Dienstwege

Für meinen Mandanten begann der Abend nicht vielversprechend. Vor seiner Haustür stand vorhin die Polizei und nahm ihn fest. Aufgrund eines Haftbefehls vom 25. August 2007.

Den Haftbefehl gibt es wirklich. Nur das Amtsgericht hat ihn kurz nach Erlass außer Vollzug gesetzt. Seitdem ist mein Mandant auf freiem Fuß. Er muss sich regelmäßig bei der Polizei melden.

Pech, dass er keine Kopie des Beschlusses vorzeigen konnte, mit dem ihn der Ermittlungsrichter rausgelassen hat. Glück aber schon mal, dass der zuständige Polizeibeamte kein Betonkopf ist. Er wunderte sich, so sagte er mir am Telefon, selbst ein wenig, dass er diesen Haftbefehl heute bei Antritt der Nachtschicht einfach so auf seinem Schreibtisch fand. Ohne weiteres Anschreiben scheint das Papier auf die Wache gefaxt und dann in seinem Eingangskörbchen deponiert worden zu sein. Vermutet jedenfalls der Polizist.

Pflichtbewusst wie er ist, wertete er das als Auftrag. Wenigstens hatte er kein Problem damit, dass mein Mandant nach der Festnahme seinen Vater anruft. Der wiederum alarmierte mich. Ich war um kurz vor neun schon zu Hause, konnte aber meine Kollegin noch erreichen. Sie wohnt ein paar Schritte vom Büro entfernt, ging für mich rüber, kramte in der Akte und faxte unsere Kopie des Außervollzugsetzungsbeschlusses an die Polizei.

Wenige Minuten später durfte mein Mandant dann wieder gehen. Mit ein bisschen weniger Glück hätte er die Nacht auf dem Revier verbracht.