Aus Schaden wird man klug

Ein Lieblingswunsch von Mandanten:

Kann ich monatliche Raten zahlen?

Bisher bin ich darauf immer eingegangen. Aber langsam macht das keine Freude mehr. Immer häufiger kommen nur ein, zwei Raten. Dann werden die Zahlungen gestoppt. In der Hoffnung, dass der Herr Anwalt es nicht so schnell merkt und erst mal munter weiter werkelt. Was leider auch häufiger der Fall war.

Damit das künftig nicht mehr passiert, mache ich Ratenzahlung nur noch, wenn der Auftraggeber uns abbuchen lässt. Platzt die monatliche Lastschrift, kriegen wir eine Meldung von der Bank. Dann kann ich mit dem Mandanten sprechen und eine Lösung finden. Oder die ansonsten nötige Konsequenz ziehen.

Erstmals Haschisch aus der Apotheke

Aus der Reihe „Behörden, die bislang niemand kannte“, heute eine Nachricht von der Bundesopiumstelle. Das Amt hat erstmals einer schwerkranken Frau erlaubt, Haschisch in der Apotheke zu kaufen. Sie lindert damit ihre starken Schmerzen.

Für die Entscheidung brauchten die Beamten anderthalb Jahre Zeit. Sie ist an enge Auflagen geknüpft, berichtet die Süddeutsche Zeitung:

Bis Mai 2005 hatte die Bundesopiumstelle sämtliche Anträge von Erkrankten, Cannabis als Medizin einsetzen zu dürfen, pauschal abgewiesen. Ausnahmegenehmigungen würden nur für wissenschaftliche oder „im öffentlichen Interesse liegende“ Zwecke erteilt, lautete die Begründung. Doch dann urteilte das Bundesverwaltungsgericht, dass auch die Gesundheit von einzelnen Patienten im öffentlichen Interesse läge. Die Bundesopiumstelle könne nicht einfach pauschal Anträge ablehnen, sondern müsse jeden einzelnen Fall prüfen.

(Link gefunden in der Handakte)

Hurrikan-Urteil zu Reisestorno

In der Karibik wütet Hurrikan „Dean“. Einige große Reiseveranstalter haben bereits für Reisen nach Jamaica sowie Cancun (Mexiko) die kostenlose Stornierung angeboten, berichtet u.a. Spiegel Online. Ab wann hat eigentlich der Pauschal-Urlauber einen Anspruch darauf, die Reise ohne Stornokosten abzusagen?

Der Bundesgerichtshof hat dazu vor fünf Jahren ein Grundsatzurteil gesprochen (X ZR 147/01). Demnach gilt bei einem Hurrikan schon eine Eintreffwahrscheinlichkeit von 1:4 als eine erhöhte Gefährdung der Reisenden. Ein Kündigungsrecht der Reisenden und dementsprechend eine Hinweispflicht des Veranstalters bestehe deshalb schon dann, wenn mit dem Eintritt des schädigenden Ereignisses mit „erheblicher“, und nicht erst mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“ zu rechnen sei.

Grundreinigung

32969 Spam-Kommentare in der Datenbank, einiges an Software nicht mehr up to date, und Udo im Urlaub: Jede Menge Gründe, den Sonntag mit einer lawblog-Grundreinigung zu verbringen.

Entsprechende Fehlermeldungen und Probleme also einfach ignorieren, morgen ist alles wieder wie gewohnt.

Radler-Urteil: Fehlender Helm kein Mitverschulden

Ein Bild aus dem Alltag: Ein Mann aus Dormagen fährt mit durchschnittlicher Geschwindigkeit auf einem üblichen Fahrrad ohne Schutzhelm durch Neuss. Weil ihm eine Fußgängerin auf dem Radweg quer kommt, muss er plötzlich bremsen, stürzt kopfüber aufs Pflaster und verletzt sich dabei ziemlich. Jetzt sprach ihn der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Düsseldorf von jeder Mitschuld frei: Im Gegensatz zu Rennradfahrern musste der Mann keinen Helm tragen.

Mit diesem Urteil (I -1 U 278/06) wächst seine Chance auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Beides verlangt er von der Frau, war jedoch beim Landgericht Düsseldorf gescheitert. Das hatte ihm noch eine Mitschuld von 70 Prozent angerechnet. Ausgerechnet der 1. OLG-Senat sieht das nun völlig anders. Der hatte noch im Februar einem 67-jährigen Hobby-Rennradfahrer den fehlenden Helm übel angerechnet. Dieses Hin und Her erklärte der Senat gestern mit seiner „differenzierten“ Sichtweise. Mit Blick auf die völlig unterschiedlichen Fahrweisen und die damit einhergehenden Gefahren und Risiken sei es geboten, eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Radfahrergruppen vorzunehmen und dabei auch die Verkehrssituation zu berücksichtigen.

Radelt also jemand auf einem städtischen Radweg? Oder außerhalb auf einer womöglich stark befahrenen Straße? Dem herkömmlichen Radfahrer jedenfalls ist kein Vorwurf zu machen – wenn er sein Rad als normales Fortbewegungsmittel nutzt und keine sportliche Ambitionen entwickelt. Außerdem sei, so der Senat, sei beim Gros der Radler das Unfallrisiko und das Ausmaß der Eigengefährdung deutlich geringer als bei Rennradfahrern. Ganz so sicher sind die Richter sich allerdings nicht. Sie ließen die Revision zum Bundesgerichtshof zu. Der soll die Frage der „Sorgfaltspflicht“ demnächst abschließend prüfen. (pbd)

Der freie Wille ist Illusion

In der jahrelangen Diskussion um die These, Bewusstsein und somit freier Wille sind alleine eine Illusion, gibt es heute ein interessantes Interview in der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung, hier zu finden.

Der Biologe Franz Wuketits belegt dort seine Auffassung, warum der Mensch über keinen freien Willen verfügt und welche Konsequenzen dies für uns als Gesellschaft haben soll. Insbesondere das Thema „Strafrecht“ kommt auf den Tisch und bietet tiefgehende Einblicke, so zum Beispiel:

Stellen wir uns einen Mann vor, der eine Frau vergewaltigt und tötet und dann sagt: „Tut mir Leid, ich konnte nicht anders, weil ich keinen freien Willen habe. Meine Hormone, Gene, Neurone haben mich dazu gezwungen“. Dann könnten wir antworten: „Das sehen wir schon ein. Aber Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass andere Menschen nicht vergewaltigt und getötet werden wollen. Deshalb müssen wir Sie aus dem Verkehr ziehen.“

Dieses ganze archaische Konzept von Schuld und Sühne brauchen wir nicht zu bemühen. Wenn jemand dazu neigt, andere physisch oder psychisch zu schädigen, dann hat die Gesellschaft das Recht, ihn daran zu hindern. Was das im Einzelnen bedeutet, muss man diskutieren. Ich denke aber, dass das klassische Schema der Bestrafung, der Rache obsolet geworden ist.

(Autor: JF)

Abmahnung für gelöschten Kommentar

Blogger Stefan Niggemeier, Preisträger des Grimme-Onlineawards 2007, hat eine Abmahnung erhalten – für einen Kommentar, den ein Leser in seinem Blog abgegeben hatte. Abmahner ist eine Firma, die Anrufsendungen produziert. Niggemeier hat sich in der Vergangenheit kritisch mit solchen Sendungen beschäftigt.

Der strittige Leser-Kommentar war in der Nacht zum Sonntag erschienen und nach Niggemeiers Angaben wenige Stunden später von ihm bereits aus eigenem Antrieb gelöscht worden, also noch bevor die Abmahnung ankam. Offenbar beobachtet die Firma den Blog und die Kommentare sogar am Sonntag Vormittag.

In der Abmahnung für den gelöschten Kommentar heißt es laut Niggemeier, trotz Löschung sei nicht dauerhaft ausgeschlossen, dass dieser Kommentar erneut abgegeben werde. Er müsse die Kommentare vor der Veröffentlichung prüfen.
Nach Ansicht von Stefan Niggemeier wäre das „das Ende der offenen Diskussion in Foren und Blogs“.

Und wenn man es konsequent zu Ende denkt, dann könnte eine solch weitgehende Haftung ebenso irgendwann das Ende der Anruf-Sendungen bedeuten. Stellen wir uns nur mal vor, eines Tages ruft jemand bei einer dieser Spiel-Shows an, löst virtuos die Rechenaufgabe „2+2 ist?“ und ruft dann live über den Sender: „Blogger Niggemeier ist ein Idiot.“

Das würde natürlich für eine Abmahnung und eine Unterlassungserklärung mit, sagen wir, 10.000 Euro Vertragsstrafe locker reichen. So lange die Sendung live ausgestrahlt wird, bestünde zweifellos eine Wiederholungsgefahr.

In der Folgezeit könnten nun Dutzende, vielleicht Hunderte Zuschauer versucht sein, den neuen Kult-Spruch „Blogger ….“ über den Sender zu rufen.
Weniger später hätte Niggemeier dank sprudelnder Vertragsstrafen ausgesorgt, würde vielleicht von Berlin nach Bali umziehen und von dort nur noch seine Stiftung für Abmahnopfer betreuen.

Im tristen und regnerischen Deutschland wiederum würden sich bei den Anruf-Sendungen die Verluste auftürmen, da mittlerweile Heerscharen von Anwälten sich vor den Fernsehern versammeln und auf abmahnfähige Sprüche von Zuschauern lauern. In letzter Konsequenz würde dann die Anruf-Sendungen ohne Anrufer gemacht. Da die Sender aber dann kein Geld mehr verdienen, würden die Anruf-Sendungen am Ende einstellt.

Dieses Szenario ist selbstverständlich masslos übertrieben und eher satirisch zu verstehen. Allerdings sollten m.E. gerade die Anbieter von interaktivem TV darüber nachdenken, dass es in ihrem eigenen Interesse ist, wenn (Mit-)Störer-Haftung auf ein vernünftiges Mass begrenzt wird. Der zugeschaltete Zuschauer in einer Sendung ist nämlich weitaus schwerer zu kontrollieren als Kommentare in einem Blog.

PS: Einen lesenswerten Beitrag zum Thema abgemahnte Kommentare gibt es bei RA Sascha Kremer.

Verfolgungsjagd mal anders

Wir werden ja verfolgt – das stellten Polizeibeamte verblüfft während einer vier Kilometer langen Einsatzfahrt in Dortmund fest. Die Beamten fuhren nach einem Notruf mit Blaulicht und Martinshorn.
Der Stress im Streifenwagen erhöhte sich, als die Beamten bemerkten, dass ihnen „wie an der Schnur gezogen“ ein BMW im Abstand von etwa 20 Metern folgte.
Erst einer anderen Streifenwagen-Besatzung gelang es, den Schatten ihrer Kollegen aus dem Verkehr zu ziehen. Der 35-jährige BMW-Fahrer konnte seinen Spezialeinsatz nicht begründen. Dortmunds Polizeisprecher Oliver Peiler indes hat eine Vermutung: „Der Grad der Alkoholisierung führte zur Blutprobe und Sicherstellung des Führerscheins“. (pbd)

Abmahnkosten selber zahlen

Wenn auf einem Geschäftsbrief Pflichtangaben fehlen, heißt das noch lange nicht, dass ein Wettbewerber Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten hat.

Das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) hat in einem rechtskräftigen Urteil (6 U 12/07) u.a. darauf abgestellt, ob überhaupt ein Wettbewerbsvorteil durch fehlende Pflichtangaben vorlag. Nur weil der vollständige Name des Inhabers auf einem Geschäftsbrief eines Bauunternehmers gefehlt habe, sei davon aber nicht auszugehen.

Die Richter sahen das in diesem Fall so: Vor dem Vertragsschluss mit einem Kunden sei die fehlende Pflichtangabe eher ein Nachteil, weil so etwas unseriös wirken könnte. Nach dem Vertragsschluss wiederum sei der Wettbewerb um den konkreten Kunden beendet. „Handlungen, die erst nach Vertragsschluss vorgenommen werden, sind keine Wettbewerbshandlungen“, so die Richter.

Der andere Bauunternehmer blieb deshalb auf rund 900 Euro Abmahnkosten sitzen.

Gefunden bei RA Meissen.

Sonderprogramm

Anwälte im Urlaub – ist das eine Seuche?

Ich verabschiede mich hiermit nämlich auch. Für 10 Tage. Es gibt wieder drei Autoren, die das eine oder andere schreiben werden. Einer der Urlaubsvertreter schwebt nach eigenem Bekunden derzeit auf Wolke 7. Mit etwas human touch ist also zu rechnen.

Am Dienstag, 21. August, schalten wir dann wieder um ins normale Programm.

Wir haben zugestimmt

Für einen Mandanten streite ich mich mit einem Spammer. Über die Frage, ob jemand in einem Weblog als Spammer bezeichnet werden darf, wenn er ein Programm entwickelt hat, dessen Aufgabe darin besteht, in zwei Millionen Blogs automatisch Kommentare mit beliebigem Text abzusetzen.

Eine etwas akademische Frage, wie ich finde. Wenn der Spammer nicht behaupten würde, alle Blogbetreiber, deren Seiten in seinem Spamprogramm aufgeführt seien, hätten dem Spam ausdrücklich zugestimmt. Einverständniserklärungen lägen ihm vor.

Mein Mandant hat es schweren Herzens auf sich genommen, dem Spammer um die 35 Euro für das Programm in den Rachen zu werfen. Eine lohnende Ausgabe. Sowohl das Weblog meines Mandanten als auch das law blog gehören zu den Weblogs, die mit der Software zugespamt werden können. Wir befinden uns da in bester Gesellschaft. Man hat schon Mühe, ein einigermaßen bekanntes Weblog nicht in der Liste zu finden.

Ich für meinen Teil habe nun den Spammer erst mal um Mitteilung und Beleg gebeten, wann und wie ich der Aufnahme meines Weblogs in das Spamprogramm zugestimmt haben soll. Das könnte noch ganz interessant werden.

Mario Sixtus evaluiert die Spamsoftware

Unnötige Verfahren

Aus einem Anhörungsbogen:

… gegen Sie wird der aus der Anlage ersichtliche Vorwurf erhoben.

Der Anzeigenerstatter, ein Vermieter, schildert in dieser Anlage folgende Geschichte: Er habe Herrn S. eine Wohnung vermietet. Herr S. habe über ein Jahr die Miete gezahlt. Dann habe er plötzlich nicht mehr gezahlt. Er, der Vermieter, habe eine Räumungs- und Zahlungsklage gewonnen. Vor der Zwangsräumung sei Herr S. ausgezogen.

Worin die Anwälte des Vermieters einen Eingehungsbetrug erkennen, ist nicht nachvollziehbar. Sie selbst tragen ja noch nicht einmal Indizien dafür vor, dass Herr S. schon bei Abschluss des Mietvertrags auch nur geahnt hätte, dass er nach ungefähr einem Jahr nicht mehr zahlen kann.

Aber ein Ermittlungsverfahren eröffnen, Anhörungsbögen verschicken – das geht heute ja fast automatisch. Würde ich nicht davon leben, könnte ich mich über so unnötige Ermittlungsverfahren ein wenig aufregen.

Was ist eine geringe Menge?

Was ist eine geringe Menge? Der Deutsche Hanfverband hat eine übersichtliche Tabelle veröffentlicht. Gleichzeitig wird erläutert, wie unterschiedlich einzelne Bundesländer die Bestrafung von Betäubungsmittelkonsumenten handhaben.

Ergänzend dazu möchte ich davor warnen, sich darauf zu verlassen, dass der Besitz geringer Mengen Marihuana oder Haschisch straflos bleibt. Trotz der Vorgaben entscheiden viele Staatsanwälte und Richter individuell, ohne sich groß an den festgelegten Werten zu stören. Ausreißer in beide Richtungen sind keineswegs ungewöhnlich.

Quelle des Links

Was ist Was

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist

a) für den Fall, dass der Beschwerdewert von 200,00 € überschritten wird, die sofortige Beschwerde,

b) andernfalls, die befristete Erinnerung

zulässig.

Die Rechtsbehelfe müssen binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung bei Gericht eingegangen sein und können auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden.

Man sollte immer ergänzend schreiben, dass man „das zulässige Rechtsmittel“ einlegt. Dann kann man es sich sparen, über Unterschiede zwischen sofortiger Beschwerde und befristeter Erinnerung zu grübeln.