Strafrichter sind auch deswegen gerne Strafrichter, weil sie dann so wenig mit Zivilrecht zu tun haben. In Fällen, in denen es um Geld geht, wird die Freude mehr und mehr getrübt. Der emsige Gesetzgeber schafft nämlich Regelungen wie § 111i Strafprozessordnung. Die sind nicht nur fast unverständlich, sondern auch in der Lage, ein normales Gerichtsverfahren ins Chaos zu stürzen.
Das Gericht muss sich wegen derartiger Vorschriften nicht nur mit ohnehin schon sperrigen Dingen wie Einziehung, Verfall und Wertersatz rumschlagen. Sondern es wird auch aktiver Part der Vermögenrückgewinnungshilfe für die Geschädigten. Denen soll der Gang zum Zivilgericht zwar nicht unbedingt erspart, auf jeden Fall aber erleichtert werden.
Kurz gesagt: Das Strafgericht soll im Regelfall bereits alle Feststellungen zur Schadenshöhe treffen. Es genügt also nicht mehr, festzustellen, dass jemand in ein Haus eingebrochen ist und einen Fernseher mitgehen ließ. Im Zweifel darf das Gericht dem Beschuldigten nicht nur seine Strafe aufbrummen. Es muss auch ermitteln, was der Fernseher wert war. Und es muss vieles dafür tun, vorhandes Vermögen des Beschuldigten im Interesse der Geschädigten zu sichern. Hört sich simpel an, aber man muss das Prinzip mal auf Serientaten oder komplexere Wirtschaftsdelikte übertragen und man ahnt, welche Buchhaltertätigkeit und Hilfs-Gerichtsvollzieherdienste ausgerechnet die zur schnellen Erledigung ihrer Sachen verpflichteten Strafrichter machen müssen.
In genau so einer Angelegenheit versammelte jetzt das Gericht den Staatsanwalt und die Verteidiger in stiller Runde, um zu klären, wie man mit der Vermögensseite einigermaßen zu Rande kommt.
Die konstruktive Debatte ging dann am Ende so weit, dass der Vorsitzende Richter den Kuli hielt und alle Anwesenden gemeinsam den Urteilstenor formulierten. Mitten im Schreiben stockte der Richter, schaute uns an und sagte: „Das hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ich eines Tages mit Anwälten am Urteil schreibe.“