Diese eine Tasse Kaffee, da sind sich die Experten sicher, die führt noch nicht zum zweitälteltesten Gewerbe der Welt. Aber schon das Spendieren einer üppigen Mahlzeit kann der Anfang zur Korruption sein. Um darauf auch anonyme Hinweise zu bekommen, hat das Dezernat 15 des
nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes (LKA) vor vier Jahren ein Bürgertelefon eingerichtet,
die gebührenfreie „Hotline Korruption“. In diesen Tagen wird der insgesamt tausendste Tipp erwartet.
Die meisten davon, so Dezernats-Vizechef Franz-Josef Meuter (51), waren wertvoll für die Strafverfolgungsbehörden. Eine anonyme Anzeige war es, die im Herbst 2005 den Professoren-Skandal um veruntreute Fördergelder an der Fachhochschule Gelsenkirchen auslöste. Ähnlich wurden die
Ermittler auf eine dubiose Ausschreibung aufmerksam – es ging um Elektroarbeiten
zur Brandschutzsanierung des städtischen Theodor-Heuss-Gymnasiums in Hagen.
Dabei trickste sich ein Ingenierurbüro auf den ersten Platz und hätte so die Stadt – wäre es nicht rechtzeitig erwischt worden – um 38 000 Euro geschädigt. Immer geht es bei solchen Fällen um den Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil. Diese Erklärung stammt von „Transparency International“, der weltweiten Antikorruptionsorganisation.
In der deutschen Abteilung ist Peter Hammacher, ein Rechtsanwalt in Frankfurt, zuständig für das
Thema Hinweise. Ohne die geht es nicht, sagt er. Und meint, dazu gehöre auch Zivilcourage. Denn wer etwa seinen Arbeitgeber verpetzt, dem droht auch der Verlust des Arbeitsplatzes. Deswegen begrüßt der Jurist Hammacher, dass bald ein Paragraf im Bürgerlichen Gesetzbuch geändert wird.
Damit hätten Arbeitnehmer ein Recht auf Anzeigen, ohne Nachteile zu erleiden. „Wir wollen klare,
saubere Hinweise mit Personalien“, fordert LKA-Spezialist Meuter. Er bietet dafür unter dem kostenfreien Anschluss 0800 567 78 78 garantierte Anonymität. Die Telefonnummer eines Anrufers werde nicht angezeigt oder gespeichert, es gebe keine Fangschaltung.
Die bisherige Ausbeute lässt sich offenbar sehen. Aus den bislang 938 bearbeiteten Tipps waren nur bei 120 keine konkreten Straftaten zu erkennen. Anderseits: Es wurden 637 Vorgänge mit Anzeigen oder Vermerken an Staatsanwaltschaften oder andere Polzeibehörden weitergeleitet. Und noch
einmal 27 an andere Bundesländer oder an das Bundeskriminalamt geschickt. Das
macht unterm Strich eine vorläufige Erfolgsquote von 70,70 Prozent.
Nicht einmal dabei: Die persönlichen Anzeigeerstatter. „Über die genaue Zahl führen
wir keine Statistik“, sagt Meuters Kollege Marius Richter (41): „Wer aber erst einmal mit uns zu tun hat, zu dem bauen wir Vertrauen auf“. Selbstverständlich erwähnt er auch die Beratung und Zusammenarbeit von und mit Industrie- und Handelskammern: „Wir zeigen, wie andere was erkennen können“.
Wie das ganz einfach für den meist schleichenden Anfang von Bestechungen geht, da kennt
Peter Hammacher von Transparency International einen einfachen Test – und beantwortet mit dem auch die Frage zur Grenze der Korruption. Wer ein 5-Sterne-Menü spendiert bekommt oder ein sonst ungewöhnliches Geschenk erhält, sollte das im Freundes- und Bekanntenkreis – vielleicht auch während des Kegelns oder beim Tennisspiel – erzählen.
Wenn er dabei in ein Gesicht blickt, dessen Miene sich verzieht, „dann stimmt etwas nicht“. (pbd)
Hintergrund: Das vor vier Jahren beim Landeskriminalamt eingerichtete Dezernat 15 kümmert sich landesweit mit 25 Beamten um die Korruptions- und Umweltkrimalität. Bei
solchen Delikten kommt es zur ressortübergreifenden Ermittlungsführung besonders mit Steuerfahndern, Rechnungsprüfern und Zöllnern. Zu den Aufgaben gehört auch die Beratung und Unterstützung anderer Behörden und die Auswertung von Artikeln und Leserbriefen der Tageszeitungen sowie von Berichten der elektronischen Medien.
In einem Netzwerk arbeitet das Dezernat 15 u.a. mit dem Umweltministerium, dem Landesrechnungshof und dem Landeskartellamt zusammen. Es hat ständige Kontakte zu den Schwerpunktstaatsanwaltschaften und den örtlichen Spezialdienstellen der Kriminalpolizei in Bochum, Dortmund, Köln und Wuppertal. Von dort kommt auch ab und zu personelle und fachliche Unterstützung. (pbd)