Anwälte gegen Super-BKA

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnt Onlinedurchsuchung und Erweiterung des großen Lauschangriffs ab. Der Bundesrat befasst sich heute mit der BKA-Novelle. Nach dem am 4. Juni 2008 vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf erhält das Bundeskriminalamt Befugnisse, die bisher nicht einmal den Landespolizeibehörden zustanden. Der Lauschangriff soll nach dem Entwurf sogar auf Kontakt- und Begleitpersonen ausgeweitet werden.

„Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden“, so Rechtsanwalt Hartmut Kilger, Präsident des DAV. „Auch in Zeiten der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus ist es wichtig, dass es einen Kernbereich privater Lebensgestaltung gibt, in den der Staat nicht eingreifen darf“, so Kilger Dieser Schutz könne bei der Online-Durchsuchung wegen der technischen Untrennbarkeit der Kernbereichsdaten von den sonstigen Informationen nicht gewährleistet werden.

„Auf diesem hochsensiblen Gebiet des Eingriffs in die Vertraulichkeit der informationstechnischen Intimsphäre muss der Grundsatz ,in dubio pro libertate‘ gelten“, fordert Kilger.

Der DAV ist der Überzeugung, dass durch immer größere staatliche Eingriffe in die Bürgerrechte auch bei Privatunternehmen die Hemmschwelle sinke, Überwachungsmaßnahmen durchzuführen. Dies könne man am Beispiel des Spitzelskandals bei der Deutschen Telekom sehen.

Pressemitteilung des DAV

Löschungsantrag gegen „law blog“

Gegen die Marke „law blog“ ist ein Löschungsantrag gestellt worden. Übrigens nicht vom „Gegner“ in dieser Sache, denn hier haben wir uns letztlich verständigt.

Antragsteller sind Patentanwälte. Ob diese sich ein wenig öffentliche Aufmerksamkeit erhoffen oder im Auftrag eines Dritten handeln, weiß ich nicht. Den Antrag kann jedermann stellen. Wer Anwälte beauftragt, bleibt sogar anonym. Immerhin scheint es die andere Seite ernst zu meinen. Denn für den Antrag sind ein paar hundert Euro Gebühren eingezahlt worden.

Der Kollege Dominik Boecker aus der Kanzlei greyhills hat für mich Widerspruch eingelegt. Wir sind kampfeslustig. Müssen wir auch, denn schließlich wollen wir nicht, dass im Falle einer Löschung die Welt untergeht.

Das MarkenBlog merkt einiges zum Löschungsantrag an. Außerdem veröffentlicht das MarkenBlog das Ergebnis seiner Umfrage zur Marke law blog.

Nachtrag: Mich erreichen bereits freundliche Hiflsangebote, zum Beispiel auf kostenlose Überlassung der Domain „justizbus.de“. Danke. Aber selbst eine Löschung der Marke hätte keinen Einfluss auf den Titel dieses Blogs oder die Domains lawblog.de und lawblog.eu.

Royals

Der Herzog von Edinburgh … lässt bei seinen öffentlichen Auftritten kein Fettnäpfchen aus. … So fragte „Phil“ in Australien eine Delegation von Aborigines einmal: „Werft ihr immer noch mit Speeren aufeinander?“ Und in China „belehrte“ er britische Studenten: „Wenn ihr noch länger hierbleibt, bekommt ihr auch Schlitzaugen.“ Helmut Kohl begrüßte er 1997 gar mit „Herr Reichskanzler“.

P.J. Blumenthal über Prinz Philip, P.M. History 7/2008

Nicht unfehlbar

„Bei einer Grobdurchsicht der beschlagnahmten CDs konnten jedoch schon Dateien mit dutzenden kinderpornografischen Bildern festgehalten werden.“

Dies schrieb ein Polizeibeamter in seinen Durchsuchungsbericht. An sich hätte ich gegen die Durchsuchung und Beschlagnahme Beschwerde eingelegt. Die Informationen, die zum Ermittlungsverfahren und dem Durchsuchungsbeschluss führten, waren nämlich dünn. An sich reichten sie nicht aus, um den Betroffenen in aller Frühe heimzusuchen.

Aber dann der Vermerk. Man kann sich ausmalen, wie erfolgreich ein Rechtsmittel sein wird, wenn tatsächlich was gefunden worden ist. Und überdies ist es in unserem Land ja leider so, dass es kein automatisches Beweisverwertungsverbot gibt, wenn eine Durchsuchung rechtswidrig war.

Also keine Beschwerde. Jetzt, nach Wochen, stellt sich heraus, der Vermerk ist falsch. Tatsächlich ist gar kein kinderpornografisches Material auf den CDs. Die Überprüfungssoftware wurde „fehlerhaft gehandhabt“. Sagt die Polizei.

Gute Nachrichten für meinen Mandanten. Der hat nämlich die Welt nicht mehr verstanden, als er von den angeblichen Funden erfuhr. Für Verteidiger, Staatsanwälte und Richter allerdings ein Grund mehr, Auswertungsergebnissen der Polizei nicht blind zu vertrauen. Auch dort ist man nicht unfehlbar, und das ist noch vorsichtig ausgedrückt.

Neues Leben

Der Vorwurf lautete: illegaler Aufenthalt.

Ich nahm hierzu Stellung:

Meine Mandantin streitet nicht ab, illegal eingereist zu sein. Jedoch ist sie selbst eher Opfer als Täterin. Meine Mandantin verfügt über praktisch keine Schulbildung. Eine Schlepperorganisation hat ihr in Deutschland das „goldene Leben“ versprochen. Meine Mandantin konnte sich nur mit Hilfe ihres neuen Lebenspartners, der deutscher Staatsbürger ist, vor einem Abgleiten in die Prostitution bewahren. Meine Mandantin hat große Angst, dass man ihr gegenüber ausgesprochene Drohungen wahr macht.

Wegen des gemeinsamen Kindes hat meine Mandantin nun einen vorläufigen Aufenthaltstitel erhalten, wie in der Akte vermerkt. Meine Mandantin hat nun möglicherweise die Chance, ein geordnetes Leben zu führen.

Ich rege vor diesem Hintergrund an, das Ermittlungsverfahren nach § 153 StPO einzustellen.

Die Staatsanwaltschaft antwortet:

Das Ermittlungsverfahren habe ich gemäß § 153 Abs. 1 der Strafprozessordnung mit Zustimmung des zuständigen Amtsgerichts eingestellt.

Eine Entscheidung mit Augenmaß. Das freut mich für meine Auftraggeberin. Ihrem neuen Leben dürfte damit nichts mehr im Wege stehen.

Auch Unschuldige fliehen

Das Landgericht Koblenz verurteilte einen Mann wegen Vergewaltigung. Einen Fluchtversuch lastete ihm das Gericht ausdrücklich an:

Hinzu kommt der Umstand, dass der Angekl. einen Fluchtversuch unternommen hat. Zusammengenommen sprechen diese Gesichtspunkte dafür, dass der Angeklagte die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat, aber die Verantwortung dafür nicht übernehmen möchte.

Ein Fluchtversuch ist kein Indiz, das eine Täterschaft belegt, meint dagegen der Bundesgerichtshof. Denn ein Fluchtversuch lasse sich unterschiedlich erklären:

Auch ein Unschuldiger kann sich einem Strafverfahren mit einem für ihn ungewissen Ausgang entziehen wollen. Ein Beschuldigter ist nicht gehalten, an der Aufklärung der ihm zur Last gelegten Tat mitzuwirken. Wie bei der Frage der Würdigung des Scheiterns eines Alibis ist zu beachten, dass ein Angekl. meinen kann, seine Lage durch falsche Angaben verbessern zu können. Ein solches Verhalten lässt regelmäßig keine tragfähigen Schlüsse darauf zu, was sich wirklich ereignet hat. Das LG durfte daher aus dem Fluchtversuch des Angekl. L kein Indiz für seine Täterschaft herleiten.

Der oberste Gerichtshof in Simbabwe oder Birma hätte sich wahrscheinlich nicht so angestellt.

Eigene Sachkunde

„Haben Sie schon mal ein Kaninchen gehalten?“ fragte die Richterin den gegnerischen Anwalt. „Nö“, sagte der. Die Juristin hatte ihm da wohl was voraus. Für sie war jedenfalls nicht zweifelhaft, dass die von der Vermieterin vorgelegten Fotos ramponierter Wände und Türzargen Schäden zeigen, die für unartige Kaninchen in Wohnungen „typisch“ sind.

Der Kollege blieb an dieser Stelle still. Wahrscheinlich wollte er nicht über seine Kindheit reden. Das hat mich für meine Mandantin gefreut, tat mir aber auch ein wenig leid. Wenn da ein weniger domestiziertes Exemplar seiner Art gesessen hätte, wäre ein witziger Dialog denkbar gewesen. Für den hätte ich mir gleich die Filmrechte gesichert.

Ab heute Rauchverbot

Ab heute darf in nordrhein-westfälischen Gaststätten nicht mehr geraucht werden.

Das Gesetz findet sich hier. Die ersten „Raucherclubs“ zur Umgehung des Gesetzes sind auch schon gegründet, berichtet der Express.

Für mich war die Qualmerei in den letzten Jahren (unter anderem) ein Grund, viel weniger in Cafés und Restaurants zu gehen. Mal sehen, vielleicht gewinnen Läden, die das Gesetz konsequent einhalten, mich als Kunden zurück.

Fachanwälte: Fortbildung auch online

Fachanwälte müssen sich fortbilden. Das bedeutete bisher mindestens zehn Stunden Seminare im Jahr, gleich ob „dozierend oder hörend“. Das bedeutet mitunter nicht nur Reisen. Die Veranstaltungen schäumen auch nicht unbedingt wie Henkell trocken. Deshalb ist es interessant, dass die Rechtsanwaltskammer Köln jetzt auch Onlinekurse anerkennt. Hoffentlich ziehen andere Regionen nach.

Mehr dazu im LAWgical.