1 Tasse Kaffee und 1 Banane

Mit einem Hartz-IV-Speiseplan will Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin belegen, wie prima sich eine Person mit 4,25 Euro pro Tag verpflegen kann. Das ist der Betrag, der einem Hartz-IV-Empfänger täglich für Ernährung zur Verfügung steht.

Die Welt veröffentlicht die Ernährungstipps des Politikers:

Sarrazins Speiseplan für einen Ein-Personen-Haushalt sieht zum Beispiel für ein Mittagessen eine Bratwurst für 38 Cent mit 150 Gramm Sauerkraut für 12 Cent und Kartoffelbrei für 25 Cent plus Gewürze und Öl für 20 Cent vor. … Voraussetzung ist allerdings, dass kein Geld für Alkohol ausgegeben wird.

Laut Sarrazin ist mit seinem Speiseplan (für drei Tage?) der Nachweis geführt, dass man sich auch mit Hartz IV „vollständig, gesund und wertstoffreich ernähren“ kann.

(Ich habe ungefähr zehnmal angesetzt, mein Empfinden über diese Äußerung zu formulieren. Nicht, was den Inhalt an sich angeht. Sondern wegen der offenkundigen Bereitschaft, auf den Armen in diesem Land auch noch rumzutrampeln. Ich lasse es, weil ich nicht die richtigen Worte finde.)

Vom Sehen bekannt

Ich wunderte mich ein wenig, als mir der Beamte an der Gefängnispforte wortlos meinen Führerschein zurückreichte. Normalerweise muss ich dort meinen Anwaltsausweis vorlegen.

Sein Lächeln signalisierte mir aber: Vom Sehen bekannt. Und wahrscheinlich ab sofort als schusselig eingestuft.

Kofferbomber: Es begann mit einer Mail

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

Noch posiert er charmant, gestern um 13.46 Uhr war es, vor den Kameraleuten. Der 23-jährige Youssef Mohamad E.H. bleckt die Zähne, signalisiert so ein breites Lächeln. Ganz so, als wäre das Hochsicherheitsgebäude des Oberlandesgerichts Düsseldorf ein Fotostudio. Selbst der sonst spröde Vorsitzende des Staatsschutzsenats ist um das „Profil“ des mutmaßlichen Kofferbombers bemüht und platziert eine Zeichnerin näher an ihn ran.

Doch dann mahnt Ottmar Breidling ihn: „Schauen Sie uns an! Wir möchten Ihr Gesicht sehen! So, jetzt sind Sie quasi online!“ Während der ersten Stellungnahme des Angeklagten zu den Vorwürfen der Bundesanwaltschaft: Versuchter Mord an ungezählten Menschen. „Ich bin froh, aber nicht erfreut“, mit diesen Worten beginnt Youssef Mohamad E.H. seine vom Blatt abgelesene Aussage. Um dann zu erklären: „Ich bin froh darüber, dass wir in letzter Minute verhindert haben, dass unschuldige Menschen sterben“.

Aber eben, und das klingt schon nach der Reue eines Geständnisses, überhaupt nicht erfreut darüber, „dass ich diesen Weg mit Jihad H. zusammen gegangen bin“. Das ist seine blumige Umschreibung für das gemeinsame Basteln von Kofferbomben, die im Sommer vor zwei Jahren in deutschen Zügen explodieren sollten. Die Idee dazu, sagt der Angeklagte, habe dieser Jihad H. gehabt. Der hatte, wie berichtet, bei seinen Vernehmungen im Libanon den in Düsseldorf Angeklagten als Drahtzieher beschuldigt.

Doch wiederum Youssef Mohamad E.H. sagte gestern, alles habe mit einer E-Mail von Jihad angefangen. Dann habe der ihn in Kiel besucht. „Ich habe da zwar an den Dschihad geglaubt, den Heiligen Krieg. Ich war auch gegen US-Soldaten im Irak. Aber gegen Gewalt“. Seinen Bekannten Jihad aus dem Libanon ließ er in die Wohnung, gab ihm den Schlüssel, ließ ihn an seinen Computer. Und über den kriegte sein Besucher eine Datei geschickt, „wie man Bomben baut“.

Er sei überrascht gewesen und habe gefragt: „Das ist doch sehr gefährlich, was willst du denn damit?“ Doch Jihads Antwort war: „Das ist doch normal“. Der Freund „war auch für die Tötung im Falle eines Krieges“. Ja, es sei die religiöse Pflicht, jemanden zu töten, der den Propheten beleidige. Damit hatte Jihad D. die Mohammed-Karikaturen gemeint, die Anfang 2006 erst in Dänemark und später auch Deutschland veröffentlich worden waren.

Sich selbst beschreibt Youssef E.H. als einen Verführten, dessen erste Sorge seinem Studium galt. Doch nach und nach schlich sich bei ihm ein, dass die palästinensische Hamas keine terroristische Organisation ist, sondern nur eine „islamistische“. Bereits gestern hat der Staatsschutzsenats-Vorsitzende angekündigt, dass es in den nächsten Verhandlungen viele Fragen an den Angeklagten geben wird: „Wir wollen soweit wie möglich an das Tatgeschehen heran“, sagte Ottmar Breidling.

Mit anderen Worten: Die angeklagte Tat ist noch längst nicht aufgeklärt. Im weiteren Prozessverlauf wird sich zeigen, ob Youssef Mohamad E.H. dann wieder „online“ ist. (pbd)

Die Träume der Justiz

Wovon träumt eigentlich unsere Justiz? An ein hochmodernes Verhandlungsgebäude am Kapellweg im Düsseldorfer Stadtteil Hamm hat sie geglaubt. Das auch dort zum Preis von 32 Millionen Euro enstanden ist und vor genau 1.486 Tagen eingeweiht wurde. Seitdem aber ist ein wesentlicher Teil der wunderbaren Technik überflüssig geworden.

Gestern wurde im Prozess um den mutmaßlichen Kofferbomber dessen Geständnis erwartet. Entsprechend groß war der Andrang. Die Menschen standen eine Stunde vor Verhandlungsbeginn in einer langen Schlange. Kein Problem, sollte man meinen. Hatte die Justiz zur Einweihung doch stolz berichtet, in fünf Eingangsschleusen könnten Besucher kontrolliert werden.

Nur eine wurde genutzt. Warum, so wurde der Sprecher des Oberlandesgerichs folgerichtig gefragt. „Wir haben zu wenig Personal“, antwortete Ulrich Thole trocken. Dieses Geständnis offenbart den fortschreitenden Verlust der Justiz an Realität: An die vierzig Besucher mussten in der Kälte warten. Mit 45 Minuten Verspätung begann der Prozess.

Anne-José Paulsen, die Präsidentin des Oberlandesgerichts, wünscht sich in ihrem Internetauftritt, dass „Informationsbedürfnis“ der Besucher „effektiv und schnell“ zu befriedigen. Wie gesagt: Ein Traum. Das gestrige Erlebnis ist die Wirklichkeit. (pbd)

Verbesserungsvorschlag

In manchen Dingen bin ich eigen. Wenn ich abends nach Hause komme, will ich zum Beispiel nicht wissen, wer tagsüber auf meinem privaten Festnetzanschluss angerufen hat. Interessiert mich einfach nicht. Vielleicht auch deswegen, weil ja ohnehin nur Callagents davon ausgehen, ich könnte zwischen 9 und 18 Uhr zu Hause sein.

Allerdings ist die Firma Siemens der Meinung, dass ich entgangene Anrufe unbedingt zur Kenntnis nehmen muss. Mittels eines roten Lämpchens, das am Gigaset S670 rechts unter dem Display in eine Taste integriert ist. Selbst wenn jemand mit unterdrückter Nummer anwählt, signalisiert das Lämpchen den Anruf.

Ich hatte zuerst die Hoffnung, dass man übers Ruflistenmenü die Funktion deaktivieren kann. Leider hat man nur die Wahl, ob man alle (auch abgehende und angenommene) Anrufe angezeigt haben will. Oder nur die entgangenen – und die setzen zwangsläufig die rote Lampe in Betrieb. Auf vieles darf der Kunde offenbar verzichten. Der Hinweis auf entgangene Anrufe gehört nicht dazu.

Ich könnte natürlich mit einem Telefon klarkommen, das ständig rot blinkt. Aber das ist so nervig, dass ich es mir nicht erlauben kann, eigen zu sein.

Gelbe Briefumschläge

Man kann ja so nachlässig sein, wie man will. Aber Post in gelben Briefumschlägen sollte man immer lesen. Das beherzigt künftig hoffentlich auch der Mandant, den ich vorhin darüber aufklären musste, dass ein per Strafbefehl angeordnetes Fahrverbot mit der Rechtskraft der Entscheidung beginnt. Und nicht erst dann, wenn man den Führerschein irgendwann mal beim Gericht abgibt.

Der Mandant dachte, er kann sich den Termin für das Fahrverbot aussuchen. Die Viermonatsfrist für den Antritt des Fahrverbots gibt es aber nur bei Bußgeldbescheiden (§ 25 Absatz 2a Straßenverkehrsgesetz). Und auch nur dann, wenn die Bußgeldstelle die Frist ausdrücklich gewährt. In Verkehrsstrafsachen gibt es diese Schonfrist nicht.

Mein Mandant wurde im Karneval kontrolliert und zeigte seinen Führerschein vor. Da das Fahrverbot schon im Computer stand, beschlagnahmte die Polizei den Führerschein. Damit läuft zumindest die Frist für das einmonatige Fahrverbot.

Aber das ist natürlich die kleinste Sorge. Denn jetzt gibt es ein neues Verfahren – wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. An dessen Ende kann deutlich mehr stehen als der Monat Fahrverbot, mit dem alles angefangen hat.

Vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen

In Deutschland wird munter durchsucht – auch aus dem nichtigsten Anlass. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem aktuellen Beschluss erneut klargestellt, dass vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen nicht reichen, um in Wohn- und Geschäftsräume einzufallen.

Die Pressemitteilung ist lesenswert:

Die Beschwerdeführerin ist Ärztin. Sie rechnete gegenüber einer Patientin unter anderem Kosten für Ultraschalluntersuchungen in Höhe von 74,71 Euro ab. Auf den Widerspruch der Patientin, die geltend machte, dass die Untersuchungen bei dem fraglichen Termin nicht erbracht worden seien, übersandte ihr die Beschwerdeführerin Abdrucke von Ultraschallbildern, auf denen der Name der Patientin, das Datum und die Uhrzeit der Untersuchung aufgedruckt waren.

Die Patientin zweifelte die Echtheit der Bilder an, weil sie vermutete, dass es sich entweder um Bilder der Vorjahresuntersuchung handelte, bei denen nachträglich das Datum ausgetauscht worden sei, oder aber um Bilder einer anderen Patientin, bei denen der Name ausgetauscht worden sei. Auf Anzeige des Ehemannes leitete die Staatsanwaltschaft gegen die Ärztin ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Abrechnungsbetrugs ein und erwirkte beim Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohn- und Praxisräume der Beschwerdeführerin sowie ihrer Person und ihrer Kraftfahrzeuge. Daraufhin wurden die Praxis- und Laborräume der Beschwerdeführerin durchsucht. Hiergegen eingelegte Rechtsmittel wies das Landgericht zurück.

Die Verfassungsbeschwerde der Ärztin war erfolgreich. Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte fest, dass die angegriffenen Beschlüsse die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verletzen. In Anbetracht des relativ geringen Schadens und der Tatsache, dass ein kaum über bloße Vermutungen hinausreichender Tatverdacht bestanden hat, war die Durchsuchung der Arztpraxis unverhältnismäßig. Die Verdachtsgründe bewegten sich im Grenzbereich zu vagen Anhaltspunkten oder bloßen Vermutungen, die eine Durchsuchung unter keinen Umständen rechtfertigen konnten.

Das Landgericht hat zwar erkannt, dass den Ultraschallbildern, auf denen der Name der Patientin und das Datum des Arzttermins aufgedruckt sind, grundsätzlich ein erheblicher Indizwert dafür
zukommt, dass die Untersuchung tatsächlich vorgenommen wurde. Es hat aber diesen Indizwert durch die abweichende Uhrzeit zu Unrecht als gänzlich entwertet angesehen. In diese Wertung hat es die nahe liegende Überlegung, die Uhrzeit könne aufgrund eines technischen Fehlers falsch wiedergegeben worden sein, nicht eingestellt. Hierbei hat es auch nicht bedacht, dass die korrekte Wiedergabe der Uhrzeit einer Untersuchung regelmäßig keine zentrale Funktion eines Ultraschallgeräts ist. Es kann auch nicht nachvollzogen werden, warum der schriftlichen Strafanzeige des Ehemanns der Patientin gegenüber den Ultraschallbildern ein derart starker Beweiswert zukomme. In die Verhältnismäßigkeitserwägungen hätte auch eingestellt werden müssen, dass mit der Durchsuchung der Praxisräume empfindliche Daten Dritter (anderer Patientinnen) gefährdet waren.

Im Ergebnis kann damit die Frage offen bleiben, ob der Durchsuchungsbeschluss auch deswegen als verfassungswidrig anzusehen war, weil nicht nur die Durchsuchung der Praxisräume, sondern auch die Durchsuchung der privaten Wohnung und der Kraftfahrzeuge der
Beschwerdeführerin angeordnet war.

Der Beschluss

Ihre Smartcard ist … freigeschaltet

Ist das eigentlich normal, dass Premiere im digitalen TV einfach so empfangbar ist, obwohl man für Premiere gar kein Abo hat? Oder macht Premiere ab und zu mal auf, um Kunden zu locken?

Deja Vu war gestern jedenfalls nicht übel. Für Superman Returns war ich leider zu müde.

Mal sehen, was der heutige Abend bringt. (Romantische Filme gucke ich nicht. Das gilt auch, wenn Cameron Diaz und Kate Winslet gemeinsam spielen.)

Neue Perspektiven

Wir hatten ja schon ab und zu Leute vom Fernsehen im Büro. So detailversessen wie das Team von heute war aber noch niemand. Fast zwei Stunden dauerte allein das Interview. Davon werden sich – hoffentlich – einige Sätze in einem Magazinbeitrag wiederfinden.

Ebenso viel Energie wie auf das Interview verwendeten die Fernsehleute auf die Einleitungsszenen. In der Akte lesen. In der Akte blättern. Das kennt man ja. Diesmal wurde aber nicht nur frontal gefilmt. Sondern auch durch die gläserne Tischplatte. Und von schräg hinten durch meine Brille.

Aber da alle sehr nett waren, sind auch solche neuen Perspektiven leicht zu ertragen.

Zum Glück klingelte vorhin der Paketbote und brachte meine neue Tastatur. Ganz schön schnell der Laden. Zu mehr als ein wenig an der Hardware rumfrickeln bin ich nach fast drei Stunden momentan ohnehin nicht zu gebrauchen…

Landgericht Köln: Business as usual

Die umstrittene Wochenend-Aktion, mit der beim Landgericht Köln alle Richter und Angestellte in ihrer Freizeit die Rückstände aus zehn Jahren aufarbeiten sollten, wird es nun doch nicht geben – zu wenig Freiwillige haben sich gemeldet.

Der Aufruf zur Aktion durch Landgerichtspräsident Helmut Zerbes hatte, wie berichtet, Kritik und Widerstand ausgelöst. Zerbes reagierte süffisant: Massive Abweichungen von der Arbeitszeit seien nicht gewünscht, das habe er nun verstanden. Er drohte „interne Veränderungen“ an. Welche, sagte er nicht. (pbd)

Früher im law blog: Freiwillige „Mehrarbeit“ in der Justiz?

Klauen Sie sich eines

Der Ton ein/Ton aus-Knopf an meiner Computertastur wollte schon länger nicht mehr so recht. Vorhin habe ich wohl ein wenig zu fest gedrückt. Dabei zerbröselte der linke Clip auf der Rückseite, mit dem sich die Tastatur schräg stellen lässt.

Ich erinnerte mich daran, wie ich mal in der Tankstelle nach einer Kappe für ein Reifenventil fragte. „Haben wir nicht, klauen Sie sich doch eines auf der Straße.“ Also ab in den Elektromarkt, den Clip vom ersten Ausstellungsstück abknispeln? Aber da ist man mit Sicherheit nicht der erste. Außerdem gehört es sich ja auch nicht. Von den allgegenwärtigen Kameras ganz zu schweigen.

Deshalb lieber Online-Shopping. Glücklicherweise fiel mir ein, wie ich den Bestellwert so hoch drücken kann, dass keine Versandkosten anfallen. So komme ich jetzt nicht nur zu einer neuen Tastatur, sondern auch zu einer 8 GB-Speicherkarte für den EEE PC.