen A, B, C ausgedient.

Der Kunde, vor allem der auswärtige, darf sich von jetzt an noch intensiver in die Materie einarbeiten, wenn er eine Reise über 3 bis 5 Haltestellen plant. Wobei vor allem ausländischen Fahrgästen die Sache weiterhin konsequent dadurch erleichtert wird, dass es nicht mal englischsprachige Hinweise gibt. Außer natürlich auf den den Schildern, die vorm Schwarzfahren warnen.

Der VRR-Kunde hat also ab sofort die Wahl zwischen den Preisstufen A (bei Monatskarten aufgesplittet in A1 und A2), B, C und D.

Die Kontrolleure wird’s freuen. Die Taxifahrer oder Fahrradvermieter auch.

Sehr geehrter Abzocker

Freundliche Mitmenschen haben auch mich schon etliche Male bei Internet-Abofallen angemeldet. Kondome, Routenplaner, Lehrstellentipps. Was da an Rechnungen, Mahnungen und Drohungen kommt, ist für den Blutdruck nicht förderlich. Selbst wenn man weiß, dass die Abzocker nichts in der Hand haben. Und dementsprechend auch vor Gericht auf die Schnauze fallen – wenn sie denn mal einen Prozess riskieren.

Für mich ist sehr gut nachvollziehbar, dass derart unter Druck gesetzte „Kunden“ sich nicht an der Etikette für kaufmännische Schreiben orientieren und in ihren Antworten auch mal deutliche Worte finden. In Richtung „Sie können mir gestohlen bleiben“, „Betrüger“, „Abzocker“, „Lecken Sie mich…“

Interessant ist, dass ausgerechnet mancher dieser Internetabzocker oder jener, die eng mit ihnen zusammen arbeiten, dünnhäutig zu sein scheinen. Jedenfalls reagiert jetzt der Geschäftsführer eines einschlägig bekannten Inkassobüros pikiert. Er fühlt sich von der Reaktion eines Menschen, den er mit Rechnungen und Mahnungen im Auftrag einer Internetabofallen-Limited foltert, beleidigt und will zum Anwalt gehen.

Ich habe mir die Korrespondenz angesehen und kann nur sagen, dass der angebliche „Kunde“ sich zwar nicht gewählt ausgedrückt hat, aber nun auch nicht über das Maß hinausgeschossen ist, bei dem ich noch von Wahrnehmung berechtigter Interessen sprechen würde. Eine gewisse Erregung und Verärgerung im Umgang mit diesen dubiosen Gestalten dürfte jedenfalls zulässig sein.

Eigentlich muss man ja nur hoffen, an einen Staatsanwalt oder Richter zu gelangen, der selbst oder dessen Kinder schon mal malträtiert worden sind.

Ich habe in meiner Antwort den Betreffenden übrigens gebeten, doch mal eine Anschrift der von ihm vertretenen Abzocker mitzuteilen, an welcher der Postbote auch einen Briefkasten mit Namensschild findet. Wenn die Adresse kommt und funktioniert, hat die Firma jedenfalls schon mal eine negative Feststellungsklage am Hals. Wenn der Inkassomensch nichts sagt, wäre das ein schönes Indiz für die Frage, was für ein Typ da eigentlich Ehrenschutz für sich geltend macht.

Die Zukunft der Bürgerrechte

„Entgrenzung des Rechtsstaates. Zukunft der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland“ ist das Thema eines Seminars vom 20. bis 24 August 2008 in Schwerte. Über Sinn und Unsinn der anhaltenden Verschärfung der Sicherheitsgesetze diskutiert unter anderen Dr. Dieter Wiefelspütz, Sicherheitsexperte der SPD-Bundestagsfraktion.

Seminarleiter ist der Jurist Dr. Patrick Breyer, Autor der Verfassungsbeschwerden gegen die Vorratsdatenspeicherung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung und der Hessischen und Schleswig-Holsteinischen Polizeigesetze (Kfz-Kennzeichenscanning).

Weitere Infos stehen hier. Anmeldeschluss ist Dienstag, 5. August.