Die Anwaltsverhinderungsstrategie mancher Richter nimmt schon bizarre Züge an. Heute richtet mir meine Sekretärin aus, ein Richter bitte um Rückruf. Er hat vor einigen Tagen meinen Mandanten in Untersuchungshaft geschickt. Ich habe mich, schon um die Zweiwochenfrist für den Haftprüfungstermin in Gang zu setzen, sofort gemeldet und Haftprüfung beantragt.
Jetzt wollte der Richter wissen, wie es mir möglich gewesen sei, so kurzfristig ein Mandat von meinem Auftraggeber aus der Justizvollzugsanstalt zu erhalten. Immerhin habe er doch keine Telefonerlaubnis erteilt. Das hat er meiner Sekretärin als Grund dafür mitgeteilt, warum er noch heute mit mir sprechen will.
Ich kann nur mutmaßen, was der Hintergedanke dieser Anfrage war. Wollte der Richter meinen Haftprüfungsantrag als unzulässig zurückweisen? Mit der Begründung, ich hätte gar keinen Auftrag? Jedenfalls kann ich keine sonderlich rechtsstaatlichen Motive darin erkennen, wenn sich ein Richter dafür interessiert, wie der Beschuldigte an einen Verteidiger gekommen ist.
Interessant ist auch, dass der Richter offensichtlich davon ausging, dass mir definitiv kein Mandat erteilt wurde, bevor ihm mein Mandant vorgeführt wurde. Hätte nicht eher die Annahme nehegelegen, dass die Polizei in dem knappen Dreivierteltag, den mein Mandant vor dem Termin beim Richter bei ihr verbringen durfte, dem Beschuldigten die Kontaktaufnahme mit mir erlaubt hat? So wie es eigentlich selbstverständlich ist?
Das Gespräch war schnell zu Ende. Der Richter legte auf, als er merkte, dass ich seine Anfrage als Zumutung empfinde.