Straff organisiertes Schlägerkommando
Stillhalten erspart den Wehrdienst
„Ziehen Sie die Robe gar nicht an.“ Als der Richter diesen Satz sagte, war klar: Der Salatsaucen-Fall nimmt ein gutes Ende. Jedenfalls die Staatsanwältin vor Ort zeigte sich aufgeschlossen für meine Argumente. Verfahren eingestellt. Wir konnten nach drei Minuten wieder gehen.
„Ich setze meinen Ehemann zum unbefreiten Vorerben ein. Nacherbe soll mein Sohn sein. Der Nacherbfall tritt mit dem Ableben des Vorerben ein.“
Die Frage ist, ob der Sohn vor dem Ableben des Vorerben seinen Pflichtteil geltend machen kann, ohne sein Nacherbe zu riskieren. Ich könnte jetzt rüber ins Büro meiner Kollegin gehen, wo vermutlich der Palandt zu finden ist. Da diese aber telefoniert und ich nicht stören will, blogge ich es erst mal.
Habe gerade eine kleine Tirade gegen eine Fluggesellschaft geschrieben. Auslöser war eine fehlerhafte Meilengutschrift. Möglicherweise liege ich falsch, habe ja auch nicht acht Semester Buchungsklassen studiert. Aber wenigstens hätten sie auf meine Mail und die Erinnerung zweieinhalb Wochen später antworten können.
Die Mails waren gerichtet an kundenservice@fluggesellschaft.de. Die Mailadresse ist jedoch nicht (mehr?) aktuell; richtig ist jetzt – hoch lebe die Globalisierung – kundenservice@fluggesellschaft.com. Mails an die de-Adresse bouncen. Das habe ich aber erst durch einen Blick in den Spamfilter erfahren, in den ich rein vorsorglich schaute, bevor ich „Publizieren“ drückte.
Die Tirade habe ich als Entwurf abgespeichert. Womöglich ist sie ja doch noch zu verwenden.
Ein Anwalt schreibt ans Amtsgericht:
… bedankt sich der Unterzeichner für die Erteilung des Pflichtverteidigermandates und steht der Abteilung auch gerne in Zukunft für Pflichtverteidigerbeiordnungen jederzeit zur Verfügung. Wegen der Vorbereitung der Hauptverhandlung habe ich den Angeklagten um zeitnahe Rücksprache gebeten und verbleibe mit freundlichen kollegialen Grüßen…
Die Berufung mache ich.
Wer wiederholt zu schnell fährt, muss dann nicht mit einem Fahrverbot rechnen, wenn zwischen Tat und Zeitpunkt der Verurteilung rund zwei Jahre vergangen sind. Auf dieses Urteil des Amtsgerichts Bayreuth vom 1. Februar 2008 (AZ: 8 OWi 149 Js 7458/06) macht die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) aufmerksam.
Der Betroffene war auf einer Autobahn rund 30 km/h zu schnell gefahren. Deswegen sollte er 50 Euro Bußgeld bezahlen und ein Fahrverbot von einem Monat erhalten, da er schon mehrfach wegen zu schnellen Fahrens aufgefallen war. Dagegen wehrte er sich.
Bei der Verhandlung vor Gericht berücksichtigte der Richter, dass seit der Tat fast zwei Jahre vergangen waren. Daher käme ein Fahrverbot nicht mehr in Betracht. Um die „Besinnungsfunktion“ eines Fahrverbots zu erreichen, müsse es zeitnah ausgesprochen werden, nicht erst zwei Jahre nach der Tat. Weil der Autofahrer schon mehrfach zu schnell gefahren wäre, sei eine Verdopplung der Geldbuße auf 100 Euro angemessen.
Wie nicht anders zu erwarten, gab es mit dem Ermittlungsrichter die eine oder andere Diskussion über die Reichweite des Auskunftsverweigerungsrechts nach § 55 Strafprozessordnung.
Mein Mandant hatte im Rahmen seiner Aussage angedeutet, dass er eine andere Person etwas härter angepackt hat. Ich unterbrach ihn und erklärte, dass er aber hierzu keine weiteren Angaben macht, weil er sich sonst wegen einer Körperverletzung belasten könnte. Der Richter nahm das zum Anlass, meinen Mandanten darüber aufzuklären, was für ein „schlechter Anwalt“ ich sei.
Der Vorfall liege doch rund ein halbes Jahr zurück, der Kontrahent habe innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Monaten keinen Strafantrag gestellt, deshalb könne eine Körperverletzung nicht mehr verfolgt werden. Da keine Verfolgung mehr drohe, müsse mein Mandant auch aussagen. Der Richter war sich nicht zu schade, diesen Hinweis ins Protokoll aufzunehmen.
Ich habe nichts gesagt. Aus guten Gründen wollte ich keine Eskalation, zumal es im Kern gar nicht um diese Fragen ging.
Trotzdem ist die Auffassung des Richters Humbug. Jede Körperverletzung kann auch ohne Strafantrag verfolgt werden. Dazu muss die Staatsanwaltschaft nur das besondere öffentliche Interesse bejahen (§ 230 Strafgesetzbuch) und die Sache anklagen. Das geht mit einem Federstrich, und die Dreimonatsfrist gilt auch nicht.
Das nur außerhalb des Protokolls.
Nachdem einem Mitglied des Fitnessclubs der Hummer abhanden gekommen ist (der Porsche und der Z 8 wohl auch), fährt nur noch ein Sportsfreund so eine Kiste. Da ich den Betreffenden schon mehrfach wegen offener Forderungen verklagen durfte, bestehen womöglich gute Chancen, dass die Leasing auch bald seine Kiste einkassiert.
Zeit wird’s, denn niemand sonst blockiert so ungeniert die Behindertenparkplätze vor dem Studio. Wenn ich das sehe, rege ich mich schon mal ein wenig auf.
Der Salatsaucenfall wird am Freitag um 15 Uhr verhandelt. Das erfuhr ich heute vom Richter. Meinem Mandanten wird vorgeworfen, Salatsauce für 3,95 Euro aus einem Supermarkt entwendet zu haben.
Allerdings hat die Staatsanwaltschaft wohl noch nicht auf meinen mit reichlich guten Gründen garnierten Vorschlag reagiert, das Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen.
Meine letzte Hoffnung ist dann die Uhrzeit des Termins.
Auf die Beweismaschine werde ich demnächst gern zurückgreifen, wenn Kollegen mal wieder mit Screenshots was beweisen wollen.
(Danke an Sebastian R. für den Link)
Wer trotzig ist, der beharrt eigensinnig und störrisch auf seiner Meinung. Selbst dann, wenn eigene Fehler zu dem Ergebnis geführt haben, das man für falsch hält. Demnach ist die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft geradezu ein mit dem Fuß aufstampfender kindischer Trotzbold.
Sie war es, die in einem heiklen Verfahren (Bericht im law blog) einen Strafantrag übersehen hatte, der nicht von der Präsidenten des Oberlandesgerichts unterschrieben worden war. Weil die Unterschrift aber zwingend dazu gehört, stellte der Amtsrichter das Verfahren ein. Und was tut nun die Staatsanwaltschaft?
Sie greift die Entscheidung an. Das macht sie, unter Umgehung des Landgerichts als nächster Instanz, sogar mit der Sprung-Revision. Und landet damit gleich beim Oberlandesgericht. Also dem, das vergessen hatte, den Strafantrag mit Unterschrift weiter zu geben. Das kann ja noch delikat werden.
Aber warum tut das die Staatsanwaltschaft? Wusste sie noch nicht, sie will es sich heute überlegen. Vielleicht handelt sie ja gar nicht aus Trotz. Sondern nur aus Prinzip. Denn die Staatsanwaltschaft ist, so heißt es ja, die Kavallerie der Justiz: Erst handeln, dann denken. Also Geduld, vielleicht kommt da ja noch was. Schlimm wäre nur diese gefährliche Mischung. Die aus Starrsinn und Voranpreschen. (pbd)
1 Gerichtstermin.
1 Revisionsbegründung.
1 Verfassungsbeschwerde.
Nicht, dass einer denkt, ich hätte Pfingsten verlängert.
Ein Prüfer der Düsseldorfer Dekra (einst: Deutscher Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein) hat sich eine Posse der Sonderklasse geleistet. Nach der Hauptuntersuchung eines Autos in Kaiserswerth hat er in seinem Bericht den Hinweis untergebracht: „Inhalt des Verbandskastens überaltert“.
Wirklich?
Weil das nun überhaupt nicht stimmte, wollte der Halter wissen a) wie der Prüfer darauf kommt und b) wo die Rechtsgrundlage dieser Abwertung steht. Doch die Dekra ignorierte die Anfrage lange und antwortete erst notgedrungen nach der Androhung einer Klage.
Das Ergebnis: Es gibt keine Rechtsgrundlage.
Der Verbandskasten wird aus „Gründen der Kundenfreundlichkeit“ überprüft. Aber nur der Aufdruck auf der Außenseite. Meistens eben nicht der Inhalt. Merke: Wenn solche Prüfer prüfen, gehören sie gehörig überprüft…
… was ja erfolgreich geschehen ist. Das Anwortschreiben der Dekra mitsamt ihrem Geständnis endet dennoch mit diesem Satz: „Wir hoffen, Ihre Zweifel gegenüber unserer Untersuchung hiermit ausgeräumt zu haben“.
Im Gegenteil! Nach diesem Bravourstück beginnen sie erst recht, die Zweifel. Wahlweise sind sie bereits bestätigt worden. (pbd)