Der ehemalige Direktor der Justizvollzugsanstalt Siegburg, unter dessen Leitung ein grausamer Mord unter Häftlingen geschehen konnte, verlässt zum Ende des Jahres die nordrhein-westfälische Justiz mit einem goldenen Handschlag. Der 58-Jährige Beamte geht sieben Jahre vor seiner regulären Pensionierung in den einstweiligen Ruhestand, bekommt noch drei Monate lang sein volles Gehalt von rund 5400 Euro und anschließend davon 71,75 Prozent – also 3874,50 Euro aus der Landeskasse überwiesen.
Das alles ist nicht normal, aber rechtens. Gut eine Woche nach dem Mord an einem Siegburger Häftling durch Zellengenossen war der Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) vor knapp einem Jahr „mit sofortiger Wirkung“ von Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) abgelöst worden. Was in der Öffentlichkeit wie eine Strafversetzung aussah, entpuppt sich heute als Glücksfall für den Leitenden Regierungsdirektor.
Er wurde seinerzeit dem Landesjustizvollzugsamt in Wuppertal zugeordnet, das aber am Jahresende aufgelöst wird. Fast zeitgleich wurde das Gesetz zum Personaleinsatzmanagement verabschiedet: Mit diesem Instrument will die CDU/FDP-Landesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode 10.000 kw-Vermerke („künftig wegfallenden Stelle“) beschleunigt „abbauen“ und personelle Auswirkungen der Verwaltungsstrukturreform begleiten.
Damit sitzt der ehemalige Gefängnischef haushaltsrechtlich auf einer solchen „kw“-Stelle. Er nutzte diese Chance, sein Antrag wurde bewilligt. Ein ähnliches Schicksal ist acht Beamten aus dem höheren und gehobenen Dienst beschieden. Der Rest der insgesamt 80 Bediensteten geht zurück in den Strafvollzug, soll ihn „verstärken“.
Das Landesjustizvollzugsamt war 2002 aus den Ämtern Rheinland (Köln) und Westfalen-Lippe (Hamm) gebildet worden. Zum Bezirk gehören bislang noch 37 Justizvollzugsanstalten, 11 angeschlossene Zweiganstalten und 22 weitere Außenstellen sowie das Justizvollzugskrankenhaus in Fröndenberg und die Justizvollzugsschule in Wuppertal. Im Januar 2006 entschied das Justizministerium die Auflösung: „Diese Entscheidung ist ein Meilenstein der Verwaltungsstrukturreform.“, sagte Ministerin Roswitha Müller-Piepenkötter.
Durch den Verzicht auf die Mittelbehörde werden die Justizvollzugsanstalten künftig unmittelbar dem Ministerium unterstellt. Das historische Gebäude aus dem Jahre 1902 im Wuppertaler Stadtteil Barmen soll demnächst vom Wissenschaftsministerium für eine Musikhochschule genutzt werden. Mit noch einem Quentchen Glück mehr könnte auch der künftige Pensionär dort wieder einziehen. Der promovierte Jurist hat nämlich noch die Möglichkeit, sich als Rechtsanwalt niederzulassen. (pbd)